Pinkbus musste seine Fahrzeuge nach einem Markenstreit mit der Telekom komplett umgestalten – das ist die neue Farbgebung.
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Christian Höber ist Gründer und Geschäftsführer des Kölner Fernbusreisen-Anbieters Pinkbus. Im Interview spricht er über das besondere Konzept des Unternehmens und dessen Bedeutung für die Konkurrenz mit Flixbus, über den schwierigen Weg zu einer Haltestelle in Köln und den komplizierten Markenstreit mit der Deutschen Telekom.
Herr Höber, war das Überleben von Pinkbus während des Stillstands in der Corona-Krise in Gefahr?
Christian Höber: Wir können froh sein, dass wir in Deutschland ansässig sind. Dank der Überbrückungshilfen war das Überleben zu keiner Zeit gefährdet. Wir haben uns große Sorgen gemacht, wurden aber gut über Wasser gehalten.
Wir haben Überbrückungsgelder aus den Hilfsprogrammen bekommen, und alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren zu 90 Prozent in Kurzarbeit. Leider ist die Reisebusbranche auch gegenüber anderen vernachlässigt worden. 2020 haben die Unternehmen noch Ausgleichszahlungen für den kapitalintensiven Fuhrpark erhalten, 2021 sind diese weggefallen und wurden nur teilweise über die Hilfen aufgefangen. Viele Busbetriebe, die für uns fahren, die unsere Partner und unser Rückgrat sind, haben stark gelitten.
Sie haben zwischendurch den Busbetrieb wieder aufgenommen, dann wieder gestoppt, jetzt sind Sie nach neun Monaten Stillstand wieder auf der Straße. Wie war diese Zeit für Sie?
Unglaublich nervenzehrend. Nach dem ersten Lockdown haben wir Ende Juli 2020 den ersten Restart wagt. Als sich die nächste Welle angedeutet hat, haben wir den Betrieb Anfang Oktober schon wieder eingestellt. Das ging an die Nerven. Wir haben auch lange hin und her überlegt, ob wir unser Konzept ändern müssen, aber wir sind unserer Linie treu geblieben, die sich vor Corona bewährt hatte.
Pinkbus wurde 2019 in Köln gegründet.
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Wie unterscheidet sich Ihr Konzept von denen anderer Anbieter von Fernbusreisen?
Auf unseren Fahrten gibt es keine Zwischenstopps. Viele, die Busreisen ausprobiert haben, sagen, es dauert ihnen zu lange, wenn auf dem Weg immer wieder in kleineren Städten gehalten wird. Wir sagen, das geht auch schneller. Also bieten wir Expressfahrten von A nach B an, ohne Zwischenhalte. Dadurch sind wir deutlich schneller als die Buskonkurrenz und nur einen kleinen Tick langsamer als die Deutsche Bahn.
Auf welche Zielgruppe haben Sie es mit Ihrem Angebot abgesehen?
Wir versuchen, die Leute von der Bahn in den Bus zu holen. Wer kurzfristig reisen möchte und zwei bis drei Tage vor der Reise bucht, zahlt von Berlin nach München mit dem Zug ab 60 bis über 100 Euro. Mit dem Fernbus sind es 19 Euro.
Ohne Zwischenhalte dürfte die Auslastung Ihrer Busse geringer sein als etwa bei der Konkurrenz von Flixbus oder Blablacar.
Ich sehe das anders. Von Berlin nach München halten deren Busse in Nürnberg, Bayreuth und anderen Städten. Da sind viele Kunden im Bus, die für vier Euro nur eine Teilstrecke gebucht haben. Das sind dann Sitzplätze, die sie nicht mehr für die lange Strecke für 20 Euro verkaufen können. Das ist eine Glaubensfrage, und wir glauben, dass wir den Bus mit Direktfahrten schneller machen können und gleichzeitig mehr aus den Fahrten rausholen.
Aktuell bekommt jeder Fahrgast als Hygienemaßnahme kostenlos einen freien Nebenplatz. Decken diese Fahrten überhaupt Ihre Kosten?
