Zu Lockerungen in der Corona-KriseJetzt beginnt die Phase der Eigenverantwortung

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Lockerungen NRW

Am 7. Mai öffnen in NRW wieder die Spielplätze.

  • Angela Merkel und Armin Laschet haben den Fahrplan zu weitgehenden Lockerungen in der Corona-Krise vorgestellt.
  • Angesichts sinkender Infektionszahlen sollen damit tiefgreifende soziale und wirtschaftliche Schäden verhindert werden.
  • Umso wichtiger ist es jetzt, dass jeder Einzelne von uns verantwortungsbewusst mit den neuen Freiheiten umgeht, findet Carsten Fiedler.

Die Corona-Krise tritt in eine neue Phase ein. Bund und Länder haben sich auf einen umfangreichen Plan zur Aufhebung der seit März geltenden Beschränkungen verständigt. Auch bei den Kontaktverboten kehrt schrittweise die Normalität zurück. Der große Pandemie-Schock, der in die kollektive Erinnerung eingehen wird, ebbt langsam ab. Ein Aufatmen geht durchs Land. Doch eine neue Phase ist nicht das Ende der Krise.

Angesichts des immer flacheren Anstiegs der Infektionszahlen seit dem Lockdown waren die massiven Eingriffe in Grundrechte nicht länger vertretbar. Die Menschen haben ganz überwiegend bewiesen, dass sie verantwortungsvoll mit Abstandsregeln und anderen Schutzvorkehrungen umgehen. Ihre Vernunft zahlt sich jetzt aus. Wären die Ansteckungszahlen weiter drastisch gestiegen, hätte es keine Lockerungen geben können. 

Geordneter Weg aus dem Lockdown ist wichtig

Weil sich die Einsicht in die Notwendigkeit erst einmal durchsetzen musste – die Katastrophenerfahrungen anderer Länder haben dazu beigetragen –, war die Striktheit am Beginn der Krise richtig. Die Menschen brauchten Zeit. Wer hätte es noch vor Ostern für möglich gehalten, dass heute eine Maskenpflicht gelten – und eingehalten werden würde? 

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Unterdessen ist es genauso richtig, mit einem geordneten Plan zu Lockerungen zu kommen, um noch größere soziale und wirtschaftliche Schäden abzuwenden. Gleichzeitig muss aber eindringlich daran erinnert werden, dass das Virus damit nicht weg ist. Es beginnt jetzt die Phase der Eigenverantwortung.

Neuinfektionen pro Einwohner als neue Kennzahl

In dem Maße, in dem staatliche Auflagen und sanktionsbewehrte Verbote wegfallen, ist nun jeder Einzelne für die Einhaltung der weiterhin geltenden Regeln verantwortlich. Das ist deshalb so schwierig, weil die tägliche Corona-Statistik an Dramatik verliert. Das verleitet zu einem gefährlichen Fehlschluss: Ist die Lage lockerer, dürfen wir auch das Leben lockerer nehmen. Schaffen wir es als Gesellschaft und als Individuen, nicht in diese Falle zu tappen?

Von der Antwort auf diese Frage hängt es ab, ob die Gefahr zu bändigen, die neue Freiheit von Dauer sein wird. Um eine zweite große Infektionswelle zu verhindern, haben sich Bund und Länder auf eine Obergrenze bei den Neuinfektionen verständigt. Mit dieser Kennzahl kann die Politik künftig regional reagieren. Eine pragmatische Lösung – und zugleich eine Mahnung, achtsam zu bleiben. 

Länder bei Beschränkungen zu uneinig

Derzeit sind die Kommunen in NRW von der kritischen Marke weit entfernt. Deutschland insgesamt hat die Krise bislang deutlich besser überstanden als viele andere Länder. Das lag auch an einem weitgehend gemeinsamen Kurs von Bund und Ländern beim Lockdown. Der Schulterschluss der Regierenden sorgte bei den Bürgern für die nötige Akzeptanz, die jetzt den geplanten Rückweg in die Normalität überhaupt erst ermöglichte.

Bei den ersten Schritten, die jetzt beschlossen wurden, war es mit der Einigkeit der Länder dann schon nicht mehr weit her. Ausgerechnet Bayern, das lange die angeblich zu forsche Gangart von NRW kritisiert hatte, preschte vor. Das Wirrwarr der Konzepte schwächt unnötig die Plausibilität aller Beschränkungen, die weiterhin gelten sollen. 

Laschets Ansatz stellte sich als richtig heraus

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hat in seinem Krisenmanagement stets betont, dass die Grundrechte und die persönlichen Freiheiten im Blick bleiben müssten. Sein Drängen, den Menschen Schritt für Schritt die Freiheit zurückzugeben und sie dabei in die Verantwortung zu nehmen, hat sich am Ende als der kompatibelste Ansatz herausgestellt. 

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Im Lockerungs-Wettlauf dieser Woche hat Laschet sich zurückgehalten. Er wollte Angela Merkels Autorität nicht weiter untergraben. Eine politisch angeschlagene Kanzlerin ist nicht gut für das Land, aber auch nicht für die Union, die das Kanzleramt über 2021 hinaus behaupten will. Als Initiator der Öffnungsdiskussion dürfte Laschet im internen Rennen um die Kanzlerkandidatur Boden gut gemacht haben. Viel hängt nun auch in dieser parteitaktischen Frage davon ab, wie sich die Epidemie weiter entwickelt. In der Krisenbewältigung haben wir alle jetzt Spielraum gewonnen, mit dem wir verantwortungsvoll umgehen sollten.

Solange es keinen Impfstoff gibt, bleibt das Infektionsrisiko hoch. Es gilt, maßvoll voranzugehen – und notfalls dort, wo die Infiziertenzahlen wieder stärker steigen, auch erneute Rückschritte in Kauf zu nehmen. So wie die Maßnahmen zunächst Woche für Woche restriktiver wurden, so muss jetzt sukzessive geöffnet und überprüft werden.

Den mühsam errungenen Erfolg durch Disziplin- oder Gedankenlosigkeit zu verspielen, wäre ein Drama, ein Irrsinn. 

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