Anke Ortlepp von der Uni Köln glaubt, dass Trumps Politik den Bildungsstandort USA massiv beschädigen wird.
„Trump möchte Harvard kleinkriegen“Kölner USA-Expertin fürchtet um die Freiheit der Forschung

Studenten und Dozenten der Harvard-Universität versammeln sich zu einem Protest in Cambridge
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Frau Ortlepp, 6800 internationale Studierende sind in Harvard eingeschrieben, was rund einem Drittel entspricht. Ihnen will Trump die Immatrikulation verbieten, eine Bundesrichterin stoppte zunächst das Verbot, die Unsicherheit bleibt dennoch. Was bedeutet das für den internationalen Wissenschaftsaustausch?
Das ist eine Katastrophe. Das wird den Bildungsstandort USA massiv beschädigen. Das Land lebt in den Wissenschaften von seinen fantastischen Universitäten. Wenn die Grenze für internationale Studierende und Forschende geschlossen wird, werden sie woanders hingehen. Das zeichnet sich bereits ab angesichts der Streichung finanzieller Mittel für die Forschung, mit der Trump die Universitäten auf seine politische Linie bringen will. Es gilt die Freiheit der Forschung und Lehre, auch wenn diese gerade massiv angegriffen wird. Die USA sind das Land mit der größten Internationalität im Universitätsleben. Wenn internationale Studierende wegbleiben, brechen den Unis zudem noch Studiengebühren als Geldquelle weg.

Professorin Anke Ortlepp von der Universität zu Köln.
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Sie sind Professorin für Nordamerikanische Geschichte an der Universität zu Köln und haben selbst eine Zeitlang in den USA gelebt. Sie haben unter anderem in Harvard studiert. Wie denken Sie an Ihre Studienzeit dort zurück?
Für mich war mein Studienaufenthalt ein Wendepunkt in meinem Studium, weil ich erst währenddessen so richtig verstanden habe, warum und wofür ich eigentlich studiere. Ich habe die internationale Atmosphäre an der Universität und das unfassbare Angebot an Lehrveranstaltungen sehr genossen, auch wenn der amerikanische Studienalltag mit seinem hohen Arbeitspensum nicht mit dem deutschen vergleichbar ist. Für mich war Harvard eine besondere Erfahrung, die mein Leben geprägt hat. Sonst wäre ich heute wohl nicht Professorin für nordamerikanische Geschichte.
Ist an der Kritik von Trump und seiner Regierung, Harvard bekämpfe den Antisemitismus auf dem Campus nicht genug, möglicherweise etwas dran?
Grundsätzlich kann man sagen, dass der Gaza-Krieg auch an amerikanischen Hochschulen zu einer sehr schwierigen Gemengelage geführt hat. Studierende mit verschiedenen Überzeugungen standen sich unversöhnlich gegenüber, die Auseinandersetzungen zwischen propalästinensischen und proisraelischen Studierenden haben auch Unipräsidentinnen das Amt gekostet. Das Antisemitismus-Argument scheint mir jetzt allerdings vorgeschoben. Trump geht es vielmehr darum, diese Universität, die die Bildungselite ausbildet, kleinzukriegen. Dafür setzt er verschiedene Hebel an: Zunächst die Streichung der Finanzierung, gegen die sich Harvard rechtlich wehrt, und der nächste Hebel ist jetzt das Einreiseverbot von ausländischen Studierenden. Es ist ein weiterer Versuch, diese Uni in die Knie zu zwingen, und wäre es nicht dieser Grund, wäre es ein anderer.
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Sollte Deutschland nun entschiedener Kritik an den USA ausüben und offensiver um US-Forscher werben?
Das sollte man nicht aggressiv tun, sondern wir sollten Deutschland als Bildungsstandort noch stärker bewerben, weil hier die freie Debatte in Forschung und Lehre noch immer möglich ist. Wir haben ein tolles Bildungssystem. Für Bund und Länder lohnt es sich, wieder mehr zu investieren. Dann kommen auch mehr Forschende und Studierende nach Deutschland. Wir sind sehr gut, aber wir können noch besser werden. Gerade vorgestern hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unserer Hochschule die Finanzierung von Exzellenzclustern bewilligt. Das stärkt die Universität und den Standort Köln. Wir können sehr selbstbewusst in eine internationale Wettbewerbssituation gehen, in der die USA gerade ihre Vorreiterrolle verlieren.
Veranstaltungstipp: Unter dem Titel „Ach, Amerika“ findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe „frank & frei“ in der Karl-Rahner-Akademie am Mittwoch, 4. Juni, um 19 Uhr eine Diskussion statt. Joachim Frank, Chefkorrespondent DuMont, moderiert den Talk, an dem neben Anke Ortlepp auch Andrew B. Denison, Direktor von Transatlantic Networks und Karl Doemens, USA-Korrespondent des „Kölner Stadt-Anzeiger“ teilnehmen. Es geht um ihre Erfahrungen mit der neuen US-Regierung, ihre Erwartungen und um das Leben mit und unter Trump. Der Eintritt kostet 12 Euro, ermäßigt sechs Euro, mit der Abocard des KStA 9 Euro. Anmeldeschluss ist Mittwoch, 4. Juni, um 15 Uhr. Die Teilnahme ist auch online möglich. (gam)
www.karl-rahner-akademie.de