Massiver krimineller Hintergrund?Polizei führt Razzien in Barber-Shops durch

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Ein Mann im Barbershop (Symbolbild)

  • Allein in Köln gibt es Schätzungen zu Folge 150 Barber-Shops.
  • Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks wies in einem internen Schreiben darauf hin, dass es in vielen Shops deutschlandweit „vermutlich einen massiven kriminellen Hintergrund“ gebe.
  • Auch in den Parteien wird über die Thematik gesprochen.

Düsseldorf – Barber-Shops, in denen sich Männer ihre Bärte schneiden lassen können, erleben in vielen Städten einen Boom. Manche von ihnen machen allerdings einen zum Teil dubiosen Eindruck. Mikel Engels, Obermeister der Friseurinnung Köln, sagt: „Es gibt immer wieder Spekulationen darüber, dass dort nicht alles mit rechten Dingen zugeht.“

Allein in Köln gibt es Schätzungen zu Folge 150 Barber-Shops. Es gebe Gerüchte darüber, dass Beschäftigte, die den Beruf nicht erlernt hätten, „dort ihre Schulden bei kriminellen Clans abarbeiten müssen oder dass dort Geld gewaschen wird“, sagt Engels. Belege dafür habe er nicht, aber diese Vorgänge ließen sich auch nur schlecht nachweisen: „Die meisten Friseure möchten sich nicht mit den Barbern in ihrer Nachbarschaft anlegen. Schließlich lässt sich die Gewaltbereitschaft nicht einschätzen.“

Marco führt seit sechs Jahren den „Barbershop Cologne“ im Belgischen Viertel. Der Kaufmann ärgert sich darüber, dass es viele schwarze Schafe gibt. „Die schaden dem Ruf der ganzen Branche“, sagt der Inhaber des Shops. „Wenn Du nur acht Euro für den Haarschnitt nimmst, kannst Du abends schlecht 2000 Euro in der Kasse haben. Es liegt auf der Hand, dass da Geld gewaschen wird. Leider gibt es viel zu wenig Kontrollen. Das erleichtert den Kriminellen das Handwerk.“

Alles zum Thema Herbert Reul

Razzien in Berlin und Essen

In Berlin und Essen hatte die Polizei in den vergangenen Wochen Razzien gegen Barber-Shops durchgeführt. Der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks wies in einem internen Schreiben darauf hin, dass es dort „vermutlich einen massiven kriminellen Hintergrund“ gebe. „Bei unseren Mitgliederversammlungen höre ich immer wieder Klagen über ein unlauteres Geschäftsgebaren der Barber-Shops“, sagt Marc Ringel, Geschäftsführer des Friseur- und Kosmetikverbands NRW. „Über einen Kamm scheren kann man die Betriebe aber nicht.“

Das Phänomen Barber-Shops sorgt nicht nur für Diskussionen innerhalb der Branche. Es beschäftigt auch den Landtag. Die SPD wirft NRW-Innenminister Herbert Reul vor, einen populistischen Feldzug gegen die oft tätowierten Betreiber zu führen und „rechte Klischees“ zu bedienen. Der Hintergrund: Kunden und Bartschneider haben ganz überwiegend einen Migrationshintergrund.

SPD kritisiert Reul

Grund für die Kritik der SPD ist eine Stellungnahme des Reul-Ministeriums zu den Razzien. Eine Sprecherin hatte erklärt: „Erste Erkenntnisse zeigen, dass sogenannte Barber-Shops im Einzelfall von kriminellen Clanmitgliedern betrieben und durch das Clan-Milieu als Treffpunkt und Rückzugsmöglichkeit genutzt werden. Aktuelle Fallzahlen diesbezüglich liegen allerdings nicht vor.“

Laut Innenministerium stellen die „Barber-Shops“ „eine neue Entwicklung im Friseurhandwerk“ dar. Sie würden sich im Leistungsprofil kaum von einem herkömmlichen Friseur unterscheiden. „Das Handeln krimineller Clanangehöriger zeichnet sich durch flexible Aktivitäten in verschiedenen Bereichen aus“, so die Behörde. Nach Auskunft der Polizei liegen in Köln „keine Erkenntnisse im Zusammenhang zwischen Barber Shops und Geldwäsche vor“. Auch NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) erklärte, ihm lägen nach einer Abfrage bei den Staatsanwaltschaften keine Hinweise darüber vor, ob Barber-Shops von kriminellen Clans betrieben würden.

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„Die Regierung darf nicht ganze Berufszweige öffentlich stigmatisieren, wenn es keine Anhaltspunkte für Straftaten gibt“, kritisiert Sven Wolf, Vize-Fraktionschef der SPD im Landtag. Er verwies auf die Gefahr des Rechtsterrorismus: „Wenn Hanau uns etwas gezeigt hat, dann dass die rechte Szene auf solche PR-Kampagnen reagiert. Wir Demokraten müssen uns hüten, die Masche der Rechten zu befeuern.“

Reul wirft nun der SPD seinerseits eine medienwirksame Inszenierung vor. Es handele sich um einen „Scheindebatte“. Nicht er habe sich geäußert, sondern seine Pressestelle – und zwar „rein reaktiv ihm Rahmen ihrer Auskunftspflicht nach Landespressegesetz“.

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