Fortuna-Investor Michael W. Schwetje beim Spiel gegen Wehen Wiesbaden
Copyright: Eduard Bopp
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Köln – Das desaströse 0:7 des SC Fortuna Köln am Samstag gegen den SV Wehen Wiesbaden könnte womöglich noch weitreichendere Konsequenzen als den katastrophalen Einstand des neuen Trainers Tomasz Kaczmarek haben. Fortunas Investor und Geschäftsführer Michael W. Schwetje, der von einigen Fans im Bereich Stehplatz Mitte beleidigt und mit „Schwetje raus“-Rufen bedacht wurde, droht als Konsequenz mit seinem Rückzug. In einem auf der Homepage des Drittligisten veröffentlichten Offenen Brief erklärte Schwetje: „Wenn es mir keinen Spaß mehr macht, zu einem Heimspiel der Fortuna zu gehen und ich Angst haben muss, dass meine Familie dabei unglücklich wird, dann ist es Zeit, über Konsequenzen nachzudenken.“
Schwetje war vor Spielbeginn, in Anwesenheit seiner Frau und seinen beiden Kindern, während eines Interviews von einigen Fortuna-Ultras beschimpft und mit Gegenständen beworfen worden. Anschließend gab es auf Plakaten und mit Gesängen die schärfste Kritik an Schwetje seit Beginn seiner Fortuna-Unterstützung 2008. In seinem Statement spricht der Geschäftsführer von „zwei Fangruppierungen (Fortuna Eagles und SC Mülltonn, d. Red.) mit maximal 50 Personen“, die das, wofür er zehn Jahre gekämpft habe, „einfach so zerstört“ hätten.
„Kritische Fans unerwünscht“ steht auf dem Plakat vor dem Bereich Stehplatz Mitte.
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Bei Themen wie Eintrittspreisen oder Stadionverboten gab es seit jeher große Differenzen zwischen Schwetje und den organisierten Fans. Das Fass zum Überlaufen brachte nun wohl einerseits die Verpflichtung des ehemaligen Viktoria-Trainers Kaczmarek als Nachfolger des beliebten Uwe Koschinat, und andererseits umstrittene Hausverbote gegen zwei Fortuna-Fans, die beim Spiel gegen Cottbus (3:1) ein unangemeldetes Plakat angebracht hatten. Auf dem Banner war, mit Bezug auf den Braunkohleabbau im Hambacher Forst und die Cottbuser Probleme mit Fans der rechten Szene, zu lesen: „Gib brauner Energie keine Chance! Im Hambi, in Cottbus, überall!“ Laut Fortuna suggerierte „Sprache und Symbolik“ des Plakats eine Gleichsetzung von Nazis und RWE-Mitarbeitern. Den Vorwurf, man habe durch die Strafe das Recht auf freie Meinungsäußerung beschnitten, wies der Klub zurück: „Die Hausordnung verbietet politische Statements auf den Rängen. Zudem war das Plakat nicht angemeldet.“
Nach den Beleidigungen sieht Schwetje nun keine Basis mehr für eine „vernünftige Gesprächsatmosphäre“ mit den beiden Fangruppierungen. „Es tut mir leid für alle, denen Fortuna am Herzen liegt, aber der Tag hat viel größere Narben hinterlassen als dies eine einzelne Niederlage jemals könnte“, schrieb Schwetje, der seit 2013 auch Geschäftsführer ist.
Der Offene Brief ist wohl noch kein Abschied, aber auch mehr als nur ein Warnschuss. Schon seit 2008 pumpt Schwetje Geld aus seinem Privatvermögen in den Klub und ermöglichte so die Rückkehr in den Profifußball. Der Internetunternehmer hat sich allerdings stets als Investor und nie als Mäzen gesehen – hofft also auf Erträge mit der Fortuna. Bislang gelang es aber nicht, eine Saison ohne Defizit abzuschließen. Und obwohl Schwetjes Zuschüsse in den letzten Jahren Stück für Stück niedriger ausfielen, wäre der Klub in der Dritten Liga ohne sie kaum überlebensfähig.