Kölner Experte über Lockdowns„Bei Inzidenzwert von mehr als 150 unverzüglich handeln”

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Karl Lauterbach

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach

  • Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach spricht sich im Interview für verschärfte Maßnahmen aus.
  • Außerdem verteidigt er die Inzidenzwerte gegen den Vorwurf, willkürlich gesetzt worden zu sein.
  • Er hat konkrete Forderungen für Gebiete mit Inzidenzwerten über 100 oder über 150.
  • Lesen Sie hier das ganze Interview.

Herr Lauterbach, in der Politik wird der Wunsch laut, Corona-Maßnahmen nicht nur am Inzidenzwert festzumachen. Was halten Sie davon? Lauterbach: Wer so etwas fordert, verkennt den Ernst der Lage jetzt. Das Infektionsrisiko verringert sich nicht, indem man die Parameter ändert. Die festen Größen, an denen wir uns orientieren müssen, sind die Infektionszahlen und die Altersstruktur der Gesellschaft. Eine Verbreiterung dieser Indikatoren wäre nicht zielführend und gefährlich.

Warum?

Weil man die Menschen in einer falschen Sicherheit wiegen würde. Durch eine Verbreiterung der Indikatoren würden die Warnampeln in vielen Kommunen wieder auf „grün“ springen. Wenn in der Folge dann eigentlich notwendige Beschränkungen wieder aufgehoben werden, kann das dazu führen, dass die Situation aus dem Ruder läuft.

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Ist die Anzahl der freien Intensivplätze nicht auch eine Größe, die es bei der Lagebeurteilung zu berücksichtigen gilt?

Die Zahl der freien Betten sagt nichts über die Verbreitung des Virus aus. Die Sterblichkeit bei Covid-Erkrankungen liegt in Deutschland wegen des hohen Anteils älterer Menschen bei einem Prozent. Diese Quote lässt sich auch durch die Bereitstellung einer hohen Zahl von freien Intensivbetten nicht senken. Wer verhindern will, dass es in den Risikogruppen eine hohe Sterblichkeit gibt, muss verhindern, dass sie an dem Virus erkranken.

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Kritiker behaupten, die Inzidenzrichtwerte von 35 und 50 seien aus der Luft gegriffen…

Das stimmt nicht. Die Zahlen beziehen sich auf Leistungsfähigkeit der Gesundheitsämter bei der Nachverfolgung von Infektionsketten. Hier wird es bei 35 Fällen pro 100.000 Einwohnern kritisch, bei 50 können die Behörden an ihre Grenzen. Ich halte diese Werte für nachvollziehbar.

Ab wann wird es denn lokale Lockdowns geben?

Wenn sich die Zahlen so weiter entwickeln, muss man davon ausgehen. Für die Verhängung lokaler Lockdowns gibt es keine Richtwerte. Meiner Meinung nach sollten die Kommunen ab einer Inzidenzzahl von 100 darüber nachdenken, welche zusätzlichen Kontaktbeschränkungen sinnvoll sein können. Bei einem Inzidenzwert von mehr als 150 sollte meines Erachtens unverzüglich gehandelt werden.

Das Gespräch führte Gerhard Voogt

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