AnbieterwechselRhein-Energie liefert Stadt Köln keinen Strom mehr

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Energieversorger für Köln und die Region: Die Zentrale der Rhein-Energie am Parkgürtel in Neuehrenfeld

Köln – Die Stadt Köln wird den Strom für ihre eigenen Gebäude ab dem 1. Januar vom Hamburger Anbieter Lichtblick beziehen. Das Unternehmen Rhein-Energie, das zu 80 Prozent der Stadt gehört und die Verwaltungsgebäude noch bis zum 31. Dezember mit Strom versorgt, ist dem Konkurrenten aus Norddeutschland bei einer europaweiten Ausschreibung unterlegen. Das geht aus der Antwort der Stadt auf eine Anfrage der FDP-Ratsfraktion im Finanzausschuss hervor. Lichtblick hatte demnach für alle vier zu vergebenden Lose das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Die Stadt war daher gesetzlich dazu verpflichtet, dem Unternehmen den Zuschlag zu erteilen. Weitere Bewerber gab es nicht.

Das Ergebnis der Ausschreibung hat zur Folge, dass die eigene Stadttochter nicht zum Zuge gekommen ist. Lichtblick versorgt die Stadt zwar bereits seit fünf Jahren mit Strom, hatte aber bei der Ausschreibung 2015 lediglich den Zuschlag für eines von insgesamt fünf Losen erhalten. Die übrigen vier gingen an die Rhein-Energie, die seitdem pro Jahr 110 Millionen Kilowattstunden lieferte, während die Stadt von Lichtblick bislang nur 1,5 Millionen Kilowattstunden erhielt.

Vertrag über 124 Millionen Kilowattstunden

Der neue Vertrag umfasst jährliche Stromlieferungen im Umfang von 124 Millionen Kilowattstunden für 2840 städtische Gebäude – also unter anderem für die Rathäuser, Ämter, Museen, Schulen und Kindertagesstätten. Der erhöhte Strombedarf geht nach Angaben der Stadt auf „den forcierten Schulausbau sowie die wachsende, technische Ausstattung der Objekte mit Mensen, Mittagsversorgung, EDV-Ausstattung und raumlufttechnische Anlagen zurück.

Alles zum Thema Bernd Petelkau

Der FDP-Ratspolitiker Ulrich Breite kritisiert den Vorgang scharf. Es lasse sich zwar nichts daran ändern, wenn ein Unternehmen ein anderes bei einem Vergabeverfahren unterbiete. Die Rhein-Energie habe im vorliegenden Fall allerdings grundsätzlich schlechtere Chancen gehabt. Breite führt das im Vergleich zu der Offerte von Lichtblick schlechtere Angebot der Rhein-Energie darauf zurück, dass der angebotene Strom zu 100 Prozent Ökostrom aus erneuerbaren Energiequellen sein musste. Der Stadtrat hatte das aufgrund des ausgerufenen Klimanotstandes so festgelegt. Die Rhein-Energie habe daher nicht den Strom aus dem eigenen Gas- und Dampfturbinenkraftwerk Niehl 3 einbringen können, argumentiert Breite.

Die Rhein-Energie hatte 2016 in das neue Kraftwerk 350 Millionen Euro investiert. Es handelte sich damals um eines der effizientesten und flexibelsten Heizkraftwerke weltweit. Die Energiewende müsse von solchen modernen Kraftwerken flankiert werden, die aus fossilen Energieträgern Strom erzeugen und so die Versorgungssicherheit gewährleisten, teilte die Rhein-Energie 2016 anlässlich der Eröffnung von Niehl 3 mit. „Wir brauchen die Klimawende, müssen dabei aber nicht nur auf Ökostrom setzen“, sagt FDP-Politiker Breite.

FDP-Politiker kritisiert Vorgang scharf

Da die Rhein-Energie über den Stadtwerke-Konzern einen Teil seiner Gewinne an die Stadtkasse abführt, befürchtet Breite außerdem, dass ohne den Anteil aus dem Stromliefervertrag mit der Stadt weniger Geld als bislang zurückfließen wird. „Wir schädigen uns damit selber, das ist doch peinlich“, sagt er. Die Rhein-Energie werbe dafür, die Stromlieferung für andere Kommunen übernehmen zu wollen und erhalte nicht einmal den Zuschlag für den eigenen Unternehmenssitz Köln. „Die lachen doch jetzt über uns“, so Breite.

Ähnlich sieht das SPD-Fraktionschef Christian Joisten. „Der Vorgang macht mich fassungslos. Wo gibt es das denn, dass der eigene städtische Energieversorger die städtischen Gebäude nicht mit Energie versorgt“, sagt er und fordert Aufklärung, wie es dazu kommen konnte.

CDU-Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau, der auch Aufsichtsratschef der Rhein-Energie ist, stuft den Vorgang deutlich zurückhaltender ein. „Das ist ärgerlich, aber nicht dramatisch“, sagt er. Es handele sich um eine reine Preisentscheidung. Die Rhein-Energie habe den Auftrag nur knapp verloren. „Die Stadt muss prüfen, ob das EU-Recht es zulässt, bei der nächsten Ausschreibung eine regionale Verankerung für den produzierten Ökostrom einzubauen“, so Petelkau.

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Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer verteidigt die Entscheidung des Stadtrats, 100 Prozent Ökostrom zu bestellen. „Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Klimaziele ist die Beschaffung von 100 Prozent Ökostrom konsequent“, sagt er. Der Preis alleine dürfe nicht das ausschlaggebende Argument sein, wenn es darum gehe, die Pariser Klimaziele zu erreichen.

„Am Ende ist es eine Frage des Marktes und des Wettbewerbs – wenn andere Anbieter auch nur geringfügig billiger sind als die Rhein-Energie, so bleibt der Stadt bei einer solchen öffentlichen Ausschreibung keine Alternative“, sagt Rhein-Energie-Sprecher Christoph Preuß. Insofern respektiere das Unternehmen die Entscheidung der Stadt, die sich aufgrund des Ausschreibungsergebnisses für einen anderen Anbieter entscheiden musste. Der Vorgang zeige, dass Markt und Wettbewerb im Energiemarkt funktionieren würden. Der Anteil des städtischen Auftrags hätte rund ein Prozent des Gesamtstromabsatzes der Rhein-Energie ausgemacht. „Natürlich bedauern wir es sehr, dass wir nicht den Zuschlag erhalten haben. Bei der nächsten Ausschreibung sind wir wieder dabei“, so Preuß.

Bis dahin wird es allerdings noch einige Zeit vergehen. Der Vertrag mit dem Stromanbieter Lichtblick – Teil des niederländischen Versorgers Eneco, der wiederum zum japanischen Großkonzern Mitsubishi gehört – läuft zunächst bis zum 31. Dezember 2023. Danach verlängert er sich zweimal um jeweils ein weiteres Jahr, falls weder die Stadt noch Lichtblick vorher kündigen.

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