Lange WartezeitenStadt Köln beklagt „Luftbuchungen“ bei der Zulassungsstelle

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Einen Wagen in Köln zuzulassen, kann mitunter Wochen dauern.

  • Die KfZ-Zulassungsstelle in Köln steht erneut in der Kritik. Autohändler beklagen, dass ihnen gebuchte Termine storniert wurden.
  • Die Stadt rechtfertigt diese Praxis und moniert „Luftbuchungen“ von Autohändlern ohne konkretes Fahrzeug und ohne konkreten Inhaber, die den Privatkunden die Termine wegnehmen würden.
  • Die Wartezeiten für Privatkunden sind unterdessen unverändert lang, doch die Stadt kündigt Konsequenzen an.

Köln – Erneut gibt es Ärger zwischen der städtischen Kfz-Zulassungsstelle und ihren Kunden, diesmal wegen stornierter Termine und immer wieder wegen langer Wartezeiten. Im Gegenzug weist die Stadt die Vorwürfe zurück und beklagt Luftbuchungen von Online-Terminen durch Autohäuser und Zulassungsdienste. Der jüngste Auslöser des seit langer Zeit andauernden Streits zwischen Autobranche und Stadt sind mehrere annullierte Termine, die einer der größten Kölner Autohändler für die Neuzulassung seiner Wagen gebucht hatte. Wochenlang hätte das Autohaus Löko ohnehin auf die reservierten Slots gewartet, doch so weit kam es erst gar nicht: Die Zulassungsstelle kündigte alsbald an, die Termine zu stornieren.

Er könne sich „des Eindrucks nicht verwehren, dass es sich hierbei um prophylaktisch gesetzte Termine handelt“, schreibt der stellvertretende Leiter der Zulassungsstelle, Werner Frötel, dem Autohaus in einer Mail, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. „Konkrete Anlässe zu Erledigung von Kfz-Angelegenheiten gibt es möglicherweise aber nicht“, so Frötel weiter. Das führe dazu, dass „meine Ressourcenplanung beeinträchtigt wird“, schreibt er. Zusätzlich stünden diese Termine „für Dritte nicht mehr zur Verfügung“. Er beabsichtige daher, die gesetzten Termine rückgängig zu machen – was später auch geschah. Für Rainer Born, Chef des betreffenden Autohauses ist das eine „absolute Frechheit“. Termine setze er nie „nur prophylaktisch“ – hinter jeder Buchung stehe das reale Vorhaben, ein Auto anzumelden, versichert er. Zwölf Termine seien in diesem Herbst schon storniert worden, sagt Born. Das Verhalten der Stadt nennt er „wahllos“. Die Rückstände seien für seinen Betrieb „existenzgefährdend“. Derzeit warteten Autos im Wert von etwa 1,6 Millionen Euro in seinen Häusern auf eine Zulassung. „Wenn das so weiter geht, bekommen wir ernsthafte Liquiditätsprobleme“, sagt Born.

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Bis zum Termin vergehen bei Online-Buchungen im Moment etwa vier Wochen. Die Stadt weist aber darauf hin, dass das nur für Privatkunden gelte, Großkunden wie Autohäuser und Zulassungsdienste bräuchten keine Termine. Manche Autohäuser gingen inzwischen aber dazu über, den Privatkunden die Terminmöglichkeiten wegzunehmen und „für sich einfach auf Vorrat zu buchen“, moniert die Stadt. Dabei handele es sich um „Luftbuchungen ohne konkreten künftigen Halter oder ohne konkretes Fahrzeug“. Die Zulassungsstelle wolle das verhindern und storniere „offenkundig von Großkunden gebuchte Privatkundentermine“. Etwa ein Drittel der gebuchten Termine werde nicht wahrgenommen, was die Wartezeit für die ohnehin knappen Tage noch verlängert.

Alles zum Thema Henriette Reker

Verlängerte Öffnungszeiten

Vor etwa einem Monat hatte ein Offener Brief der Kölner Kfz-Innung schon einmal für einen offen ausgetragenen Zwist zwischen Autohändlern und der Stadt gesorgt. Die Innung nannte die Situation für Kfz-Unternehmer „ein wirtschaftliches Desaster“, weil Autohäuser teils wochenlang auf die Zulassungen warten müssten. Die Unterzeichner, darunter große Autohändler und Zulassungsdienste in der Stadt, forderten OB Henriette Reker auf, das Thema „zur Chefsache“ zu machen – und wandten sich mit den Innungen anderer Städte sogar in einem weiteren Offenen Brief an die Bundesregierung. Ein klärendes Gespräch hat es seither nicht gegeben. Die Stadt kontert stattdessen mit Entschiedenheit und für ihre Verhältnisse recht scharf: „Die Vorwürfe der Kfz-Innung in dem Offenen Brief an die Oberbürgermeisterin entbehren jeder Grundlage“, sagt Stadtsprecher Robert Baumanns. In dem Brief würden „die Fakten in keiner Weise berücksichtigt“.

Großkunden würden ohne Termin und „überwiegend nur einen Tag“ für eine Zulassung warten müssen, die meisten anderen maximal drei Tage. Es gebe „keine Rückstandsberge“. Für die langen Wartezeiten deutet die Stadt eine andere Erklärung an. „Welche zeitlichen Abläufe es gibt, bevor die Unterlagen bei der Zulassungsstelle abgegeben oder nachdem diese abgeholt werden, können wir nicht beurteilen“, sagt Baumanns. Sind also die Zulassungsdienste die eigentlich Verantwortlichen für die langen Wartezeiten? „Das ist absoluter Quatsch“, sagt Autohändler Born. „Beim Zulassungsdienst vom Tüv kann ich genau digital verfolgen, wo die Unterlagen liegen, und das tun sie die meiste Zeit beim Amt.“

Dass ohnehin die Vorlaufzeit für Privatkunden etwa einen Monat dauert, ist nicht erst seit Corona so. Mit der Pandemie hat sich wegen der Terminpflicht die Situation aber noch verschärft. Anfang September seien daher die Öffnungszeiten verlängert worden – um insgesamt vier Stunden pro Woche mehr als vor Corona. „Ergo: Der Service wird ausgebaut“, sagt Stadtsprecher Baumanns. Unabhängig davon werde „stetig an Verbesserungen des Serviceangebots gearbeitet“. So gebe es zum Beispiel inzwischen einen Kurzanliegen-Schalter für Privatkunden. Und: „Wenn Privatkunden gebuchte Samstags-Termine nicht wahrnehmen und diese nicht an andere Privatkunden vergeben werden können, dann nutzen wir diese Zeitfenster für die Fallbearbeitung von Großkunden, die aus der Woche noch offen sind.“ Außerdem prüfe die Stadt derzeit einen Notdienst zwischen Weihnachten und Silvester. Normalerweise sind in dieser Zeit Betriebsferien angesetzt.

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