Kulturrat NRW zur Landespolitik„Ich sehe keinen Gestaltungswillen, man legt den Rückwärtsgang ein“

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Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft, steht in der Universität zu Köln an einem Rednerpult.

Die Kulturszene in NRW appelliert an Ina Brandes, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes, den Etat nicht zu kürzen, weil sonst dramatische Folgen drohten.

Der Kulturrat NRW sieht die vielfältige Szene des Landes in Gefahr, wenn die Regierung wie geplant den Kulturhaushalt reduziert. 

Nachdem in der vergangenen Woche mehr als 50 Institutionen der freien Szene in einem offenen Brief an die schwarz-grüne Landesregierung ihre Sorge um die Kulturszene zum Ausdruck gebracht haben, schlägt nun auch der Kulturrat NRW Alarm. Von nichts weniger als einer „Zeitenwende“ sprach dessen Vorsitzender, Lorenz Deutsch, am Dienstag in Köln in einem Pressegespräch. Viele kulturelle Angebote drohten auf der Strecke zu bleiben, wenn der Kulturhaushalt des Landes wie geplant im nächsten Jahr gekürzt werde.

Waren es in diesem Jahr noch 323 Millionen Euro, die aus dem Gesamthaushalt auf die Kultur entfielen, werden es nach den aktuellen Plänen im Jahr 2024 nur noch 315 Millionen Euro sein. Zwar soll nach den Plänen der Landesregierung das Minus durch Geld aus der sogenannten Stärkungsinitiative ausgeglichen werden, aber das sei nur auf den ersten Blick beruhigend, so Deutsch.

Kulturrat wirft der Landesregierung Wortbruch vor

„Das ist eine optische Täuschung“, betonte der FDP-Politiker. Die hohe Inflation, Erhöhungen bei den Löhnen und die generellen Kostensteigerungen führten dazu, dass am Ende weniger Geld für Kultur zur Verfügung stehe: „Die Aussage 'Es finden keine Kürzungen statt' wird sich auf Dauer nicht bewahrheiten.“

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Besonders enttäuschend sei die Entwicklung, weil die Regierung ihr im Koalitionsvertrag gemachtes Versprechen breche, den Etat in der Legislaturperiode um insgesamt 50 Prozent zu steigern. Im Gegenteil werde nun bei einem insgesamt gestiegenen Landeshaushalt der Anteil für die Kultur von ohnehin schon sehr geringen 0,34 Prozent auf 0,31 Prozent reduziert. „Das bringt uns hinter die Startlinie zurück. Ich sehe keinen Gestaltungswillen. Man legt den Rückwärtsgang ein, die Kultur verliert den Anschluss an die Gesamtentwicklung“, sagte Deutsch und appellierte an das Land und Kulturministerin Ina Brandes (CDU), „die Kürzungen zu überdenken und zurückzunehmen“.

Die Kulturszene in NRW habe sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt, sei auch in Konkurrenz zu anderen Standorten wie Berlin deutlich attraktiver geworden, aber dieser Positivtrend sei nun in Gefahr. Lorenz Deutsch sieht besonders die freie Szene bedroht. Sie zahle am Ende die Zeche, dabei sollten doch eigentlich die in den Fokus rücken, deren Existenz bedroht sei.

Besonders die freie Szene sieht der Kulturrat bedroht

Zwar habe Ina Brandes eine nicht bezifferte Unterstützung bei den Lohnsteigerungen angekündigt, allerdings spreche sie dabei nur von Landeseinrichtungen und institutionell geförderten Institutionen. Projekt geförderte Träger der freien Szene blieben hingegen außen vor, das erhöhe die Diskrepanz noch einmal erheblich. 

Vera Schöpfer, Geschäftsführerin des Filmhauses Köln, betonte, im Kulturbereich sei schon mit geringen Mitteln viel möglich, gleichzeitig habe aber auch jede Kürzung verheerende Folgen, da gehe es schnell ums Überleben. Gerade im auch für Köln so wichtigen Filmbereich laufe fast alles über Projektförderungen. „Wir sind sehr nervös, dass bei uns am ehesten gespart wird, weil es am einfachsten ist“, sagte Schöpfer.

Catalina Rojas Hauser, Geschäftsführerin des Kulturrats NRW, betonte zudem, die Signale aus dem Ministerium seien auch für neue Initiativen besorgniserregend: „Innovative Projekte haben keine Chance“.

Gerade in diesen Zeiten, in denen die Gesellschaft auseinanderdrifte, brauche es „Verständigungsmedien, um den Laden zusammenzuhalten“, betonte Lorenz Deutsch. Kultur könne das leisten, gerade deshalb müsse nun etwas geschehen: „Es ist uns zu ruhig um das Thema“.

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