125 Jahre Hilfe am HauptbahnhofHenriette Reker empfängt Mitarbeiterinnen der Bahnhofsmission

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Vier Frauen hinter einem Tisch, eine davon ist Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Auf dem Tisch liegt das Gästebuch der Stadt Köln.

Empfang der Bahnhofsmission V. l.: Andrea Redding, Ursula Lennartz, Ann Christin Frauenkron und Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Seit 125 Jahren hilft die Bahnhofsmission Menschen auf Reisen. Der Fokus veränderte sich dabei immer mit den politischen Umständen in Köln. 

Als Ende des 19. Jahrhunderts Mädchen und junge Frauen vom Land nach Köln kamen in der Hoffnung, Arbeit in einer Fabrik oder als Dienstmädchen zu finden, lauerten am Hauptbahnhof unseriöse Vermittler. Sie versprachen ihnen Unterstützung, doch nicht selten führte es zu Ausbeutung und Prostitution. Um die oft mittel- und orientierungslosen Ankömmlinge zu schützen, schlossen sich 1898 gutsituierte Frauen zum „Katholischen Mädchenschutzverein“, dem Vorläufer von „In Via Köln“, zusammen.

Die Leiterin der Kölner Bahnhofsmission trug sich ins Gästebuch der Stadt ein

Er bot den jungen Frauen Unterkunft in Schwesternhäusern sowie Unterstützung bei der Arbeitssuche und Ausbildung. Anfangs hatten die wohltätigen Damen noch kein Büro, später nutzen sie einen kleinen Raum neben den Wartesälen der 1. und 2. Klasse. Parallel waren weitere Hilfsinitiativen am Bahnhof aktiv; aus einer von ihnen entstand 1899 die Kölner Bahnhofsmission. Anlässlich von deren 125-jährigem Jubiläum gab Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Donnerstag einen Empfang im Rathaus.

Ann Christin Frauenkron, Leiterin der Bahnhofmission, und ihre Stellvertreterin Ursula Lennartz trugen sich ins Gästebuch der Stadt ein, ebenso Andrea Redding, Vorstandssprecherin von „In Via Köln“. Dieser Caritas-Fachverband und die Diakonie Köln und Region sind die Träger des Hilfsangebots am Hauptbahnhof. Reker zollte Anerkennung und Respekt für die Arbeit, die die Stadt mit der Finanzierung einer Stelle unterstützt.

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Die Nationalsozialisten verboten 1939 die Hilfsorganisation

1894 wurde in Berlin die erste evangelische Bahnhofsmission gegründet, 1897 in München die erste katholisch-evangelische Einrichtung dieser Art. Zahlreiche weitere Städte folgten. Seit 1910 die „Interkonfessionelle Kommission für Bahnhofsmission“ aus der Taufe gehoben wurde, wirken katholische und evangelische Träger deutschlandweit vor Ort zusammen.

Im Ersten Weltkrieg war ein Schwerpunkt, Männer zu betreuen, die zur Aushebung von Schützengräben an die Front mussten, sowie Frauen, die als Munitionsarbeiterinnen in andere Städte verpflichtet wurden. Später stellten die Bahnhofmissionen Schlafplätze zur Verfügung und kümmerten sich unter anderem verstärkt um Arbeitslose. Die Nationalsozialisten schränkten die Tätigkeit der Hilfsorganisationen stark ein, bis sie sie 1939 verboten.

In den 60er Jahren wurden die Bahnhofsmissionen zu Anlaufstellen für Gastarbeiter

Nach dem Krieg wurden die Bahnhofsmissionen schnell neu organisiert. In der DDR mussten sie 1956 wegen angeblicher Spionagetätigkeiten schließen. In den 60er Jahren wurden die Einrichtungen zu ersten Anlaufstellen für Gastarbeiter und ihre nachziehenden Familien, in den 80er Jahren für Spätaussiedler, Asylsuchende und, nach der Öffnung der Mauer, für Ostdeutsche.

2012 wurden nach langer Sanierung und Renovierung die neu gestalteten Räume der Kölner Bahnhofsmission am Bahnsteig 1 eröffnet. Das Team setzt sich aus fünf Hauptamtlichen, rund 70 Ehrenamtlichen und drei Honorarkräften zusammen, ferner aus Mitarbeitenden im Freiwilligen Sozialen Jahr oder Bundesfreiwilligendienst und Praktikanten. Die Helfer und Helferinnen unterstützen Tag für Tag von 8 bis 18 Uhr Menschen mit Behinderung und Senioren beim Ein-, Aus- und Umsteigen, kümmern sich um allein reisende Kinder, um suchtkranke und wohnungslose Menschen.

Köln: Bahnhofsmission hilft Geflüchteten bei der Weiterreise

Ihnen allen bieten sie je nach Bedarf einen Platz zum Ausruhen, ein offenes Ohr, eine Erstberatung – oder sie vermitteln sie an andere Stellen im Hilfesystem. Ausgehend von konkreten Beispielen machte Frauenkron deutlich, dass die Bahnhofmission sehr vielen Geflüchteten bei der Weiterreise hilft und es zum anderen zunehmend mit psychisch belasteten Menschen zu tun hat, die kaum noch zugänglich seien.

Im vorigen Jahr hätten die Kontakte zu Leuten mit „psychischen Auffälligkeiten“ etwa die Hälfte der insgesamt über 33.000 Kontakte ausgemacht. Drei „Säulen“ stützten die Arbeit: die ehrenamtlich engagierten Kräfte, die beiden Träger und die Stadt. Dies gewährleiste, dass das Angebot in Köln erhalten bleiben könne.

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