Köln früher und heuteEs gab eine Zeit vor der Zoobrücke

Lesezeit 4 Minuten
Historisches Archiv der Stadt Köln, Bestand 1466, Inge von der Ropp. (2)

Die erste Kölner Rheinseilbahn im Jahr 1957, bevor sie wegen des Baus der Zoobrücke abgebaut wurde

  • In unserer PLUS-Serie „Köln früher und heute” zeigen wir jede Woche einen Ort in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
  • In dieser Folge geht es um die Zoobrücke, die in den 60er Jahren erbaut wurde und heute von 130.000 Fahrzeugen am Tag genutzt wird.
  • Mit einem Trick soll der damalige Stadtdirektor den Bau der neuen Verbindung über den Rhein erst ermöglicht haben.

Köln – Am 1. September 1963 stiegen noch einmal rund 14000 Fahrgäste in die Gondeln, dann war Schluss. Die Kölner Rheinseilbahn musste größtenteils abgebaut werden, denn sie stand einem Bauwerk im Weg, das die Stadt noch autogerechter machen sollte als ohnehin schon.

Ob die beliebten Kleinkabinen, seit 1957 zwischen Zoo und Deutzer Rheinpark unterwegs, überhaupt noch einmal den Rhein überqueren würden, stand in den Sternen.

Das Fragezeichen setzte die geplante Zoobrücke. Der Verkehr in den 1950er und 1960er Jahren war gewaltig gewachsen. Die 1959 fertiggestellte Severinsbrücke, Kölns erster vollständiger Brückenneubau nach dem Zweiten Weltkrieg, sollte die im Krieg zerstörten und danach nicht wiederaufgebauten Fahrbahnen der Hohenzollernbrücke ersetzen.

Alles zum Thema Zoobrücke

Das könnte Sie auch interessieren:

„Das reichte aber nicht“, sagt Sonja Rode, ab dem 1. November neue Leiterin des Amts für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau: „Man hatte zusätzlichen Bedarf gesehen.“

Den sollte ein Brückenzug decken, der die Innere Kanalstraße mit den Autobahnen 3 und 4 im Rechtsrheinischen verband. Am 18. Februar 1960, wenige Monate nach der Vollendung der Severinsbrücke, gab der Rat in nicht-öffentlicher Sitzung grünes Licht.

Schlanke Brücke ohne Pylone

Nach mündlicher Überlieferung ließ Oberbaudirektor Karl Schüßler am Tag der Ratssitzung eine der städtischen Brücken „wegen Wartungsarbeiten“ sperren, um mit dem Verkehrschaos der Politik die Notwendigkeit der Millionen-Investition vor Augen zu führen. Mit Erfolg, wie die Geschichte zeigt. Die Zoobrücke, die ihren Namen erst 1963 bekam, konnte geplant werden.

Den Gestaltungswettbewerb gewann Architekt Gerd Lohmer, dessen Konzept eine asymmetrische Balkenbrücke vorsah, deren Kraftzentrum über dem rechtsrheinisch gestellten Strompfeiler lag. „Man wollte eine ganz schlanke, unauffällige Brücke haben“, sagt Sonja Rode – ohne Pylone wie etwa bei der Mülheimer Brücke.

Statt obenliegendem Tragwerk sollten Hohlkästen unterhalb der Fahrbahn für Stabilität sorgen. Die Reduzierung auf nur einen Strompfeiler sei auf Vorgaben der Schifffahrt zurückzuführen, so Rode – wegen der besonderen Strömungsverhältnisse wurde bei der Zoobrücke eine Mittelöffnung von 260 Metern vorgesehen.

Hinsichtlich der Farbgebung prallten unterschiedliche Vorstellungen aufeinander. Architekt Lohmer hätte das Bauwerk gern blau streichen lassen – in Kontrast zu den grünen Rheinufern. Der Brückenbauausschuss entschied sich nach mehreren Sitzungen und nur mit knapper Mehrheit für das typische Kölner Brückengrün.

111 Millionen D-Mark Kosten

Am 21. Mai 1962 beschloss der Rat den Bau der Zoobrücke sowie seine rechtsrheinische Fortsetzung in Richtung A3 über die angrenzenden Straßen und das Werksgelände von Klöckner-Humboldt-Deutz. Es sollte die am weitesten gespannte Kastenträgerbrücke der Welt mit nur einem Hauptlager werden. Gesamtlänge des Brückenzugs: 2624 Meter. Breite: 33 Meter. Kosten insgesamt: 111 Millionen D-Mark.

Was kaum noch jemand weiß: Die Zoobrücke sollte Teil eines übergeordneten Verkehrsprojekts werden, das nie vollendet wurde. Die „Stadtautobahn“, so die Planer im Nachkriegsköln, sollte die Kölner Innenstadt mit der Autobahn 1 im linksrheinischen Norden, der A3 und A4 im Rechtsrheinischen und der A4 im Süden verknüpfen. Dafür sollte durch den Inneren Grüngürtel eine Autobahn mit jeweils zwei Spuren gebaut werden.

Die Innere Kanalstraße wäre stattdessen abgewertet beziehungsweise entfernt worden. Doch daraus wurde nichts – wegen anhaltender Proteste wurde der Plan in den 1970er Jahren zu den Akten gelegt.

„Da beginnt zum ersten Mal Widerstand gegen die zunehmende Verschlingung von Land und Grünflächen“, sagt der ehemalige Stadtkonservator Ulrich Krings. Geblieben von dem irrwitzigen Projekt Stadtautobahn sind nur Randstücke: die A57 und die Zoobrücke mit ihrer Verlängerung zum Autobahnkreuz Köln-Ost.

130.000 Fahrzeuge pro Tag

Seit 1966 rollt der Verkehr dreispurig in beide Richtungen über den Rhein. Die Weiterführung der Zoobrücke an das Autobahnkreuz Köln-Ost folgte in den 1970er Jahren. Die Verkehrslast ist inzwischen auf mittlerweile fast 130.000 Fahrzeuge pro Tag angestiegen. „Das ist unser am stärksten belastetes Bauwerk“, sagt Sonja Rode.

Die Folge: Nach der Mülheimer Brücke und der Severinsbrücke muss auch die Zoobrücke umfassend saniert werden. Die Stadt peilt dafür die Jahre zwischen 2028 und 2032 an: Der Spannstahl in den Rampen leidet unter Materialversprödung, was zusätzliche Verstärkungsmaßnahmen erfordert.

Nach dem Baubeginn für Kölns zweite neue Rheinbrücke nach dem Krieg wurde darüber diskutiert, ob die Seilbahn überhaupt wieder fahren sollte. Bedenken, die Gondeln würden die Autofahrer ablenken, sprachen dagegen, die große Beliebtheit der Seilbahn dafür. 1964 beschloss der Rat den Wiederaufbau mit geänderter und verlängerter Trassenführung. Am 22. August 1966 kreuzten die Gondeln erstmals die neue Zoobrücke. Ein Ereignis, das mit einem Feuerwerk gefeiert wurde.

KStA abonnieren