Mit einem großen Aufgebot ging die Polizei gegen Autoknacker vor, die sich auf Einbrüche in Handwerkerfahrzeuge spezialisiert haben.
Strategische FahndungHandwerk begrüßt Polizei-Einsatz gegen Werkzeug-Diebe in Rhein-Erft

Die Polizei kontrollierte mit einem Großaufgebot im gesamten Rhein-Erft-Kreis Autos und Lieferwagen. Die sogenannte strategische Fahndung ist eine Reaktion auf die starke Zunahme von Einbrüchen in Handwerkerfahrzeuge.
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Die Kelle leuchtet rot auf, der Polizist winkt einen schwarzen Kastenwagen von der Straße. Die drei jungen Männer im Fahrzeug staunen nicht schlecht, als sie auf den ihnen zugewiesenen Parkplatz in Hürth-Fischenich abbiegen: Hier erwarten sie mehr als ein Dutzend Polizisten, die Autos und Lieferwagen kontrollieren.
Die Polizei hat in der Nacht auf Freitag, 23. Mai, im gesamten Kreis mit großem personellen Aufgebot nach Autoknackern gesucht, die sich auf Einbrüche in Handwerkerfahrzeuge spezialisiert haben. Die Zahl dieser Taten hatte in den vergangenen Monaten massiv zugenommen: Im ersten Quartal verzeichnete die Polizei im Rhein-Erft-Kreis rund 200 Diebstähle aus Transportern, bis Mitte Mai kamen rund 150 Taten hinzu. Bei einem Drittel der gemeldeten Taten ist es bei Versuchen geblieben.
Rhein-Erft-Kreis: Erstmals nutzt die Polizei die „strategische Fahndung“
Zum ersten Mal setzt die Polizei dabei nun auf das Mittel der sogenannten strategischen Fahndung, die ihnen laut Polizeigesetz mehr Befugnisse zugesteht, etwa: Polizisten dürfen ohne besonderen Anlass Fahrzeuge kontrollieren und sich auch den Kofferraum oder das Handschuhfach öffnen lassen. Allerdings ist das nur in einem begrenzten Zeitraum von einem Monat möglich.
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„Wir nutzen die strategische Fahndung, um diesem negativen Trend und den damit verbundenen hohen wirtschaftlichen Folgen für die Betroffenen entgegenzuwirken“, sagt der Abteilungsleiter Polizei im Rhein-Erft-Kreis, Hermann-Josef Benzenberg. Genehmigt wurde die strategische Fahndung von Landrat Frank Rock. „Es ist gut, dass die Polizei aktiv wird, präventiv arbeitet und nicht abwartet“, sagt der 54-Jährige.

Die Polizei kontrollierte auch Kofferräume und Handschuhfächer.
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Die Täter gehen nach einem strengen Schema vor und sind trotzdem kaum zu fassen. Sie begehen ihre Taten fast immer in der Dunkelheit, und sie nehmen sich immer Fahrzeuge von Handwerkern vor. Die Aussicht auf fette Beute in Form von teuren Werkzeugen und Geräten ist verlockend. In der Nacht brechen sie die Kastenwagen auf, die in der Regel von den Handwerkern für die Heimfahrt genutzt wurden, und verschwinden nach wenigen Minuten.
Was es aber für die Polizei so schwer macht, ihnen auf die Spur zu kommen: Die Fahrzeugknacker schlagen heute hier und morgen dort zu, je nachdem, wo sie gerade ein Handwerkerfahrzeug finden. So gab es in Kerpen in diesem Jahr über 70 Delikte und in Hürth und Bergheim jeweils über 50. Die geringste Anzahl gab es in Brühl mit unter zehn Fällen.
Und: Die Täter hinterlassen fast nie brauchbare Spuren, mit deren Hilfe man ihnen auf die Schliche kommen könnte. Wie will man bei einer Vielzahl von Fingerabdrücken auf und in einem Fahrzeug herausfinden, welcher von einem Autoknacker stammt? Und selbst wenn man das könnte, ein hieb- und stichfester Beweis ist ein Fingerabdruck noch lange nicht.

