Laschet-NachfolgeAuch Oppositionspolitiker wählen Wüst zum Ministerpräsidenten

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Hendrik Wüst leistet den Amtseid neben Landtagspräsident André Kuper.

Düsseldorf – Auch wenn sich die Abgeordneten der Regierungsfraktionen von CDU und FDP vor Beginn der Plenarsitzung sicher sind, dass alle vollständig für Hendrik Wüst stimmen werden. Die Restspannung löst sich um 14.11 Uhr, als Landtagspräsident André Kuper das Wahlergebnis verkündet: Nordrhein-Westfalen hat einen neuen Ministerpräsidenten. Mit 103 Stimmen, drei mehr als die Regierungsmehrheit, wird der 46-Jährige gewählt.

„Diese Wahl berührt mich und ich bin dankbar für das Vertrauen“, sagt Wüst in seiner ersten Rede und dankt seinem Vorgänger Armin Laschet. „Zuhören, entscheiden, handeln. Das ist seit jeher Dein Leitsatz, der Dich und Deine Arbeit prägt. Der Gedanke, Menschen zusammenzuführen, hat Dich und Deine Arbeit ausgezeichnet. Daran will ich anknüpfen“, sagt Wüst. „Danken will ich meiner Familie, meiner Frau Katharina und meiner Tochter Philippa, auch wenn sie noch sehr klein ist. Sie ist meine tägliche Glücksquelle und Motivation, dieses Land jeden Tag ein bisschen besser zu machen.“

Laschet spricht über Leitlinien

Frau und Tochter sitzen zusammen mit den Großeltern und einer Abordnung aus seiner Heimatstadt Rhede im Münsterland auf der Besuchertribüne. Tochter Philippa ist durchaus zu hören. Wüst hält nach seiner Stimmabgabe Ausschau nach ihr und kehrt dann an seinen Platz in der ersten Reihe der CDU-Fraktion neben seinem Vorgänger Laschet zurück. Ein paar Minuten wird auch von ihm die Anspannung abfallen. Landtagspräsident Kuper überreicht ihm einen Blumenstrauß in den Landesfarben.

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In seiner Abschiedsrede vor dem Landtag spricht Armin Laschet von den Leitlinien, die sein politisches Leben geprägt haben. Jede Rolle in einem Parlament sei gleichermaßen wichtig. „Die Opposition, die den Finger in die Wunde legt, die kritisch nachfragen muss und die Regierung, die mit ihrer Macht verantwortungsvoll umgehen muss.“ Er habe in den 16 Jahren aber auch erlebt, dass eine Opposition „nicht der Versuchung erlegen darf, Ressentiments und Hass zu schüren.“ Das sei in der Flüchtlingskrise 2015 gelungen. Dort sei die Grundlinie der damaligen Regierung von allen unterstützt worden. „Das war mir wichtig.“

Laschet dankt Rita Süssmuth

Gleiches gelte auch für die Regierung. „Es hat noch keine Landesregierung und kein Ministerpräsident so viel Macht ausüben können wie diese Regierung auf dem Höhepunkt der Coronakrise“, so Laschet. „Noch nie wurden so viele Grundrechte außer Kraft gesetzt. Dann aber nicht in Allmachtsfantasien verfallen, sich selbst auch immer wieder zu hinterfragen.“ Die Landesregierung sei einen eigenen Weg von „Maß und Mitte“ gegangen. „Man mag das außerhalb des Landes als Zögern deuten. Wir sind im Einklang mit der Verfassung durch diese Pandemie gegangen.“

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Besonders dankt Laschet seiner ehemaligen Chefin Rita Süssmuth, der früheren Bundestagspräsidentin, die auf der Landtagstribüne den Abschied verfolgt. Laschets politische Karriere hat mit 26 Jahren als Redenschreiber in ihrem Büro angefangen.

„Es gibt nicht nur angenehme Momente in diesem Amt“

Drei Dinge, so Laschet weiter, hätten sein Leben in der Landespolitik in den 16 Jahren bestimmt. Die Zeit als Integrationsminister, ein neues Amt, das er 2005 übernahm. Seit 2001 sei es Konsens aller Fraktionen im Landtag gewesen, „dass man Integrationspolitik gemeinsam angehen muss“.

Prägend sei auch der permanente Strukturwandel gewesen. Der Beschluss zum Ausstieg aus der Steinkohle im Jahr 2007, der elf Jahre später mit der Schließung der letzten Zeche Prosper Haniel in Bottrop „ein bewegendes Ende gefunden hat“. 2019 habe man dann einen erneuten Strukturwandel in der Braunkohle eingeleitet. „Wir haben in der letzten Leitentscheidung die Möglichkeit geschaffen, dass die Dörfer vielleicht doch noch zu retten sind.“ Es sei nicht leicht gewesen, in Berlin den Kohleausstieg zu beschließen und sich am nächsten Tag mit dem Gewerkschaftschef vor die Bergleute zu stellen und dessen Folgen zu erklären. „Es gibt nicht nur angenehme Momente in diesem Amt“, so Laschet.

Erste Regierungserklärung am kommenden Mittwoch

Er habe versucht, den Beneluxvertrag aus der Ära des Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers mit Leben zu erfüllen. „In der Coronakrise haben wir erlebt: Wenn man solch vertrauensvolle Beziehung hat, kann man es schaffen, auch ohne die Schließung von Grenzen auszukommen.“ Das sei längst nicht allen Bundesländern der Fall gewesen.

Am kommenden Mittwoch wird Hendrik Wüst im Landtag seine erste Regierungserklärung abgeben. Laschets letzter Termin im Landtag ist angenehmer. Am Nachmittag wird in der „Ahnengalerie“ der CDU-Fraktion sein Porträtfoto aufgehängt.

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