Krefeld – Noch ist die Deutsche Bahn ein gutes Stück von ihrem Ziel entfernt, bis 2040 klimaneutral zu werden. Nur 62 Prozent des Streckennetzes sind elektrifiziert, bis 2030 will man wenigstens 75 Prozent erreichen. Deshalb sind im Regionalverkehr und Rangierbetrieb sind immer noch 3000 Dieselfahrzeuge im Einsatz.
Kein Wunder also, dass am Donnerstag im Siemens-Bahnwerk in Krefeld-Uerdingen das Spitzenpersonal der Bahn und des Bundesverkehrsministeriums zugegen ist, als der Prototyp eines neuen Wasserstoffzugs unter Einsatz von künstlichem Nebel, sphärischen Klängen und viel Applaus aus der Halle rollt. Ob der Zug mit der Bezeichnung Mireo Plus H tatsächlich zum Klima-Champion taugt, wird er im Alltag aber erst noch beweisen müssen.
Tempo 160, Reichweite 800 Kilometer
Michael Peter, Vorstand von Siemens Mobility, ist davon vollkommen überzeugt. Siemens und die Bahn haben nicht den Mireo gemeinsam entwickelt, sondern ein Gesamtsystem, das alle weitere Element umfasst, um Wasserstoff tatsächlich zu einer alltagstauglichen und konkurrenzfähigen Antriebstechnologie gemacht.
Dazu gehören ein von der Bahn entwickeltes Betankungssystem in einem Container, das den Mireo genauso schnell mit Wasserstoff versorgt wie es beim Diesel üblich ist. Ein Tankvorgang dauert 15 Minuten, der Zug hat eine Reichweite von 800 Kilometern, kann mit Tempo 160 im Bahnverkehr problemlos mitschwimmen.
Der grüne Wasserstoff wird von der Energietochter der DB durch Elektrolyse direkt aus der Oberleitung erzeugt. „Jeder Zug kann über die Lebensdauer von 30 Jahren bis 45.000 Tonnen CO₂ gegenüber entsprechenden Autofahrten einsparen“, sagt Peter. Allein wegen seiner Reichweite ist der Wasserstoffzug den batteriebetriebenen Triebwagen deutlich überlegen. Die müssen spätestens nach 150 Kilometern wieder aufgeladen werden und können deshalb nur auf kürzeren Strecken eingesetzt werden.
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Bei Siemens Mobility hofft man mit dem Mireo H natürlich auf gute Geschäfte in ganz Europa, wo immer noch 15.000 Dieselloks und Triebwagen unterwegs sind, doch bis sich grüner Wasserstoff als Antriebsenergie durchsetzt, könnte es noch etwas dauern.
Grüner Wasserstoff ist noch zu teuer
„Durch die weltpolitische Lage wird grüner Wasserstoff noch teurer werden“, fürchtet Daniela Gerd tom Markotten, Bahn-Vorständin für Digitalisierung und Technik. „Deshalb müssen wir für die Schiene ähnliche politische Rahmenbedingungen wie bei der Straße schaffen.“In den nächsten Monaten wird der Wasserstoffzug auf der Teststrecke in Wildenrath fit für den Probebetrieb mit Fahrgästen gemacht.
Der wird mit jeweils einem Exemplar in Baden-Württemberg und Bayern ab 2023 stattfinden. Die bei neuen Fahrzeugen üblichen Kinderkrankheiten wie klemmende Türen sind beim Mireo eher nicht zu erwarten, weil sie bereits in der herkömmlichen Elektroversion bei der DB im Einsatz sind.
Das Bundesverkehrsministerium schätzt den Bedarf von Zügen mit alternativen Antrieben auf 1700 bis 2500 bis zum Jahr 2038. Ein Großteil davon dürfte aus Krefeld kommen.