Köln – Eine verschwundene Musikstudentin, ihre zwei merkwürdig nervös wirkenden Mitbewohner und ein verheirateter Uni-Professor mit gewissen sexuellen Vorlieben – das sind die Hauptzutaten für den neuen Roman von Bernhard Hatterscheidt. Es ist sein Jubiläumsband, das mittlerweile zehnte Buch des Hauptkommissars. Im echten Leben bearbeitet der 56-Jährige nach einigen Jahren bei der Mordkommission inzwischen Beamten- und Korruptionsdelikte bei der Kripo Köln. Nach Feierabend schreibt er Krimis, die in Köln spielen und die der Autor „Kriminalistenromane“ nennt – weil sie sich so nahe wie möglich an der Wirklichkeit orientieren.
Kölner Polizist: Romane nahe an der Wirklichkeit
Und genau das macht den Reiz von Hatterscheidts Geschichten aus: Hier schreibt jemand über Mord und Totschlag, der seit Jahrzehnten damit zu tun hat. Einer, der selbst Leichen untersucht, Verdächtige vernommen und geholfen hat, Verbrechen aufzuklären.
Und so finden sich auch in seinem neuesten Band „Tote singen keine Lieder“ wieder Passagen, die man – sagen wir mal – bei Hakan Nesser oder Sebastian Fitzek vergeblich suchen würde. Über mehrere Seiten erstreckt sich die detailgetreue Schilderung einer Obduktion. In geschäftsmäßigem Ton und ohne übertriebene Rücksicht auf sensiblere Lesergemüter lässt Hatterscheidt seinen Rechtsmediziner Dr. Elmer beschreiben, was der da vor sich auf dem Sektionstisch sieht: „Sämtliche Organe sind nur noch ansatzweise vorhanden, dafür aber gut 200 ml einer glitschigen, mit Insekten gutsituierten Flüssigkeit. Todesursächlich dürften die Durchstechungen im Rücken im Bereich der Lunge gewesen sein. Zumindest sind auffällige Areale trotz der fortgeschrittenen Verwesung zu erkennen. Darüber hinaus dürfte starkes Verbluten nach innen und außen ebenfalls todesursächlich gewesen sein.“
Dr. Elmers Fazit: „Die diagnostizierten Verletzungen sind definitiv nicht mit dem Weiterleben vereinbar gewesen.“ Wer jemals einem echten Mordermittler oder Rechtsmediziner zugehört hat, weiß, dass die so sprechen. Manche jedenfalls.
Verschwundene Studentin wurde ermordet
Damit wäre an dieser Stelle auch klar: Die verschwundene Studentin ist ermordet worden. Die Zahl der Verdächtigen, die Lene Lemmerling auf dem Gewissen haben könnten, verengt sich im letzten Drittel des Romans mit fast jeder weiteren Seite – bis eine Person übrig bleibt. Für das Ermittlerteam um Paul Westhoven gilt es jetzt nur noch, diese auch lebendig zu fassen.
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Hatterscheidts neues Werk biete „spannende Einblicke in die herausfordernde Arbeit der Polizei“, schreibt NRW-Innenminister Herbert Reul in einem Zitat auf dem Buchrücken. „Mehr wahres Leben in Kriminalromanen geht nicht.“ Viel mehr Spannung auch nicht.
Bernhard Hatterscheidt: Tote singen keine Lieder, 228 Seiten, Edition Lempertz, 12,99 Euro.