NRW-CheckSpannung für den Endspurt bis zur Landtagswahl

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Köln – Die politische Stimmung in Nordrhein-Westfalen kurz vor der Landtagswahl am 15. Mai macht den Schlussspurt der Parteien außergewöhnlich spannend. Wie der aktuelle „NRW-Check“, eine Umfrageserie des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und weiterer 38 Tageszeitungen aus Nordrhein-Westfalen, zeigt, werden schon geringe Verschiebungen der Kräfteverhältnisse am Wahltag entscheidend sein für die Bildung der künftigen Regierung. Das Institut Forsa befragte 2006 Wahlberechtigte aus NRW in der Zeit vom 19. bis 26. April.

In der „Sonntagsfrage“ erreicht die CDU jetzt 32 Prozent. Sie macht damit vier Punkte gegenüber der SPD gut, die Mitte April noch mit der Union gleichgezogen hatte. Die Sozialdemokraten verlieren zwei Punkte und landen bei jetzt 28 Prozent. Die Grünen kommen auf 17 Prozent (minus 1), die FDP auf 7 Prozent minus 1) und die AfD auf unverändert 6 Prozent. Die Linkspartei gewinnt einen Punkt hinzu, scheitert aber mit drei Prozent immer noch deutlich die Fünf-Prozent-Hürde.

Verschiedene Koalitions-Optionen

Mit diesem Ergebnis wäre die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf klar abgewählt. Weiterregieren könnte die CDU aber mit den Grünen. Für ein rot-grünes Bündnis reicht es nach den gegenwärtigen Zahlen – wenn überhaupt – nur hauchdünn. Allerdings könnte die SPD zusammen mit der FDP und den Grünen eine Ampelkoalition nach Berliner Vorbild bilden. In der Ministerpräsidenten-Präferenz liegt Amtsinhaber Hendrik Wüst (CDU) mit 35 Prozent nur noch acht Punkte vor seinem SPD-Herausforderer Thomas Kutschaty.

Alles zum Thema Hendrik Wüst

Damit hat sich der Abstand zwischen den beiden Bewerbern um das Amt des Regierungschefs im Vergleich zur vorigen Abfrage im März-„NRW-Check“ halbiert. Dies liegt daran, dass Kutschatys Rückhalt bei den SPD-Anhängern, aber auch in der Wählerschaft der Grünen deutlich gewachsen ist. Im März hätten sich nur 52 Prozent der SPD-Anhänger und 36 Prozent der Grünen-Anhänger für Kutschaty entschieden.

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Inzwischen ist dieser Anteil bei den SPD-Anhängern auf 73 Prozent und bei den Grünen-Anhängern auf 51 Prozent gestiegen. Allerdings ist die Unterstützung für Wüst unter den CDU-Anhängern mit 92 Prozent weiterhin deutlich stärker.

Wichtige Themen für die Wahlentscheidung

Als Themen, die für die eigene Wahl besonders wichtig seien, nennen die Bürgerinnen und Bürger vor allem die Versorgung mit sicherer und bezahlbarer Energie, die Folgen von Preissteigerung und Inflation sowie die Situation an den Schulen des Landes.

Eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielen die Lage am Arbeitsmarkt, die Zuwanderungspolitik und die Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Die drängendsten Probleme in NRW

Der Krieg in der Ukraine mit seinen Wirkungen auf das Alltagsleben hat sich in der Problem-Wahrnehmung der Menschen in Nordrhein-Westfalen an die Spitze geschoben. Insbesondere Preissteigerungen, Inflation und die Wirtschaftslage allgemein beschäftigen die Bürgerinnen und Bürger. Im „NRW-Check“ wird der Krieg selbst nicht mehr so häufig genannt wie noch im März, kurz nach dem Überfall der russischen Armee auf das Nachbarland. Erstmals kommt in der April-Umfrage aber die Gefährdung der Energieversorgung als Problem für NRW in den Blick.

Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, dass der eigene Haushalt durch die steigenden Energiepreise stark belastet werde. In der Frage, ob Deutschland vollständig auf russisches Erdgas verzichten sollte, auch wenn dies zu Engpässen und einer erheblichen Verteuerung bei der Versorgung mit Gas in Deutschland führen würde, ist das Meinungsbild geteilt: 44 Prozent der Wahlberechtigten sprechen sich für, ebenso viele gegen einen Verzicht auf russisches Erdgas aus.

