Toter Marlon aus KölnBGH-Urteil: Nach zehn Jahren kann die Familie zur Ruhe kommen

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Die Kölner Polizei am Tatort in Ehrenfeld, im April 2012.

Köln – Der tragische Kriminalfall um den getöteten 15-jährigen Marlon aus Neuehrenfeld ist nach mehr als zehn Jahren endgültig abgeschlossen. Ein Schausteller hatte den Nachbarsjungen auf dem Takufeld erstochen. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte nun das Urteil des Landgerichts, das den Beschuldigten Klaus P. (71)  wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt hatte.

Kölner Anwalt: Unerträgliche Belastung für Familie

Die Karlsruher Richter wiesen die Revision des Täters und dessen Verteidigung zurück, eine Nachprüfung habe keinen Rechtsfehler im schriftlichen Urteil des Landgerichts ergeben. Die Entscheidung vom vergangenen November ist damit rechtskräftig. Einmal hatte der BGH ein Urteil in der Sache aufgehoben, der Fall wurde daher insgesamt zweimal vor dem Landgericht verhandelt.

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Der Angeklagte Klaus P. im Landgericht mit seinen Verteidigern Marco Heymann und Abdou Gabbar (v.r.).

„Die Länge des Verfahrens verursachte eine unerträgliche Belastung für Marlons Familie“, sagt Opfer-Anwalt Frank Hatlé auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Immer wieder aufs Neue seien die seelischen Wunden der Eltern und Geschwister aufgerissen worden. Zuletzt hatte Marlons Mutter nicht als Zeugin im Verfahren aussagen können, sie ist schwer traumatisiert.

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Messerklinge traf Marlon am Herz

Das Geständnis blieb aus, Klaus P. blieb bei seiner Version einer Bedrohungslage am Tattag, jenem 11. April 2012. Demnach habe Marlons Vater ihn mit einem Messer bedroht, dessen Großvater habe mit einem Beil gedroht, und der Junge habe sich auf ihn zubewegt. In dieser Gemengelage sei der fatale Stich erfolgt, in Notwehr. Marlon wurde in der Brust getroffen, sein Herz verletzt. Er starb.

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Das vom Täter skizzierte Szenario sah das Landgericht nicht, es habe auch keinen Anlass für einen Angriff von Marlons Familie gegeben. Lediglich zur Rede habe Marlons Vater den Nachbarn stellen wollen, nachdem dieser den Hund der Familie getreten haben soll. P. habe dann mit dem Messer hantiert und Verletzungen anderer Personen in Kauf genommen. Das bestätigte der BGH nun.

Kölner Richter: Chance auf mildes Urteil selbst verbaut

„Die mündliche Urteilsbegründung hat uns nicht überzeugt und vielmehr die Befangenheit dieses Gerichts dokumentiert“, hatte Verteidiger Abdou Gabbar vor einem Jahr mitgeteilt und damit einen vorgeschlagenen Deal von Richter Achim Hengstenberg gemeint. Der hatte Klaus P. zu Prozessbeginn eine milde Strafe in Aussicht gestellt – im Gegenzug für ein Geständnis. Das kam aber nicht.

Der Täter habe sich die Chance auf ein mildes Urteil selbst verbaut, hatte Richter Hengstenberg gesagt. Dieser hatte dem Angeklagten in Aussicht gestellt, mit der Halbstrafenregelung nicht mehr ins Gefängnis zu müssen. P. hatte bereits 21 Monate in Untersuchungshaft gesessen, bei einer Strafe unter vier Jahren wäre die Reststrafe sehr wahrscheinlich zur Bewährung ausgesetzt worden.

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