Kampf gegen „Reklame-Brummer“Wie Kölns Oberstadtdirektor die Flieger vom Himmel holte

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Karikatur im „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 12. Februar 1960: Max Adenauer (Bild links) und sein Kampf gegen „Reklame-Brummer“

Karikatur im „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 12. Februar 1960: Max Adenauer (Bild links) und sein Kampf gegen „Reklame-Brummer“

Köln – Der Blick in den grauen Winter-Himmel scheint Oberstadtdirektor Dr. Max Adenauer aufs Gemüt zu schlagen: Ein rühriger Aussteller der Möbelmesse hat am 11. Februar 1960 ein Sportflugzeug gechartert. Dieser „Reklame-Brummer“, wie ihn manche zu der Zeit nennen, schleppt unermüdlich ein Banner um die Domtürme, um für EKA-Eckbänke zu werben. Adenauer mutiert augenblicklich zu Kölns obersten Luftraum-Schützer.

Das Spruchband lässt Adenauer sich ja gerade noch gefallen, das Gebrumme des Flugzeugmotors jedoch nicht, schreibt der „Express“. Als der Pilot der Maschine um 18.15 Uhr auf dem Flughafen Köln-Wahn landet, wartet schon ein Bote auf ihn. Er überbringt eine Ordnungsverfügung. Darin teilt Max Adenauer in seiner Funktion als Oberstadtdirektor kurz und bündig mit, Reklame-Fliegern sei es bis auf weiteres bei einem „Zwangsgeld“ von 500 DM untersagt, über der Stadt Köln ihre Kreise zu ziehen.

Zwangsverordnung

Mit dieser Verfügung hat der Sohn des ehemaligen Bundeskanzlers und Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer seinen Krieg gegen die „Werbe-Brummer“ eröffnet – obwohl es privaten Luftfahrtunternehmern laut Paragraf 20 des Luftverkehrsgesetzes ausdrücklich erlaubt ist, Spruchbänder über die Großstädte zu ziehen.

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Der Oberstadtdirektor empfindet das jedoch schon seit langem als „öffentliche Belästigung“, wie er es formuliert. Alle Jahre wieder, wenn in Deutz die Möbelmesse öffnet, zieht es auch die Werbeflieger nach Köln. Und immer wieder macht die Stadtverwaltung ihre Abneigung gegenüber dem Lärm deutlich, den sie verursachen.

500 Meter über Köln

Ein erster Versuch, den Fliegern das Handwerk zu legen, weil sie „die vorgeschriebene Höhe von mindestens 500 Metern über der Stadt“ nicht eingehalten hatten, war ins Leere gelaufen: Die Piloten hatten sich fortan an die Regel gehalten und waren munter weiter geflogen.

Im Februar 1960 reißt Max Adenauer der Geduldsfaden: Seine Juristen zaubern eine Art Notstandsgesetz aus dem Hut. Im Ordnungsbehördengesetz vom 16. Oktober 1956, Paragraf 1, heißt es nämlich: „Die Ordnungsbehörden haben die Aufgabe, Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht ist.“

Störung der öffentlichen Sicherheit

Und im Paragraf 14: „Die Ordnungsbehörde kann in Rechte natürlicher oder juristischer Personen eingreifen, um im einzelnen Falle bestehende Gefahr abzuwenden, die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht.“

Diese Paragrafen kommen dem Oberstadtdirektor gerade recht, in einer eiligen Pressekonferenz erklärt er, seiner Meinung nach läge eine „Störung der öffentlichen Sicherheit“ vor. Und er poltert: „Grundsätze der allgemeinen Gefahrenabwendung sind mir wichtiger als Luftverkehrsnormen.“

Beschwerdebrief

Unter „Gefährdung der Bevölkerung“ versteht er: „Mindestens 1000 Kranke in verschiedenen Krankenhäusern werden durch das ständige Gebrumme empfindlich geschädigt. Es besteht keine Relation zwischen den Interessen einer einzelnen Firma und den Schäden für die ganze Bevölkerung der Stadt.“

70 Angehörige eines Betriebes aus Oberbolheim im Kreis Düren schreiben daraufhin einen Brief: Ihr Ort liege in der Nähe des Flughorstes Nörvenich, dessen Bundeswehr-Düsenjäger tagtäglich mit einem Donnerlärm über die Dächer brausen: „Ein Sportflugzeug ist für uns eine himmlische Musik. Schicken Sie uns Ihre Sportflugzeuge und nehmen Sie dafür unsere Düsenjäger.“

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Lange hält Max Adenauers „Luftraum-Lärmschutz“ nicht: Schon am 9. März 1960 hebt Regierungspräsident Franz Grobben das Verbot wieder auf. Voraus gegangen war eine Klärung durch das Landesverwaltungsgericht, das Adenauers Sicht der Dinge als nicht gesetzeskonform befand.

Der Pilot des Sportflugzeuges, der für die EKS-Sitzbänke Reklame flog, war sich schon im Februar sicher: „Eine örtliche Behörde kann das Luftfahrtgesetz nicht außer Kraft setzen.“ Er hat Recht behalten. (red)

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