3000 Quadratmeter großKurator will Teppich für den Roncalliplatz in Köln weben

Lesezeit 4 Minuten
Von Plattformen auf dem Dach des RGM (rot markiert) sollen die Besucher auf das zerstörte Köln blicken.

Von Plattformen auf dem Dach des RGM (rot markiert) sollen die Besucher auf das zerstörte Köln blicken.

Köln – Köln, das ist für Helmut Bien die Stadt der Wandlung schlechthin. Die Stadt, die 1945 zu 90 Prozent in Trümmern lag. Die sich nach 262 Luftangriffen mit innerer Kraft wieder aufrappelte. „Für mich ist das die DNA von Köln: Hoffnungsvoll und mit der Gabe, sich im Provisorium zu arrangieren. Eine Stadt, die ihre Wandlung zelebriert und zugleich ewige Baustelle bleibt.“

Dieses Selbstverständnis will der Kurator der erfolgreichen Dom-Installationen „Dona nobis pacem“ 2018 und der großen Licht-Installation auf der Domplatte Silvester 2016 mit einem nächsten spektakulären Großprojekt sinnlich erfahrbar machen.

Kurator Helmut Bien

Kurator Helmut Bien

Unter dem Titel „Memory Cologne“ plant er eine Fotoinstallation: In Gestalt eines 3000 Quadratmeter großen Gedenkteppichs soll das Motiv der apokalyptischen Trümmerwüste Platz füllend auf dem Roncalliplatz ausgebreitet werden. Wer dann auf der Fläche flaniert, für den entsteht der Eindruck eines wüsten Stadtraums.

Alles zum Thema Henriette Reker

„Es soll ein echter gewebter wetterbeständiger Teppich werden, der mit dem Bildmotiv bedruckt wird und den die Besucher begehen können.“ Der Clou ist allerdings, dass die Besucher auf Abstand gehen sollen – indem sie quasi den „Stadtbalkon“ erklimmen.

Aussichtsplattform auf dem Dach des RGM

Nach den Plänen des Kurators sollen sie vom Flachdach des Römisch-Germanischen Museums aus quasi aus der Vogelperspektive das zerstörte Köln erfassen. Und das symbolträchtig auf dem Platz, der sich selbst der Kriegszerstörung und dem Wiederaufbau verdankt.

Ein Bild der totalen Zerstörung. Zur Beseitigung der Trümmermassen wurden Schienen verlegt. Das Foto von Hermann Claasen soll auf dem Dachbalkon zu sehen sein.

Ein Bild der totalen Zerstörung. Zur Beseitigung der Trümmermassen wurden Schienen verlegt. Das Foto von Hermann Claasen soll auf dem Dachbalkon zu sehen sein.

Parallel dazu soll auf dem Flachdach, das durch Geländer abgesichert und über eine von außen an das Gebäude angedockte mobile Außentreppe erklommen werden soll, ein Parcours durch das Köln der Stunde Null gebaut werden.

Projekt soll 2020 realisiert werden

Der Plan ist, dass die Besucher auf dem neuen „Stadtbalkon“ eine Fotoausstellung zur Ruinen- und Trümmerfotografie von Hermann Claasen entlangflanieren können, die alles dokumentiert: Verzweiflung genauso wie Zuversicht und den Überlebenswillen, inmitten der Trümmer ein neues Leben zu beginnen. Vorbild für die Dachkonstruktion ist die Stadt Linz, die bei ihrem Höhenrausch-Projekt Dächer verschiedener Gebäude für kulturelle Zwecke nutzte.

Als Zeitpunkt hat er Mai 2020 anvisiert, wenn sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 75. Mal jährt. Aber Kurator Bien denkt auch über „Memory Cologne“ hinaus. Die Sanierung des Römisch-Germanischen Museums, des Dom-Hotels und des Domforums sind ja erst der Anfang. Sie werden fließend übergehen in die Gestaltung der Historischen Mitte mit dem neuen Stadtmuseum. Denn das in der Nachkriegszeit eilig aufgebaute neue Köln ist in die Jahre gekommen.

Genehmigung steht noch aus

Das Areal um den Dom wird über viele Jahre zum Sanierungsfall, zur Großbaustelle. „Das wird lang, das wird teuer, das wird dreckig. Da ist es ungemein wichtig, die Kölner mit ins Boot zu holen. Sie zu Augenzeugen zu machen, die sich mit dieser Wandlung identifizieren“, konstatiert Bien.

Ihm schwebt vor, den „Stadtbalkon“ auf dem Museums weiter als Aussichtsplattform zu nutzen, um die Menschen – ähnlich wie seinerzeit in Berlin in der Baustellenbox am Potsdamer Platz – an Wandlung und Baugeschehen teilhaben zu lassen. Gleichzeitig könne man auf dem Dach wechselnde Ausstellungen zu den Bauprojekten präsentieren, um die Bürger zu informieren.

Das könnte Sie auch interessieren:

Noch hat Bien allerdings nicht die Genehmigung der Stadt für „Memory Cologne“, derzeit werden intensive Gespräche geführt. Beim Kostenrahmen geht er von 500 000 Euro aus und hat bereits viele prominente Unterstützer gewonnen. Ich bin zuversichtlich, einen großen Teil der Kosten mit Sponsoren abdecken zu können.“ Aber für ihn ist klar: „Ich brauche einen Auftrag der Stadt. Sie soll Veranstalter sein.“

Bei der Stadt sieht man Biens Pläne grundsätzlich positiv. Oberbürgermeisterin Henriette Reker erklärte, sie sei sehr daran interessiert, die Baustellensituation durch ein künstlerisches Projekt aufzulockern. Der Roncalliplatz sei die zentrale Visitenkarte der Stadt. „Daher sollte alles dafür getan werden, die Attraktivität der Platzes während der Bauphase zu erhöhen.“ Knackpunkt ist nach Einschätzung der Stadt das Dach des Römisch-Germanischen Museums.

Bezüglich der Statik gebe es Bedenken. Derzeit prüfe das Baudezernat intensiv die technische Realisierbarkeit. Bien ist allerdings zuversichtlich, dass Köln hier von den statischen Lösungen der Stadt Linz profitieren könne. „Man muss dieses Projekt einfach wollen. Dann findet sich eine Lösung“, meint er.

KStA abonnieren