Köln vor HerausforderungZahl der Corona-Patienten in Kliniken hat sich vervierfacht

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Ein an Corona infizierter Patient wird behandelt. Symbolfoto: dpa

  • Noch ist die Lage in Kölns Krankenhäusern gut beherrschbar. Aber die Dynamik ist massiv.
  • Die Zahl der Intensivbetten soll in Köln bei Bedarf um 50 Prozent erhöht werden.
  • Mediziner sind besorgt, weil immer mehr Kölner Patienten mit onkologischen Erkrankungen wegen Corona zu spät in stationäre Behandlung gehen.

Köln – Die Kölner Krankenhäuser melden einen stetigen Anstieg der Corona-Patienten. „Es gibt ganz klar eine deutliche Zunahme von Covid-19-Patienten auf den Normalstationen und ebenso den Intensivstationen“, konstatiert der Klinische Direktor der Kliniken der Stadt Köln, Professor Horst Kierdorf. Die Sprecherin der vier Kölner Krankenhäuser der Stiftung der Cellitinnen, Susanne Bieber, spricht von einer „sehr dynamischen Situation“. Aus der Uniklinik wurde „Besorgnis“ geäußert.

Noch ist die Lage in den Häusern gut zu bewältigen: Aktuell werden 126 Patienten mit Covid-19-Infektion stationär behandelt – 30 von ihnen auf einer Intensivstation. Doch die Anspannung wächst. Denn: Während die absoluten Zahlen noch überschaubar sind, ist die Dynamik bereits jetzt besorgniserregend. Innerhalb von nur gut einem Monat hat sich in Köln die Zahl der stationären Patienten vervierfacht von knapp über 30 auf 126. Das entspricht schon jetzt annähernd der Zahl auf dem Höhepunkt der Pandemie im April. Zum Vergleich: Im Juni waren es zeitweise in ganz Köln nur noch acht Patienten, die stationär versorgt wurden. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) berichtet deutschlandweit von einer Verdopplung der Neuaufnahme infizierter Patienten im Vergleich zur Vorwoche.

Kölner Uniklinik kann Kapazitäten hochfahren

Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat angesichts dieser sich zuspitzenden Lage kurzfristig eine Videokonferenz mit den Geschäftsführern und Direktoren der Kölner Kliniken und Krankenhäuser einberufen. Ziel sei es, sich so abzustimmen, dass auch bei steigenden Zahlen die Versorgung der Kölner gesichert ist. Reker wollte wissen, wie die Kliniken und Krankenhäuser vor Ort die aktuelle Lage einschätzen und wie sie sich auf die kommenden Wochen vorbereiten.

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Die übereinstimmende Antwort: Noch ist die Lage gut im Griff. Durch die im Frühjahr etablierten Abläufe, ausreichend Schutzausrüstung und deutlich mehr Wissen über die Erkrankung und deren Behandlung sehen sich die Kölner Kliniken gut aufgestellt. „Wir beobachten die Situation sehr genau und können die Kapazitäten flexibel wie im Frühjahr um rund 20 Intensivbetten ausbauen“, so Kierdorf. Das gilt auch für die Häuser der Cellitinnen, das Marien-Hospital, das Vinzenz-Hospital, das Franziskus- und das Heilig-Geist-Krankenhaus. Die Uniklinik kann ihre Kapazitäten nach Angaben von Sprecher Christoph Wanko aufgrund vorliegender Notfallkonzepte kurzfristig um mehr als 50 Prozent erhöhen.

Aber anders als während der so genannten ersten Welle steht den Häusern ein schwieriger Balanceakt bevor: Im Frühjahr war die Regelversorgung durch das Land NRW und den Bund beschränkt worden. Das ist derzeit nicht der Fall. Die Krankenhäuser arbeiten im Vollbetrieb. Das heißt, es wird versucht, die steigende Zahl an Corona-Patienten mit der weiterlaufenden Behandlung aller Patienten mit anderen Erkrankungen zu vereinbaren. Alle notwendigen Operationen oder onkologischen Behandlungen wie Chemotherapien sollen durchgeführt werden, obwohl parallel die medizinische Betreuung der Covid-Patienten erhebliche Ressourcen braucht und auch die Zimmer nicht mehrfach belegt werden können. Noch geht das.

„Wir versuchen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen normalen Versorgungskapazitäten und Kapazitäten für die Behandlung von Covid-19-Erkrankten zu finden“, sagt Uniklinik-Sprecher Wanko. Gerade planbare Eingriffe seien sehr genau zu steuern, betont Bieber. Klinikdirektor Kierdorf ist im Gegenteil besorgt, weil „Nicht-Covid-Patienten etwa mit onkologischen Erkrankungen zunehmend zu spät in die Behandlung kommen“. Obwohl derzeit dafür ausreichend Kapazitäten in den Krankenhäusern bereit stehen. Noch. Denn: Wenn der Anstieg der Infektionen nicht gebremst werde, „wird die Regelversorgung sicherlich wieder eingeschränkt“, ist sich Kierdorf sicher.

Fehlendes Pflegepersonal könnte in Köln zum Problem werden

Der neuralgische Punkt ist weniger die Aufstockung der Intensivbetten als vielmehr das fehlende Pflegepersonal – vor allem auf den Intensivstationen. „Natürlich sind heute nicht mehr Ärzte und Pfleger da als zu Ostern. Das ist die Wahrheit. Aber woher soll ich sie nehmen?“, sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann dem WDR. „Es fehlen Pflegekräfte in den Intensivstationen in jedem Krankenhaus in Deutschland, dies ist ein Fakt“, bestätigt Klinikdirektor Kierdorf.

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Trotzdem sehen sich die Kölner Häuser in diesem Punkt besser aufgestellt als noch im März: Seit dem Frühjahr seien viele Pflegekräfte zusätzlich geschult worden für den Einsatz auf Intensivstationen im Umgang mit Covid-19-Patienten, um mehr Flexibilität zu haben, erläutert Susanne Bieber. Die Kölner Kliniken konnten ihre Ausbildungskapazitäten deutlich ausbauen und konnten noch im Sommer 32 Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger direkt nach der Ausbildung übernehmen – ein Viertel davon im Intensivbereich. In der Uniklinik liegt die durchschnittliche Abdeckung mit Pflegepersonal nach eigenen Angaben bei 80 Prozent. Auf Stationen, auf denen Corona-Patienten versorgt werden, liege sie bei 95 Prozent. Bereits zu Beginn der Pandemie seien Mitarbeiter aus dem Operationsdienst, der Anästhesie sowie ehemalige Mitarbeiter der Intensivpflege speziell für diese Aufgabe geschult.

Bereits jetzt sind die Besuchsmöglichkeiten in den Kölner Krankenhäusern aufgrund der sich zuspitzenden Pandemie-Lage deutlich eingeschränkt. In den meisten Häusern dürfen Patienten lediglich eine Stunde am Tag Besuch von einer Person empfangen. In einigen Krankenhäusern ist es nur eine halbe Stunde. Die meisten würden die Schutz-Regelungen akzeptieren. Es gebe aber immer wieder Besucher, die laut werden oder die Einschränkung nicht hinnehmen wollen und so dem Pflegepersonal die Arbeit erschweren, hat Bieber beobachtet. „Vielleicht sollten sich alle jetzt noch mal daran erinnern, wie sie im Frühjahr für die Pflegekräfte geklatscht haben.“ 

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