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Flüchtlingsunterkunft in KölnBauaufsicht hält Landespläne für „nicht genehmigungsfähig“

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In der früheren Oberfinanzdirektion an der Riehler Straße sollen geflüchtete Menschen untergebracht werden.

In der früheren Oberfinanzdirektion an der Riehler Straße sollen geflüchtete Menschen untergebracht werden.

Das Land will bis zu 500 Menschen nahe des Ebertplatzes unterbringen, die Stadt unterstützt die Pläne. Doch die Bauaufsicht hat Bedenken.

Die Stadt Köln hat den Antrag der Bezirksregierung Köln für den Umbau der früheren Oberfinanzdirektion (OFD) zur Unterkunft für rund 500 geflüchtete Menschen als „nicht genehmigungsfähig“ bezeichnet. Insgesamt moniert die städtische Bauaufsicht in den Plänen zwei Verstöße und zwölf Mängel.

Das geht aus einem Schreiben der Bauaufsicht an die Bezirksregierung hervor, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. Darin ist die Rede von 544 Personen. Bis zum 20. September hat die Bezirksregierung demnach Zeit, die Mängel auszuräumen, um die Genehmigung für die sogenannte Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) zu erhalten. Schafft sie das nicht, wird  die Stadt den Antrag ablehnen.

Sowohl Bezirksregierung als auch Stadt bestätigten am Donnerstag, dass die Stadt Nachbesserungen fordert. Die Stadt sprach davon, dass gerade die „Unterlagensichtung“ stattfindet.

Laut eines Sprechers der Bezirksregierung habe sie aber Fristverlängerung beantragt und sei zuversichtlich, die Nachbesserungen im Oktober erbringen zu können. Er sagte: „Das Land NRW hält an der Errichtung der weiterhin benötigten EAE-Plätze in der landeseigenen ehemaligen OFD fest.“ Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was hat das Land im Agnesviertel vor?

Das Land will in der leerstehenden früheren Oberfinanzdirektion rund 600 Meter entfernt vom Ebertplatz geflüchtete Menschen für jeweils durchschnittlich sechs Wochen unterbringen. Die Bezirksregierung setzt die Pläne des Landes um. 2026 soll der Betrieb starten und zehn Jahre dauern. In den Erstaufnahmeeinrichtungen werden die Daten der geflüchteten Menschen erfasst, um ihre Asylverfahren einzuleiten. Es gibt unter anderem Deutsch- und Sportkurse. Danach wechseln sie in Zentrale Unterbringungseinrichtungen.

Wie ist der Sachstand?

Eigentlich sollte der Umbau im August starten, vor Ort sah es danach aber vorige Woche nicht aus. Laut des Schreibens hat die Bezirksregierung am 18. Februar die Unterlagen bei der Stadt eingereicht, um die Baugenehmigung für den Umbau zu einer Flüchtlingsunterkunft zu erhalten. Sechs Monate später forderte die Bauaufsicht am 18. August Nachbesserungen bis zum 20. September.

Was bemängelt die Bauaufsicht?

Die beiden Verstöße betreffen den Brandschutz, unter anderem besteht die Feuerwehr darauf, dass es eine Treppe als zweiten Rettungsweg geben muss. Die zwölf überordneten Mängel inklusive vieler Unterpunkte reichen von einer fehlenden Information, wo die Lebensmittel gelagert werden, bis hin zu fehlenden Flächenberechnungen oder erneut dem Branschutzkonzept. Eine weitere Prüfung der beantragten Baugenehmigung ist laut des Schreibens auf dieser Grundlage nicht möglich.

Sollte die Bezirksregierung die Mängel und Verstöße bis zum 20. September nicht vollständig ausräumen, gilt der Antrag als zurückgenommen. Doch die Bezirksregierung hat darauf laut eigener Aussage eine Fristverlängerung beantragt. Anfang August hatte die Bezirksregierung dieser Zeitung mitgeteilt: „Mit der Stadt Köln, die für die Erteilung der Baugenehmigung zuständig ist, findet ein regelmäßiger Austausch statt.“

Was sagt die Stadt?

