Offener Brief von Kölner Abiturienten„Fühlen uns von der Politik im Stich gelassen“

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Offener Brief

Die Initiatorinnen des Offenen Briefes an Schulministerin Yvonne Gebauer. 

Köln – Die Abiturientinnen und Abiturienten von zwölf Kölner Gesamtschulen und Gymnasien haben sich in einem gemeinsamen offenen Brief an Schulministerin Yvonne Gebauer und Ministerpräsident Armin Laschet gewandt. „Wir Abiturienten möchten endlich in dieser schwierigen Situation von der Politik gehört werden. Wir fühlen uns übergangen und völlig im Stich gelassen“, fasst Mitverfasserin Julia Wilke (18), Stufensprecherin der Gesamtschule Rodenkirchen, zusammen. Neben dem Dialog mit der Landesregierung fordern sie ein dezentrales Abitur. „Der Distanzunterricht ist eine unzureichende Grundlage für das Zentralabitur“, schreiben die Schülerinnen und Schüler. Die unterschiedlichen Bedingungen seien das Kernproblem.

Unterschiedliche Voraussetzungen

Dies manifestiert sich für die Abiturientinnen und Abiturienten aktuell auch darin, dass es zahlreiche Schulen gibt, die seit Montag die beiden Abschlussjahrgänge vollständig in Präsenz beschulen. Andere Schulen haben sich für Wechselmodelle aus Distanz- und Präsenzunterricht in geteilten Kursen entschieden. Die Landesregierung hatte beide Optionen zur Wahl gelassen. Unterzeichnet haben den offenen Brief die Schüler der Gesamtschulen Rodenkirchen und Holweide, der Max-Ernst-Gesamtschule, der Willy-Brandt-Gesamtschule sowie des Gymnasiums Kreuzgasse, des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums, der Kaiserin-Augusta-Schule, des Herder-Gymnasiums, des Kolbe-Gymnasiums und des Rhein-Gymnasiums.

Angst vor Quarantäne

Distanzlernen sei – anders als von der Landesregierung beschlossen - nicht gleichzusetzen mit Präsenzunterricht, heißt es in dem Brief. In Summe sei ein ganzes Halbjahr – also ein Viertel der gesamten Qualifizierungsphase – in Distanz unterrichtet worden. Seit einem Jahr gebe es ständige Wechsel. Außerdem seien die Bedingungen von Schule zu Schule bezüglich Ausstattung und Qualität des Distanzunterrichts sehr unterschiedlich gewesen. An manchen Schulen war Online-Unterricht über lange Phasen nicht die Regel, manche hätten bis heute nur vereinzelt Videokonferenzen.

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Die Initiatorinnen des Offenen Briefes an Schulministerin Yvonne Gebauer. 

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Neben technischen Problemen hätten viele Schüler inzwischen auch psychische Probleme. „Vor allem die Schüler, die zusätzlich – teilweise sogar mehrmals - in Quarantäne mussten, haben Sorgen, weil sie viel verpasst haben“, erläutert Wilke. Ganz abgesehen von der ständigen Angst, jetzt in der letzten Phase vor den Klausuren durch Infektionsfälle in Quarantäne geschickt zu werden oder sich selbst noch zu infizieren. „Jedes Mal, wenn die Tür im Klassenraum außerplanmäßig aufgeht, denkt man, jetzt erwischt es einen.“

Dario Schramm, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, war zu Gast im Schul-Check-Podcast:

Die Schüler fordern eine Anerkennung der Missstände und eine Anpassung der Abiklausuren an die Pandemie. Die von der Landesregierung vorgesehene Ausweitung der Wahlmöglichkeit von drei auf vier Klausurthemen reicht nach Ansicht der unterzeichnenden Schulen nicht aus, um Nachteile auszugleichen. Auch die Möglichkeit eines Durchschnittsabiturs müsse zumindest politisch debattiert werden.

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Sorgen vor den Prüfungen müssen abgebaut werden

Während viele Schulen für die Jahrgänge Q1 und Q2 seit gestern im Wechselunterricht sind, haben sich andere Schulen für die vollständige Präsenz entschieden. So unter anderem das Gymnasium Schaurtestraße in Deutz und die Liebfrauenschule. Ursprünglich habe man auf ein Wechselmodell gesetzt, erklärt Anja Veith-Grimm, die Rektorin des Schaurte-Gymnasiums. Da die Kooperationsschule, das Thusnelda-Gymnasium, jedoch auf volle Präsenz setzt, habe man nachgezogen – aus organisatorischen Gründen und auch, um keine Vergleichsdebatten zu befördern.

Kölner Ergebnisse der Schul-Check-Umfrage

Aufgrund der derzeit leeren Schule besetzen halbierte Kurse nun zwei Räume – die Lehrkraft wechselt ständig zwischen beiden Räumen. „Das klappt gut.“ Ähnlich macht es die Liebfrauenschule mit ihren 300 Schülern der Q1 und Q2. „Es gibt für jede Lerngruppe zwei Räume, in denen parallel unterrichtet wird“, erläutert Schulleiter Strohmeier. Man wolle die gebotenen Freiräume zu nutzen, da die Möglichkeit, sich wieder täglich „einfach als Menschen zu begegnen“ für die mentale Verfassung der Schüler sehr wichtig sei . Und eben auch zu beruhigen und etwaige Sorgen bezüglich der Abiturprüfungen abzubauen.  

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