Umgang mit sexuellem MissbrauchVier Kölner Bischöfe im Fokus des Vatikans

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Erzbischof Stefan Heße 

Köln – Mit Blick auf Vorwürfe gegen führende Vertreter des Erzbistums Köln wegen ihres Umgangs mit sexuellem Missbrauch sieht der Hamburger Erzbischof Stefan Heße vier Bischöfe aus dem Erzbistum im Visier Roms. Er gehe davon aus, dass der Vatikan sich mit der Angelegenheit auseinandersetze, sagte der frühere Kölner Generalvikar der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Im September waren Vorwürfe gegen Heße bekannt geworden, nach denen er in seiner Zeit als Personalchef Missbrauch vertuscht haben soll.

Das von Kardinal Rainer Woelki im Oktober 2020 unter Verschluss genommene Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) soll Heße eine „indifferente“ und „von fehlendem Problembewusstsein“ geprägte Haltung gegenüber Opfern attestieren. Heße bestreitet die Vorwürfe und hat sich zu deren Überprüfung im November an Rom gewandt. Zudem gab er bekannt, sein Amt als Geistlicher Assistent des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) bis zur Aufklärung der Vorwürfe ruhen zu lassen.

Neben ihm stünden in Köln auch Kardinal Woelki und die Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp (Generalvikar unter Kardinal Joachim Meisner) und Ansgar Puff (ehemaliger Personalchef) im Fokus: „Das sind jetzt vier Bischöfe in Deutschland – da kann ich mir nicht vorstellen, dass die Kongregation davor die Augen verschließt.“ Er habe auch darüber nachgedacht, sein Bischofsamt ruhen zu lassen, so Heße weiter, könnte dies jedoch nicht von sich aus tun.

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Rom habe ihm „ganz klar“ signalisiert: „Im Moment gibt es nur Dinge, die in der Zeitung stehen. Es gibt noch keine Studie, deswegen haben wir keine Veranlassung, jetzt Maßnahmen zu ergreifen.“ Nur der Papst könne ihn daher zu einem Amtsverzicht auffordern.

„Krise nicht gut gemanagt“

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing (Limburg), kritisierte die Kölner Kirchenleitung. „Die stockende Aufarbeitung bedauere ich sehr“, sagte Bätzing zum Auftakt einer Onlinekonferenz des „Synodalen Wegs“, einer auf mehrere Jahre angelegten Reform-Initiative von Bischöfen und Laien. Die Krise, die um das unter Verschluss genommene Gutachten der Kanzlei WSW entstanden sei, habe Kardinal Woelki „nicht gut gemanagt“. Zuvor hatte das Präsidium des Synodalen Wegs die Kölner Bistumsleitung für „krisenhafte Zuspitzungen“ im Prozess der Aufklärung und für einen Vertrauensverlust mitverantwortlich gemacht.

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Dieser führe dazu, dass „nicht wenige die Kirche verlassen“. Die unter anderem von Bätzing und ZdK-Präsident Thomas Sternberg unterzeichnete Erklärung fordert persönliche Konsequenzen von allen Verantwortlichen, „wenn sie im Umgang mit Missbrauch Recht gebrochen, Pflichten verletzt oder gravierende Fehlentscheidungen getroffen haben“. Ein Rücktritt dürfe „kein Tabu sein“. Zudem müsse es eine Rechenschaftspflicht für Bischöfe geben. „Ein Bischof braucht, um sein Amt ausüben zu können, das Vertrauen der Gläubigen seiner Diözese.“

Woelki bekräftigt Ziel

Kardinal Woelki räumte in der Konferenz Fehler ein. Ihm sei „schmerzlich bewusst“, dass durch die Art der Aufarbeitung und der Kommunikation Vertrauen verloren gegangen sei. Für diese Fehler trage letztlich er die Verantwortung. „Es tut mir wirklich leid, dass Betroffene durch das, was wir getan haben, neuem Leid ausgesetzt sind“.

Das gelte auch für Gläubige in den deutschen Bistümern. Zugleich bekräftigte er den Willen zur Aufklärung und Aufarbeitung, vor allem „für die Betroffenen“. Nach der Vorlage eines Ersatzgutachtens am 18. März würden zunächst die Betroffenen und dann auch „alle, die es möchten“ Einblick in das WSW-Gutachten erhalten. Woelki versprach, systemische, institutionelle und persönliche Verantwortung aufzudecken und Namen zu nennen.

Vertreter des Betroffenenbeirats der Bischofskonferenz traten Woelki vehement entgegen. Sich schon für Entschuldigungen zu feiern „noch vor der Konsequenz“, sei für ihn schwer erträglich, sagte der Schauspieler Kai Moritz. Diese Art des Herausredens empfinde er als „emotionalen Missbrauch“. Als zweites Beiratsmitglied betonte Johannes Norpoth, dass Vertrauen nicht einfach verloren gegangen, sondern durch Handeln aktiv zerstört worden. Er hoffe, dass Woelkis Worten unmittelbar mit Vorlage des Gutachtens Taten folgten. Für das Präsidium des Synodalen Wegs sagte auch ZdK-Vizepräsidentin Karin Kortmann, man werde Woelki für seine Versprechen beim Wort nehmen. (kna, dpa, afp)

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