Nein, und wir werden auch nur zum Restart einen kostenlosen Nebenplatz anbieten. Wir schauen uns die Lage an, und wenn sich die Impfquote und Infektionszahlen positiv entwickeln, müssen wir darüber nachdenken, den Nebenplatz wieder rauszunehmen oder zumindest eine kleine Summe dafür zu nehmen.
Wie hoch sind die Verluste pro Fahrt?
Dazu möchte ich mich nicht äußern.
Zum Neustart kosten die Tickets auf der einzigen Strecke Hamburg-Berlin aktuell nur 3,99 Euro. Wie teuer werden Fahrausweise sein, wenn die Kampagne abgeschlossen ist?
Es gibt keinen Fixpreis. Für Frühbucher – und das heißt bei uns in der Regel eine Woche vor Abfahrt – wird es auch weiter Fahrkarten für 3,99 Euro geben. Die teuersten Tickets kosten aber auch nicht mehr als 17,99 Euro.
Wann nehmen Sie weitere Städte wieder ins Programm auf?
Wir bauen das Streckennetz langsam wieder auf und schauen, wie das Konzept Fernbus nach der Pandemie jetzt angenommen wird. Wenn es gut auf der einen Strecke läuft, erhöhen wir die Zahl der Verbindungen.
Welche Städte fahren Sie dann an?
Berlin, München, Düsseldorf und Frankfurt sind eingeplant, aber auch eine Verbindung aus dem Ruhrgebiet nach Amsterdam steht im Raum. Mit der Stadt Köln sind wir im Gespräch über eine Innenstadtanbindung. Bis jetzt dürfen Fernbusse nur am Flughafen halten. Das ist seit der Gründung für uns ein Endlosthema, das auch nach Jahren nicht gelöst ist. Wir hätten sogar einen Platz in Deutz an der Gerresheimer Straße, ein frei bebaubares Grundstück, das dem Land gehört. Da würden wir in einem Pilotprojekt gerne testen, wie die Haltestelle angenommen wird. Bei positiven Erfahrungen würden wir dort gerne auch einen Mobility Hub entwickeln mit einer ganzheitlichen Lösung für Fernbusse, Ladestationen für E-Autos und Parkplätzen für Fahrräder und E-Scooter.
Wie weit sind die Gespräche mit der Stadt?
Wir waren vor Corona dazu in Kontakt mit Oberbürgermeisterin Henriette Reker und erfahren gute Hilfe von der Köln-Business Wirtschaftsförderung, die alle Hebel in Bewegung setzt. Aber in manchen öffentlichen Behörden stockt es eben doch ein bisschen.
Die pinken Busse von Pinkbus mussten nach einem Markenstreit mit der Deutschen Telekom umfoliert, der Firmenauftritt neugestaltet werden. Warum?
Schon Ende 2019 hat die Telekom uns mit einer langen Liste an Sachen kontaktiert, die wir aus ihrer Sicht nicht machen dürfen, wozu unser pinkes Logo und die pinken Busse gehörten, die angeblich zu nah am Magenta der Telekom sein sollen.
Wir haben versucht uns mit der Tatsache zu wehren, dass wir in einer anderen Branche unterwegs sind, ein anderes Pink gewählt haben und keine Verwechslungsgefahr besteht. Die Telekom ist aber hart geblieben und hat eine einstweilige Verfügung erwirkt. Wir sollten kurzfristig unsere kompletten Busse umfolieren, dabei hatten wir gerade erst eine sechsstellige Summe in die Marke investiert.
Worauf haben Sie sich dann geeinigt?
Wir hätten uns vor Gericht wehren können, hätten dann aber wohl ein halbes Jahr neutral rumfahren müssen. Für ein junges Unternehmen, das Aufmerksamkeit braucht, wäre das der Genickbruch gewesen. Also haben wir uns mit der Telekom irgendwann geeinigt: auf einen Farbverlauf von Lila nach Pink und – wegen unseres Corona-Stillstands – auf eine Übergangsphase bis Ende September 2020. Das hat uns für den Restart Luft gelassen.
Sind Sie zufrieden mit den neuen Farben?
Der neue Auftritt hat uns viele schlaflose Nächte gefordert, aber jetzt gefällt er uns besser als vorher.