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Messerstecher in HerzogenrathMann soll zehn verschiedene Alias-Namen benutzt haben

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Die Polizei ermittelt nach dem Anschlag.

Herzogenrath – Die Attacke erfolgte ohne wortreiche Ankündigung. Ein 31-jähriger irakischer Flüchtling zückte gegen 7.40 Uhr am Freitagmorgen im Euregio-Zug nahe Herzogenrath im Aachener Raum eine Art Küchen-Messer und attackierte mehrere Mitreisende. Gleich mehrfach fügte der Täter sechs Opfern Schnittwunden an Kopf und Händen zu. Einem von ihnen stach er in die Schulter. Dabei soll er nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ einem späteren Zeugen auf arabisch zugerufen haben: „Ich handele im Auftrag von…“

Weiter kam er wohl nicht. Ein 60-jähriger Bundespolizist, der sich auf dem Weg zu seiner Dienststelle nach Aachen befand, erkannte die Gefahrensituation und griff mit zwei Passagieren beherzt ein. Er überwältige den Messerstecher, warf ihn zu Boden und fixierte ihn. Am nächsten Bahnhof wurde der Mann den Landesbehörden übergeben. Die Verletzten, allesamt schwebten nicht in Lebensgefahr, wurden in die Krankenhäuser gebracht. Auch der Tatverdächtige. Dies allerdings nur, weil er Fieber hatte.

Reul ging von einer Amok-Tat aus

Die zuständigen Kölner Staatsschützer prüfen derzeit ein islamistisches Motiv. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) berichtete am Freitag zunächst, dass man von einer Amok-Tat ausgehen müsse. Das grausame Verbrechen sei „wahllos und willkürlich“ erfolgt, das einzig „in einem Akt enormen Mutes gestoppt werden konnte“. Den Angaben zufolge befanden sich zum Zeitpunkt der Messerattacke in dem Zug etwa 270 Fahrgäste.

Der Täter reiste nach Informationen dieser Zeitung im Zuge der Flüchtlingswelle 2015 nach Deutschland ein. Er kam offenbar in eine Unterkunft im Niederrheinischen. Im Jahr 2017 geriet der Beschuldigte ins Fadenkreuz der Staatsschützer, avancierte zum Prüf-Fall Islamismus, die auf Hinweise aus dem Flüchtlingsheim zurückgingen. Nach Angaben von Mitbewohner habe sich der Mann binnen Monaten stark verändert. Er ließ sich einen Bart wachsen, „und hatte sich von seinen Zimmergenossen stark isoliert“, so Reul. Auch soll der Iraker zehn verschiedene Alias-Namen benutzt haben.

Ähnlich wie der der islamistische Terrorist Anis Amri, der 2016 mit einem Lkw in Berlin elf Menschen tötete. Doch das Polizeipräsidium Krefeld, das damals zuständig war, fand keine Hinweise auf eine extremistische Einstellung des Migranten.

Polizei geht von psychischen Problemen aus

Nach dem Messerangriff prüfen die Kölner Ermittler einen Terrorhintergrund. Die Nachforschungen wurden allerdings erschwert, weil man zunächst den aktuellen Wohnort herausfinden musste. Über das Ergebnis etwaiger Durchsuchungen wurde bisher nichts bekannt. Folglich auch nicht auf Hinweise, ob der Messerstecher alleine handelte. Aus Polizeikreisen hieß es jedoch, dass man eher von einem psychischen Problem des Delinquenten ausgehe.

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Am Abend meldete eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Aachen „für ein islamistisches Motiv der Tat“ bislang „nichts Belastbares“ gefunden zu haben. Es gebe aber Anhaltspunkte, die die Schuldfähigkeit des Verdächtigen infrage stellen. Deswegen werde diese nun geprüft. Ermittelt werde wegen eines versuchten Tötungsdelikts. Spätestens am Samstag werde entschieden, ob gegen den Mann Haftbefehl oder etwa die Unterbringung in einer Psychiatrie beantragt wird. (mit dpa)