Düsseldorf – In Nordrhein-Westfalen sind nach bisherigem Stand zwei Menschen durch den Orkan „Zeynep” ums Leben gekommen. Im Kreis Steinfurt bei Altenberge stürzte auf der Bundesstraße 54 ein Baum auf ein Auto, der 56 Jahre alte Fahrer starb. In Hopsten ebenfalls im Kreis Steinfurt kam ein 17 Jahre alter Autofahrer von der Fahrbahn ab, möglicherweise weil er einem Ast auswich. Dadurch kam sein 17 Jahre alter Beifahrer ums Leben.
Eine weitere Person wurde lebensbedrohlich verletzt, fünf weitere erlitten schwere Verletzungen, wie Innenminister Herbert Reul (CDU) am Samstag mitteilte. Das Unwetter führte demnach zu knapp 300 Verkehrsunfällen. Die Feuerwehr rückte bis Samstagmittag zu über 12 000 Einsätzen aus. „Ich bin mit meinen Gedanken bei den Angehörigen der Unglücksopfer und wünsche ihnen viel Kraft”, sagte Reul.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) dankte den Einsatzkräften. „Nordrhein-Westfalen wurde in der letzten Nacht und in den frühen Morgenstunden zum zweiten Mal in dieser Woche von einem Sturm kräftig durchgeschüttelt”, sagte der Regierungschef am Samstag bei einer Parteiveranstaltung der NRW-CDU in Essen. Es habe Schäden gegeben und mindestens einen Toten. „Ich danke den Einsatzkräften, die bei Wind und Wetter rausgehen, wenn niemand mehr raus will, die kommen, wenn wir Hilfe brauchen”, unterstrich Wüst.
Mehrere Autobahnabschnitte mussten wegen des Sturms vorübergehend gesperrt werden. Der Bahnverkehr fiel weitgehend aus und kam am Samstag nur schleppend wieder in Gang. Es gebe „weiterhin massive Beeinträchtigungen”, sagte ein Bahnsprecher in Berlin. Fernverkehrszüge könnten in weiten Teilen von NRW noch nicht fahren. Eine Bahnsprecherin in Düsseldorf sagte, auch im Regionalverkehr komme es nach wie vor zu größeren Einschränkungen, aber im Laufe des Tages hätten viele Linien ihren Betrieb wieder aufnehmen können. In Wuppertal konnte die Schwebebahn am Samstag infolge eines Sturmschadens zunächst nicht fahren. Es seien offenbar technische Komponenten im Sturm beschädigt worden, teilten die Stadtwerke mit. Am Nachmittag wurden die Probleme behoben.
In Brilon im Sauerland prallte am Freitagabend während des Sturms ein Wagen gegen einen Baum. Dabei wurde der Fahrer in seinem Fahrzeug eingeschlossen. Der 26-Jährige aus Bad Wünnenberg wurde von der Feuerwehr mit hydraulischem Rettungsgerät aus seinem Fahrzeug befreit und schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht, wie die Feuerwehr mitteilte. Der Sturm beschädigte auch das historische Rathaus in Brilon: Durch die starken Windböen wurde eine Kupferabdeckung an den barocken Giebeln abgerissen.
Im Lichtenauer Stadtteil Kleinenberg im Kreis Paderborn musste ein mit sieben Insassen besetzter Kleinbus am Freitagabend anhalten, als ihm auf einer gesperrten Strecke ein querliegender Baum den Weg versperrte. Als die Insassen aussteigen wollten, krachte ein Baum auf den Bus und begrub ihn unter sich, wie die Polizei mitteilte. Feuerwehrleute mussten die Eingeklemmten, von denen zwei leicht verletzt waren, aus dem Kleinbus bergen. „Das Fahrzeug wurde bis auf Höhe der Türgriffe plattgedrückt”, so die Polizei.
Im Kreis Borken waren allein rund 1000 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Technischem Hilfswerk im Einsatz. Neben entwurzelten Bäumen mussten sich die Helfer auch um Gebäudedächer kümmern, die vom Sturm weggerissen wurden. Die Rheinbrücke Emmerich, die die Bundesstraße 220 über den Rhein führt, musste gesperrt werden. Grund waren umgestürzte Gerüstteile, die in die Fahrbahn ragten.
In Essen wurde am Freitagabend ein Mann von einem herabstürzenden Dachziegel am Kopf getroffen und schwer verletzt. Nach der Versorgung durch einen Notarzt sei der Patient in eine Klinik gebracht werden, sagte ein Feuerwehrsprecher am Samstag. Insgesamt kam es demnach im Stadtgebiet von Essen zu etwa 200 sturmbedingten Einsätzen. Im Stadtteil Altendorf stürzte ein Baum auf ein Mehrfamilienhaus, verletzt wurde niemand. Die Mieter mussten das Gebäude nicht verlassen. In Altenessen löste sich eine größere Zeltplane und begrub einige abgestellte Fahrzeuge.
In Dortmund wurde ein Café-Gast durch einen umstürzenden Baum leicht verletzt. Von einem Kirchturm stürzte ein großes Kreuz auf ein Auto. Verletzt wurde niemand. In der Landeshauptstadt Düsseldorf verzeichnete die Leitstelle der Feuerwehr bis Samstagmorgen 320 wetterbedingte Einsätze.
In Grevenbroich wurde ein Bauzaun vom Sturm umgeweht, während Passanten daran vorbei liefen. Sie blieben unverletzt, wie die Feuerwehr berichtete. Von einem Einkaufszentrum in der Innenstadt wurden Fassadenteile aus der Verankerung gerissen. Der Bereich wurde gesichert. Dächer wurden abgedeckt, Dachziegel auf die Straße geweht. In Minden stürzte am Freitagabend ein Baum auf eine Straße. Zwei Autos konnten nicht mehr rechtzeitig bremsen und prallten dagegen. Ein 52 Jahre alter Fahrer wurde leicht verletzt.
In Bedburg-Hau im Kreis Kleve wurde das Flachdach eines Mehrfamilienhauses abgerissen. Dachteile beschädigten vor dem Haus geparkte Fahrzeuge. An einer Lagerhalle riss der Sturm Teile der Dachkonstruktion mit einer Photovoltaikanlage weg.
Auch am frühen Morgen kam es noch zu Notsituationen. In Mettmann stürzte ein 20 Meter hoher Baum auf ein Auto. Die vier Insassen konnten den im Frontbereich zerstörten Wagen glücklicherweise unverletzt verlassen.
Eine Wetterberuhigung steht erst einmal nicht an. „Bereits ab Sonntag nimmt die Sturmserie mit Annäherung des nächsten Sturmtiefs "Antonia" wieder deutlich an Fahrt auf”, sagte eine Sprecherin der Wettervorhersagezentrale des Deutschen Wetterdienstes. Auch der Montag bleibe noch stürmisch.
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