Ein aufgebrochenes Handwerkerfahrzeug eines Kerpener Unternehmens. Die Täter nutzen zahlreiche Methoden, um an ihr Ziel zu kommen.
Copyright: Margret Klose
Bereits seit Anfang Mai läuft die strategische Fahndung, immer in den Nachtstunden und nach Polizeiangaben mit großem personellen Einsatz. Auch bei der nächtlichen Kontrollaktion in der Nacht zu Freitag war das Aufgebot groß: Unterstützung erhielt die Polizei im Kreis von Kräften aus Köln, Düren, Aachen, Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis. In Hürth und Kerpen gab es jeweils zwei feste Kontrollstellen, zudem eine in Bergheim und eine weitere an der Raststätte an der Autobahn 4. Auch mobil waren Polizisten im Kreis unterwegs, sowohl uniformiert als auch in Zivil.
Ende des Monats endet die strategische Fahndung. In der kommenden Woche will die Polizei für den ganzen Zeitraum Bilanz ziehen und gegebenenfalls eine Verlängerung der Fahndung beantragen. Wirkung gezeigt hätten die Maßnahmen bereits, sagt Polizeichef Benzenberg. „Die Täter nehmen uns wahr, die Zahl der Aufbrüche ist seit Anfang Mai signifikant zurückgegangen.“ Die Hinweise auf überregional tätige Banden würden sich verdichten.

Die Polizei kontrollierte mit einem Großaufgebot im gesamten Rhein-Erft-Kreis Autos und Lieferwagen.
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Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln, Dr. Erik Werdel, begrüßt die Schwerpunkt-Kontrollen der Polizei: „Für viele Betriebe in unserem Kammerbezirk stellen diese Einbrüche seit Jahren eine erhebliche Belastung dar. Die Täter verursachen teils massive Schäden an den Fahrzeugen und entwenden hochwertige Spezialwerkzeuge – die Grundlage der täglichen Arbeit unserer Handwerkerinnen und Handwerker.“
Die Kammer habe laut Werdel gemeinsam mit der Polizei Informationsveranstaltungen durchgeführt und Präventionsempfehlungen für die Handwerksbetriebe erarbeitet. Doch so wichtig Aufklärung und Prävention sei – es brauche auch konsequente Ermittlungen und sichtbare Präsenz der Polizei, um diesen Delikten wirksam zu begegnen. Die Polizei sende ein starkes Signal an die Täter – „und gibt unseren Betrieben das Gefühl, mit diesem Problem nicht allein gelassen zu werden“.
Wir gewinnen Wissen über die Täter und ihre Vorgehensweise
Der hochrangige Polizist Benzenberg rechnet damit, dass die Polizei die Täter durch das Zeigen von Präsenz vorerst lediglich aus dem Kreis verdrängen wird. Aber die Aktion sei dennoch sehr sinnvoll. „Wir gewinnen Wissen über die Täter und ihre Vorgehensweise“, sagt Benzenberg. Das könne in Zusammenarbeit mit anderen Polizeibehörden eingesetzt werden, um diese Form der Kriminalität gezielt zu bekämpfen.
Handwerkern rät die Polizei, keine Gegenstände in ihren Fahrzeugen liegenzulassen. „Fahrzeuge sind keine Tresore“, sagt Daniel Meys, Leiter der Kriminalinspektion 2. Die Täter würden abwägen, ob sich ein Aufbruch lohnt und sich daher vorher ein Bild von der zu erwartenden Beute machen.

Polizisten nehmen einen Lieferwagen in Augenschein.
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„Wir sind froh über die Aktion und sehr dankbar“, sagt Peter Ropertz, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Rhein-Erft. Die Zahl der Aufbrüche habe seit 2023 stark zugenommen und beschäftige die Unternehmen sehr. „Es ist ja nicht nur der finanzielle Schaden durch das Werkzeug, das weg ist“, sagt Ropertz. „Der Mitarbeiter ist erst einmal nicht einsetzbar, weil er das Werkzeug nicht mehr hat, und gegebenenfalls ist auch das Fahrzeug vorerst nicht mehr nutzbar.“
Den „großen Fang“ habe man in der Nacht zwar nicht gemacht, sagte ein Polizeisprecher am Freitagmorgen, „aber wir hatten jede Menge Beifang, sodass wir auf jeden Fall viel für die Sicherheit getan haben“. So sei ein Fahrraddieb auf frischer Tat ertappt, ein „jugendlicher Abgänger“ gefunden und ein Haftbefehl vollstreckt worden. Die Insassen eines Autos hätten zwar versucht, sich der Kontrolle zu entziehen, seien aber alle gefasst worden. „Hier steht der Verdacht im Raum, dass der Fahrer Betäubungsmittel konsumiert hat.“
Die drei Männer im Lieferwagen konnten ihren Weg zwar fortsetzen, die Polizisten fertigten jedoch einen „Beobachtungsfeststellungsbericht“, da die Gruppe in ihrem ansonsten leeren Lieferwagen lediglich ein Beil, einen Hammer und ein Messer transportierten und laut Polizei „keine plausible Erklärung“ für ihre spätabendliche Fahrt liefern konnten. Von diesen Berichten seien etliche gefertigt worden und würden nun ausgewertet.