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DokumentationAnzeige gegen Kölner Kardinal Woelki bei Papst Leo XIV.

4 min
18.05.2025, Vatikan, Vatikanstadt: Der neue Papst Leo XIV. bei seiner Amtseinführung auf dem Petersplatz. Der US-Amerikaner Robert Francis Prevost ist der erste Pontifex aus den Vereinigten Staaten.

Papst Leo XIV. bei seiner Amtseinführung am 18. Mai auf dem Petersplatz in Rom

Ein offizielles kirchliches Gremium, der Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz, erhebt schwere Vorwürfe gegen den Kölner Kardinal Rainer Woelki. Wir dokumentieren die am 18. Juli erstattete Anzeige des Beirats bei Papst Leo XIV.

Heiliger Vater,

als Beirat der Betroffenen sexualisierter Gewalt, der von der Deutschen Bischofskonferenz eingerichtet wurde, wenden wir uns heute mit einem dringenden Anliegen an Sie.

Der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, steht wegen seines Umgangs mit der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in seinem Bistum seit langem in der Kritik. Dies hat zu großen Verwerfungen innerhalb des Erzbistums, aber auch weit darüber hinaus geführt. Ihr Vorgänger, Papst Franziskus, hat deshalb bereits 2021 die Visitatoren Kardinal Anders Arborelius und Bischof Hans van den Hende nach Köln entsandt, um die Situation zu prüfen.

Alles zum Thema Rainer Maria Woelki

Nach Strafanzeigen gegen Kardinal Woelki wegen des Verdachts auf falsche eidesstattliche Versicherungen in mehreren Fällen hat die Staatsanwaltschaft Köln 2022 und 2023 ein formelles Ermittlungsverfahren eingeleitet. Es kam zu einer Hausdurchsuchung sowohl in den Dienst- als auch in den Privaträumen des Kardinals. Zwar wurden die Ermittlungen am 6.5.2025 eingestellt. Zur Vermeidung einer Anklage wurde dem Kardinal aber die Zahlung einer Geldsumme von 26.000 Euro auferlegt.

„Objektiv unwahre“ Angaben unter Eid

Die Staatsanwaltschaft stellte als juristisch gesichert fest, dass Kardinal Woelki an Eides statt sowie unter Eid mit der religiösen Eidesformel („So wahr mir Gott helfe“) „objektiv unwahre“ Angaben zu seinem Umgang mit mutmaßlichen bzw. erwiesenen Fällen von sexuellem Missbrauch gemacht hat.

Die Staatsanwaltschaft kam zu dem Ergebnis, dass Kardinal Woelki „ihm obliegende Sorgfaltspflichten pflichtwidrig verletzt“ habe, weil er vor Gericht aufs „Geratewohl (sic!)“ ausgesagt habe.

Die Behauptung des Kardinals, ein persönliches Schreiben an den früheren Präfekten des Glaubenskongregation, Kardinal Luis Ladaria, zu einem Missbrauchsfall im Erzbistum unterschrieben, aber nicht gelesen zu haben, hält die Staatsanwaltschaft für widerlegt und spricht von einer Schutzbehauptung. Damit ist zudem erwiesen, dass der Kardinal auch gegenüber seinen leitenden Mitarbeitern, den Stadt- und Kreisdechanten im Erzbistum, die Unwahrheit gesagt hat.

Bestürzende Reaktion des Kardinals

Umso mehr bestürzt uns die Reaktion des Kardinals. Am 6.5.2025 ließ er verlautbaren, dass er nie die Unwahrheit gesagt habe. Die Staatsanwaltschaft hat ihm umgehend scharf widersprochen und nach Rücksprache mit dem zuständigen Gericht öffentlich festgestellt, dass Kardinal Woelki im Fall eines gerichtlichen Verfahrens sehr wahrscheinlich verurteilt worden wäre. Das im Widerspruch zur staatlichen Rechtsordnung stehende Verhalten des Kölner Kardinals ist aufgrund dessen auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen worden.

Für uns als Betroffene sexualisierter Gewalt ist das Verhalten des Kardinals nicht nur unerklärlich. Sein offensichtlicher Mangel an Einsicht in eigenes Fehlverhalten und schwere Versäumnisse ist auch schmerzhaft und retraumatisierend. Wir haben inzwischen jegliches Vertrauen verloren, dass unter Kardinal Woelkis Leitung Missbrauchstaten ohne Rücksicht auf die Täter aufgeklärt werden. Aufarbeitung im Erzbistum Köln scheint vor allem dem Selbstschutz des Kardinals zu dienen.

Hinzu kommen weitere schwere Vorwürfe, die dringend einer objektiven Überprüfung bedürfen und, sollten sie sich als wahr erweisen, dringend abgestellt werden müssen. Dazu gehört unter anderem ein nachlässiger Umgang mit Akten über mutmaßliche bzw. erwiesene Missbrauchsfälle sowie die Täuschung von Missbrauchsbetroffenen über die vorgeschriebenen bzw. möglichen Wege bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und beim Verfahren zur Anerkennung des ihnen widerfahrenen Leids.

Verletzung der Amtspflichten nach kanonischem Recht

Die von der Staatsanwaltschaft festgestellten Pflichtverletzungen stellen auch nach kanonischem Recht eine Verletzung seiner Amtspflichten im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch dar (vgl. Apostolisches Schreiben „Come una madre amorevole“, Art. 1 § 3; Apostolisches Schreiben „Vos estis lux mundi“, Art. 1 § 1 b). Insofern sich dies vor den Augen der Öffentlichkeit ereignet hat, ist zudem schweres Ärgernis entstanden (vgl. can. 1399 CIC).

Als Betroffenenbeirat der Deutschen Bischofskonferenz erstatten wir daher in aller Form Anzeige gegen Rainer Maria Kardinal Woelki und bitten um die Einleitung einer kirchenrechtlichen Voruntersuchung auf Grundlage der genannten Bestimmungen.

Wie oben angeführt, wurde durch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nachgewiesen, dass der Kölner Erzbischof in unverantwortlicher und zugleich rechtswidriger Weise seinen Amtspflichten nicht nachgekommen ist. Das betrifft unter anderem seinen Umgang mit Anzeigen möglicher Sexualstraftaten durch Kleriker, die Meldung von Tätern an deren Wohnortdiözese sowie die ohne Ansehen der Person durchzuführenden Untersuchungen zur Aufarbeitung von Missbrauchstaten.

Die einschlägigen Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft können wir jederzeit zur Verfügung stellen. Sie sind auf dem Weg der Amtshilfe gewiss auch für den Apostolischen Nuntius in Berlin, Erzbischof Nikola Eterovic, verfügbar.

Für Ihr Wirken in der Nachfolge des heiligen Petrus wünschen wir Ihnen alles Gute und erbitten Gottes Segen, unter den auch wir uns stellen.