Sülzer Genossenschaft ändert NamenEs geht nicht mehr nur um günstigen Wohnraum

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Der Gebäuderiegel an der Palanter Straße, Ecke Marsiliusstraße soll abgerissen werden.

Der Gebäuderiegel an der Palanter Straße, Ecke Marsiliusstraße soll abgerissen werden.

Köln-Sülz – Die Kölner Wohnungsgenossenschaften gelten als verlässlicher Partner der Stadt bei dem Bau preislich erschwinglichen Wohnraums. Zu diesem Zweck wurden sie zumeist zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts gegründet, wie beispielsweise die „Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft Köln-Sülz eG“. Diese Genossenschaft hat nun allerdings in ihrer Vertreterversammlung durch Beschluss den Begriff „gemeinnützig“ aus ihrer Firmierung und ihrer Satzung gestrichen.

Dies beunruhigt zahlreiche Genossenschaftsmitglieder: „Meiner Meinung ist es angesichts der heutigen Wohnungsnot und dem Mangel an erschwinglichem Wohnraum, ein wohnungspolitisches Signal, dass so eine große Wohnungsgenossenschaft wie die GWG das Wort „gemeinnützig“ aus der Satzung streicht“, sagt ein Mitglied, das namentlich nicht genannt werden möchte.

„Gleichzeitig werden heute an anderer Stelle gemeinnützige Modelle diskutiert, um sozialen Wohnraum zu schaffen.“ Der Vorstand der Genossenschaft führt gute Gründe für die Satzungsänderung ins Feld: „Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ist ja schon seit Jahrzehnten aufgehoben Wir sind streng genommen seit Jahren nicht mehr gemeinnützig“, sagt Martin Frysch. Gerade jetzt, wo über die Wiedereinführung einer Art Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz diskutiert würde sei der Begriff irreführend. „Es wenden sich immer wieder Abmahnvereine an uns, die uns darauf hinweisen, dass wir diesen Begriff nicht mehr verwenden dürfen.

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Dafür sollen an gleicher Stelle neue Wohneinheiten entstehen. Visualisierung: Duplex

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Wir passen unsere Satzung nur den tatsächlichen rechtlichen Gegebenheiten an.“ Trotzdem verfolge die GWG Sülz im Rahmen einer freiwilligen Verpflichtung weiter das Satzungsziel, die Mitglieder sozial verantwortlich mit Wohnraum zu versorgen. „Die Mitglieder können sich darauf verlassen, dass wir unsere Wohnungspolitik nicht ändern“, so Frysch.

Auch nach Ansicht des Verbandes der Wohnungswirtschaft müssen die Genossenschaftsmitglieder sich durch die Änderungen nicht beunruhigen lassen: „Die geänderte Satzung entspricht unserem Musterformular für Genossenschaften“, sagt Justiziar Sebastian Tackenberg. „Mit der Abschaffung des WGG ist der Begriff der Gemeinnützigkeit obsolet geworden. Da es auch eine steuerliche relevante Gemeinnützigkeit gibt, ist er irreführend.“

Die Sülzer Wohnungsbaugenossenschaft ist nicht das erste Kölner Wohnungsbauunternehmen, das den Begriff gemeinnützig aus seiner Firmierung entfernt. Auch die Immobilien AG Köln (GAG), hat ihn bereits vor einer ganzen Weile gestrichen und für den ersten Buchstaben in der Abkürzung ihres Namens eigentlich keinen Grund mehr. „Seit dem Wegfall des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) schon vor 30 Jahren, fehlt uns sowohl rechtlich als auch steuerlich die Grundlage dafür, diesen Begriff zu führen.“ Als Aktiengesellschaft, deren Hauptaktionärin die Stadt Köln ist, verfolge sie aber dennoch das Ziel bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Ingrid Schmale vom Institut für Genossenschaftswesen der Uni Köln ist genau deswegen erstaunt über die Streichung: „Mir will nicht so ganz einleuchten, warum man heute als Wohnungsbaugenossenschaft nicht mehr gemeinnützig sein kann“, sagt Schmale, „denn gemeinnützig waren die Genossenschaften doch auch schon vor Einführung des WGG.

Dabei handele es sich schließlich um eine Selbstverpflichtung und so seien sie ja auch heute noch im Genossenschaftsregister eingetragen. „Ich verstehe allerdings, dass sie gegenüber den Abmahnvereinen vorsichtig sind. Denn die drehen Sachverhalte wirklich oftmals völlig um, wider den gesunden Menschenverstand.“ Sie gibt auch etwas anderes zu bedenken: „Eine Genossenschaft ist gesetzlich verpflichtet, ihre Mitglieder zu fördern, und das bedeutet nicht unbedingt, dass sie geförderten oder günstigen Wohnraum errichtet. Wenn die Mitglieder vergleichsweise eher wohlhabend sind und gehobenen Wohnraum beziehen möchten, dann sorgt sie dafür, dass solcher zur Verfügung gestellt wird.“

So möchte auch die GWG sich nicht darauf festlegen lassen, ausschließlich geförderten oder sehr preisgünstigen Wohnraum zu errichten: „Wir möchten nicht nur Wohnraum für Menschen mit Wohnberechtigungsschein bauen, sondern auch für solche Familien, die darauf keinen Anspruch haben, aber auch keine Wohnung finden“, sagt Martin Frysch. „Ohne Förderung müssen wir unter den gleichen Bedingungen bauen, wie jedes andere Unternehmen auch.“ Die starke Nachfrage auf dem Immobilienmarkt habe zu einer gigantischen Baukostensteigerung geführt. „Wir versuchen immer noch unter dem üblichen Quadratmeterpreis zu vermieten“, so Frysch.

Das halten auch die Mitglieder der GWG für absolut nachvollziehbar: „Es ist ja klar, dass die Stadtviertel sich verändern und der Strukturwandel auf vor den Genossenschaften nicht Halt macht“, sagt ein Genosse. Er wünsche sich aber, dass solche Änderungen transparenter kommuniziert würden. Zwar sei es bei größeren Genossenschaften üblich, dass nur die von den Mitgliedern gewählten Vertreter die Beschlüsse für die Gesellschaft fassen. Bei einer solchen grundlegenden Veränderung auch im Hinblick auf die Geschichte der Sülzer Wohnungsbaugenossenschaft sei es aber förderlich gewesen alle Mitglieder auf die anstehenden Änderungen hinzuweisen.

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