AnatomieMindestens drei namenlose Leichen

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Studenten bei der Arbeit an den Leichen in einem Präparierkurs am Anatomischen Institut der Universität.(Bild: Grönert)

Studenten bei der Arbeit an den Leichen in einem Präparierkurs am Anatomischen Institut der Universität.(Bild: Grönert)

KÖLN – Bericht vom 16.2.2012

Von „komplett zusammengebrochener Buchführung“ ist die Rede, von „Bestattungsrückstaus“ und dem „unsachgemäßen Umgang mit Körperspenden“. Die Medizinische Fakultät hat am Donnerstag Stellung zu den Zuständen im Anatomischen Institut genommen. Etwa 100 Tote – also mehr als zunächst angenommen – wurden nach einem Amtswechsel im Keller des Instituts entdeckt, die eigentlich schon lange bestattet sein sollten. Einige Körperteile sollen verschimmelt gewesen sein, weil die Raumtemperatur nicht optimal gewesen ist.

„Die meisten Leichen wurden inzwischen ordnungsgemäß bestattet“, sagt Professor Thomas Krieg, Dekan der Medizinischen Fakultät. 27 sollen innerhalb der kommenden zehn Tage beigesetzt werden. Allerdings gebe es drei Tote, deren Identitäten bisher nicht festgestellt werden konnten. Es fehlen Papiere mit den Namen der Leichen, beispielsweise amtsärztliche Zeugnisse. „Diese Diskrepanz zwischen Papieren und Leichen gibt es seit etwa zwei Jahren“, sagt Pressesprecher Patrick Honecker.

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Auch bei vielen der anderen Leichen stimmten die Nummern an den Särgen offenbar nicht mit den Registrierungsnummern überein, mit denen die Toten gekennzeichnet werden. „Im Wesentlichen ist es Papierarbeit“, sagt Professor Markus Rothschild, Leiter der Rechtsmedizin, der bei der Aufklärung hilft. Sollten allerdings die fehlenden Schriftstücke nicht auftauchen, müssen laut Rothschild forensische Untersuchungen eingeleitet werden, um herauszufinden, wer die Spender waren. Da die drei anonymen Toten bereits präpariert wurden, kann noch nicht einmal mehr ohne Weiteres festgestellt werden, welches Geschlecht sie haben.

Ein Student, der anonym bleiben möchte, berichtet, dass der sogenannte Präp-Kurs im Dezember 2011 zwei Wochen lang ohne Angabe von Gründen ausgefallen sei. „Uns wurde nicht gesagt, worum es geht“, sagt er. Nach den Weihnachtsferien habe überraschend Professor Wolfram Friedrich Neiss die Kursleitung übernommen. „Angeblich wurde der Präparationssaal von der Stadt geschlossen.“ Der neue Leiter habe auch neue Hygienevorschriften eingeführt.

„Der Kurs wurde unterbrochen, nachdem die Zustände ans Licht gekommen sind“, erklärt Honecker. Nun müsse man schauen, wie das alles passieren konnte. „Es ist noch zu früh zu sagen, ob wir disziplinarrechtliche Schritte einleiten werden.“ Professor Krieg ergänzt: „Wir nehmen uns dieser Sache hundertprozentig an und werden alles tun, um einen würdevollen Umgang mit den Toten zu garantieren.“ Die Kölner Universität lege großen Wert darauf, pietätvoll mit den Körperspendern umzugehen. „Sie sind für unsere Forschung unerlässlich.“

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