Der Dirigent Mäkelä kann mit dem Concertgebouw Orchestra nicht durchgängig überzeugen. Geigerin Jansen untermauert ihren Status als Weltstar.
Saisoneröffnung der Kölner PhilharmonieWird hier ein Talent frühzeitig verbrannt?

Eröffnungskonzert der neuen Philharmonie-Spielzeit mit Klaus Mäkelä und Janine Jansen
Copyright: Heike Fischer
Applaus gibt es gewöhnlich erst am Ende eines Konzerts nach getaner Arbeit. Zur Eröffnung der neuen Saison in der ausverkauften Kölner Philharmonie wurde die neue Intendantin Ewa Bogusz-Moore von der scheidenden Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit guten Wünschen sowie vom Publikum mit herzlichem Applaus begrüßt: ein warmer Willkommensvorschuss für die Arbeit der nächsten Jahre. Die aus Polen stammende Cellistin und Kulturmanagerin war bereits als Zehnjährige auf ihrer ersten Deutschlandreise in Köln, wo sie den Wunsch hatte, dereinst in der Philharmonie aufzutreten, wie sie auf Deutsch berichtete. Statt mit dem Cello tat sie es nun als Intendantin des Hauses.
Eingeläutet wurde der Saisonstart mit Mozarts früher „Pariser Sinfonie“. Die Musik ist mit Pauken und Trompeten prachtvoll instrumentiert und lebt in den Ecksätzen von launigen Kontrasten, Wendungen und Figuren. Die Musik ist galant, verspielt und witzig im Sinne des 18. Jahrhunderts von überraschend, originell, geistvoll, pointiert.
Impulsiven Sprünge und raumgreifende Bewegungen
Im Andante-Mittelsatz wirkten Dirigent und Orchester jedoch plötzlich wie ausgeknipst. Der Satz tröpfelte zäh, langatmig, lustlos. Es fehlte an charaktervoller Tongebung und beredter Phrasierung. Das Allegro-Finale verlieh dem Apparat dann wieder eine Adrenalin-Spritze. Was war los? Wie konnte es zu einem solchen Einbruch kommen?
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Klaus Mäkelä dirigierte das Royal Concertgebouw Orchestra mit geradezu explosiver Gestik. Aus statischem Verharren setzte der finnische Dirigent immer wieder zu impulsiven Sprüngen und raumgreifenden Bewegungen an. Im Jahr 2020 wurde er mit 24 Jahren Chefdirigent von Orchestern in Oslo und Paris.
In zwei Jahren wird der heute 29-Jährige sowohl Chef des Concertgebouw Amsterdam als auch Musikdirektor des Chicago Symphony Orchestra. Er gilt als neuer Stern im internationalen Konzertleben. Doch sein Kölner Gastspiel weckte Zweifel. Wird hier ein Talent frühzeitig verbrannt? Braucht es wirklich die alte Kapellmeister-Theatralik, herrisch und imperial gebietend, um Musik zu machen?
Janine Jansens exzellentes Spiel dominierte Orchester und Dirigent
Der Pathetiker liebt es schnell, laut, rhythmisch, wild. Vor allem bei Béla Bartóks Konzert für Orchester schlug er sichtbar Funken. Doch ein Feuerwerk verbindet einzelne Raketen zu größeren Figuren und Dramaturgien. Bei allem Leisen, Ruhigen, Stillen, Zarten fällt dem Dirigenten kaum mehr ein als stupide Takt zu schlagen.
Auch Pausen wirken bei ihm oft nur wie Stillstand und Lücken im Klangfluss, statt Spannung zu halten und für Nachfolgendes aufzubauen. Mäkeläs Interpretationen fehlt es an Mikrodramaturgie, Detailarbeit, Atem, Bogen, Formgebung und organisch sich entfaltender Klangrede.
Überragend gelang gleichwohl Sergej Prokofjews erstes Violinkonzert dank Weltklasse-Geigerin Janine Jansen, deren exzellentes Spiel Orchester und Dirigent dominierte. Gleich zu Anfang legten die Streicher einen weich flirrenden Seidenteppich aus, auf dem die Solovioline fortan schwebte und tanzte, virtuos brillierte, stolz triumphierte, sang und klagte. Handelte es sich bei diesem dauermonologisierenden Solopart um eine Person, hielte man diese für äußerst exzentrisch und egoman. Erst im Finale begegnen sich Solo und Tutti annähernd auf Augenhöhe.
Die aktuelle Spielzeit wurde noch von Louwrens Langevoort geplant. Die neue Intendantin Ewa Bogusz-Moore wird mit gleichbleibendem Etat eigene Ideen erst ab der Saison 2026/27 umsetzen. Unterstützung für einen Relaunch des von der Stadt liquidierten Festivals Acht Brücken erhält sie unter anderem vom Kuratorium Köln Musik, das die Philharmonie seit 35 Jahren finanziell unterstützt.
Der Vorsitzende des Vereins Detlef Grimm betonte, dass ihm das Festival sehr am Herzen liege. Man habe es bis 2025 mit insgesamt zwei Millionen Euro unterstützt und würde es in Zukunft gerne erneut fördern. Es mehren sich hoffnungsvolle Signale, dass es im Mai 2027 neue Acht Brücken geben könnte, nach Plänen von Bogusz-Moore dann in Verbindung mit aktuellem Tanz und Theater.