Zu laufenden Verfahren äußert sie sich laut einer Sprecherin nicht im Detail. „Es kann allgemein gesagt werden, dass sich der Bauantrag derzeit in rein formeller Unterlagensichtung befindet. Daraus ging eine Beanstandung zu fehlenden beziehungsweise unvollständigen Bauvorlagen und Fachunterlagen hervor, welche dezidiert angefordert worden sind. Dessen Rücklauf bleibt abzuwarten.“ Ob die Mängel heilbar sind, lasse sich erst beantworten, wenn die nachzureichenden Unterlagen vorliegen.

So sind die Pläne für die Flüchtlingsunterkunft.

So sind die Pläne für die Flüchtlingsunterkunft.

Warum wurde es jetzt öffentlich?

Innenstadt-CDU-Ratsmitglied Florian Weber thematisiert die Flüchtlingsunterkunft im laufenden Kommunalwahlkampf und hat die Rückmeldung der Bauaufsicht am späten Mittwochabend öffentlich gemacht. Die CDU und auch ihr Oberbürgermeisterkandidat Markus Greitemann und ebenso die FDP lehnen die Unterkunft ab. Die Bauaufsicht gehört eigentlich zum Aufgabengebiet von Baudezernent Greitemann, der für den Wahlkampf aber Urlaub genommen hat. Deshalb vertritt ihn Liegenschaftsdezernent William Wolfgramm, er ist derzeit zuständig für die Bauaufsicht.

Ursprünglich wollte das Land mal 1000 geflüchtete Menschen in der OFD unterbringen, doch das lehnte der zuständige Sozialdezernent Harald Rau damals ab, und zwar nach „Beratung im Verwaltungsvorstand“. So geht es aus einer damaligen E-Mail hervor, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. Den Verwaltungsvorstand bilden Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) und die Dezernentinnen und Dezernenten wie etwa Kämmerin Dörte Diemert oder Baudezernent Greitemann. Laut der Mail meldete Rau eine „Obergrenze von 500 Plätzen“ an das Land zurück.

Ist es üblich, dass die Bauaufsicht Anträge erstmal nicht genehmigt und Änderungen fordert?

Ja, sagt Erich F. Pössl, Vorsitzender des Kölner Ablegers des Bund Deutscher Architekten. Pössl betont, zum konkreten Fall nichts sagen zu können. Aber allgemein sagt der Kölner Architekt: „Es ist durchaus üblich, dass das Bauaufsichtsamt einer Baugenehmigung nicht im ersten Anlauf mit sämtlichen Anforderungen entspricht. In der Regel ist das aber heilbar.“

Was heißt das für die geplante Unterkunft?

Das bleibt weiter unklar. Das Land hält daran fest. Theoretisch hätte die Stadt ihre Zustimmung für die Unterkunft verweigern können. Wie berichtet hatte der Sprecher der Bezirksregierung zuletzt gesagt: „Gegen den Willen der Kommunen wird die Bezirksregierung keine Unterbringungseinrichtungen für Geflüchtete errichten.“ Doch die Stadt stimmte in der Vergangenheit ja zu. Nun ist der Prozess weit fortgeschritten, es gibt einen beauftragten Generalplaner.

Von den OB-Kandidaten der drei großen Parteien befürwortet Berivan Aymaz (Grüne) die Unterkunft. Torsten Burmester (SPD) wollte sich zuletzt nicht äußern, Greitemann lehnt sie ab. Die Bezirksregierung antwortet auf die Frage, ob es jetzt zu Verzögerungen kommt: „Mit einer Inbetriebnahme im Jahr 2026 ist nach wie vor zu rechnen.“ Zuletzt war von Sommer 2026 die Rede.