Marion Kranen wird für ihr Engagement für „Köln im Film“ vom Kölner Kulturrat als Kulturmanagerin des Jahres 2024 ausgezeichnet.
Marion Kranen ist „Kulturmanagerin des Jahres“„Ein Schaufenster für die Film- und Stadtgeschichte“

Marion Kranen
Copyright: Arton Krasniqi
Stadtführungen, Film-Matinees, Open-Air-Vorführungen, Ausstellungen, Interviews mit Zeitzeugen und Zeitzeuginnen, Bücher und eine ausführliche Webseite - das alles und noch viel mehr ist „Köln im Film“. Der gemeinnützige Verein erforscht und präsentiert die Film- und Kinogeschichte der Stadt. Marion Kranen hat ihn 2013 mit ins Leben gerufen. Die berufliche Biografie der Filmwissenschaftlerin ist also eng mit dieser Stadt verbunden. Auch als Frau der ersten Stunde beim Kölner Filmfestival Feminale.
Aus ihrem Heimatort Mettmann nach Köln gekommen ist sie wegen des damaligen Instituts für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften an der Universität. Dort, erinnert sie sich, sah sie bei einem Seminar zum ersten Mal die Filme des Regisseurs Jean-Luc Godard. „Und die haben mich geflasht!“.
Nach ihrem Abschluss lehrte sie zwei Jahre an einer italienischen Universität Deutsch. Und stieg dann bei der „Feminale“ ein, die Freundinnen und Kommilitoninnen gegründet hatten, mit dem Ziel, weibliche Perspektiven in der männlich dominierten Filmbranche sichtbarer zu machen. „Wir waren durch das Studium bei Professorin Renate Möhrmann mit der ersten deutschen Filmemacherinnen-Generation in Kontakt gekommen, zu denen unter anderem Margarethe von Trotta gehört“, erzählt sie. Aber die „Feminale“-Macherinnen wollten auch in die Nischen schauen, experimentellere Filme zeigen – all das eben, was vom Mainstream übersehen wurde.
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Auch wenn die Strukturen im Filmgeschäft immer noch männlich geprägt sind – das Engagement von Frauen wie Marion Kranen macht es heute der nächsten Generation von Filmemacherinnen etwas leichter – zum Beispiel Frauen wie die Regisseurin Mascha Schilinski, deren Film gerade der einzige deutsche Beitrag im Hauptwettbewerb der Filmfestspiele in Cannes ist.
„Es gibt heute viel mehr Frauen, die in der Branche arbeiten, in den unterschiedlichsten Gewerken. Frauen, die sichtbarer und hörbarer sind. Und das hat ganz viel mit den Kämpfen zu tun und mit dem langen Atem, den so viele, insbesondere Frauen, über die letzten Jahrzehnte gehabt haben.“
Vor knapp 20 Jahren wurde die „Feminale“ dann mit dem Dortmunder Festival „Femme total“ zum „Internationalen Frauenfilmfest Dortmund-Köln“ zusammengelegt. Da hatte sich Marion Kranen aber schon zurückgezogen, arbeitete als Journalistin für den Hörfunk und schrieb Filmkritiken. Und als eine Kollegin ihr erzählte, dass sie an einem Projekt zur Kölner Filmgeschichte arbeitet, war sie sofort begeistert: „Ich fand die Idee sehr spannend, die Stadtgeschichte auch in Bezug zur Filmgeschichte zu sehen – und andersherum“.
Obwohl sie zu der Zeit schon lange Kölnerin war, habe sie durch „Köln im Film“ nochmal viel entdeckt, eine ganz neue Perspektive auf die Stadt gewonnen: „Ich finde tatsächlich alte Filme spannend als Teil von Film- oder Mediengeschichte. Wie über Themen oder Menschen gesprochen wird, was in den Fokus genommen wird, das hat sich in den Jahrzehnten so stark verändert und geht weit über Köln hinaus.“
In Köln gab es übrigens nicht nur das erste feministische Filmfestival in Deutschland, sondern 1896 auch die allererste Filmvorführung. Und kurz danach auch schon die ersten Aufnahmen aus der Stadt. „Das macht noch keine Filmstadt aus und auch keine Medienstadt, aber es setzt erstmal einen Punkt, von dem aus man weiter recherchieren kann und schauen, wie sich das entwickelt hat.“
Filme bringen die Menschen ins Gespräch und ermöglichen uns, unterschiedliche Perspektiven, Welten und Fantasien kennenzulernen
Nach dem zweiten Weltkrieg prägte dann der WDR die Stadt. Und in den Archiven des Senders findet sich „tolles Material aus dieser Zeit, wo die neue Bundesrepublik filmisch dokumentiert oder repräsentiert wurde“. Später siedelten sich Privatsender wie RTL an. Dass NRW und damit auch Köln sich als Medienstandort beziehungsweise –Stadt definiert, habe historisch auch mit dem Strukturwandel im Ruhrgebiet zu tun, erzählt Marion Kranen.
Bei all den geschichtlichen Tiefenbohrungen sitzt der Verein nicht zufällig im Kölnischen Stadtmuseum, mit dem es auch schon lange eng zusammenarbeitet. „Für die neue Dauerausstellung beispielsweise haben wir Filmausschnitte zu den einzelnen Kapiteln der Stadtgeschichte ausgewählt. Und die Ausstellung „Großes Kino“ 2016 war eine wirklich ganz besondere Kooperation, angestoßen durch unser Buch zur Kölner Kinogeschichte.“
Ich finde alte Filme als Teil von Film- oder Mediengeschichte spannend
Der Verein bewahre das filmkulturelle Erbe der Stadt: „Wir sind sowas wie ein Schaufenster für die Film- und Stadtgeschichte. Ohne das Engagement derer, die für den Verein arbeiten, gäbe es nicht dieses inzwischen wirklich umfangreiche Wissen und die umfangreiche Darstellung dessen, was in Köln, über Köln produziert und in Bildern erzählt wurde“.
Sich selbst hätte sie eigentlich nie als „Kulturmanagerin“ wahrgenommen, sagt Marion Kranen über die Auszeichnung. Aber eigentlich treffe der Begriff sehr gut das, was sie mache: „Projektmittel akquirieren, abrechnen, das Ganze im Blick behalten, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit machen, Netzwerkarbeit. Aber gleichzeitig eben auch Kuratieren, also die inhaltliche Seite.“
Nostalgisch ist die 66-Jährige übrigens überhaupt nicht. Denn sie glaubt nicht an den Niedergang des Kinos, der regelmäßig vorhergesagt wird. Und ist überzeugt, dass Kino ein ganz eigener Raum für das Filmschauen bleibt. „Eben nicht auf dem Sofa sitzen zu bleiben und auf einen Bildschirm starren. Sondern rauszugehen und über das Gesehene zu sprechen.“ Und deswegen kämpft Marion Kranen dafür, die Filmkultur am Leben zu erhalten: „Weil Filme die Menschen ins Gespräch bringt und uns ermöglichen, unterschiedliche Perspektiven, Welten und Fantasien kennenzulernen.“
Marion Kranen wird für ihr langjähriges und leidenschaftliches Engagement für Köln im Film vom Kölner Kulturrat als Kulturmanagerin des Jahres 2024 ausgezeichnet.
Der Kölner Kulturpreis wird am 20. Mai 2025 bereits zum 15. Mal verliehen. Seit 2010 zeichnet der Preis herausragende Persönlichkeiten, Projekte und Initiativen aus, die das kulturelle Leben in Köln bereichern.