Corona tritt in den Hintergrund

Demgegenüber tritt Corona immer weiter in den Hintergrund. Zwar nennen immer noch 22 Prozent der Menschen die Pandemie als Problem für das Land. Im „NRW-Check“ vom Dezember 2021 lag der Wert aber noch bei 64 Prozent, im Februar bei 56 und im März bei 36 Prozent.

Als weitere Probleme werden einige Landesthemen wie der Verkehr, die Bildung und der Wohnungsmarkt häufig genannt, andere Fragen wie innere Sicherheit und Kriminalität, aber auch die Infrastruktur allgemein spielen demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle.

Sichere Energieversorgung von hoher Bedeutung

14 Tage vor der Landtagswahl ist der Abgleich dieses Befunds mit den Angaben der Wahlberechtigten zum Einfluss der genannten Themen auf ihre Entscheidung am 15. Mai interessant. Auf den vordersten Plätzen stehen hier die Versorgung mit sicherer und bezahlbarer Energie, Preisentwicklung und Inflation, das Schulsystem und die innere Sicherheit. Am unteren Ende der Skala stehen die Situation am Arbeitsmarkt, die Zuwanderungspolitik und die Pandemie-Bekämpfung.

Dennoch steht die Bevölkerungsmehrheit in der Corona-Politik den getroffenen Entscheidungen kritisch gegenüber: 56 Prozent sind der Ansicht, es hätte eine allgemeine Impfpflicht gegen Corona geben müssen. 57 Prozent halten die Lockerungen nach wie vor für verfrüht. An ein Ende der Pandemie im Sommer glauben ohnehin nur 10 Prozent der Menschen in NRW. 84 Prozent rechnen mit einer weiteren Infektionswelle.

Wenig Zutrauen zur Lösungskompetenz der Parteien

Bei den Kompetenz-Zumessung an die Parteien ist der Anteil derer Dezember zwar stetig gesunken, die keiner Partei zutrauen, mit den Problemen des Landes fertig zu werden. Allerdings hat das keine großen Veränderungen im Parteien-Ranking selbst zur Folge. Derzeit kommt die CDU mit 21 Prozent auf den besten Wert (unverändert im Vergleich zum „NRW-Check“ vom März), die SPD auf 14 Prozent (minus 2), die Grünen auf 9 (plus 2) und die FDP auf 3 Prozent (minus 2).

Demgegenüber muss die amtierende Landesregierung aus CDU und FDP Einbußen bei der Zufriedenheit hinnehmen. Der Wert sank von 46 Prozent im März auf jetzt 41 Prozent. Dementsprechend erhöhte sich der Anteil der Unzufriedenen von 49 auf 54 Prozent. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) liegt zwar per Saldo noch in einem leichten Plus: 43 Prozent der Befragten zeigen sich mit seiner Arbeit zufrieden, 42 unzufrieden. Im vorigen Monat betrug das Verhältnis aber noch 47:37 Prozent.

Unzufriedenheit mit Wohnungsangebot und ÖPNV

Im aktuellen „NRW-Check“ lag ein Schwerpunkt der Befragung auf der Lage am Wohnungsmarkt in Nordrhein-Westfalen und der Verkehrspolitik des Landes. Hier zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen beziehungsweise der Größe der Kommunen, in denen die Menschen leben.

Mit dem Angebot an bezahlbarem Wohnraum zufrieden äußerten sich insgesamt nur der 23 Prozent der Bürgerinnen und Bürger. Fast zwei Drittel (60 Prozent) zeigten sich unzufrieden. Genau so groß ist der Anteil derjenigen, die den Eindruck haben, die Lage am Wohnungsmarkt habe sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. Nur eine verschwindende Minderheit sieht die Situation verbessert.

Großstädter besonders unzufrieden

Besonders negativ fällt die Einschätzung der Menschen entlang der Rheinschiene mit den Großstädten Bonn, Köln und Düsseldorf aus. Hier sind 76 Prozent unzufrieden mit dem Angebot an bezahlbarem Wohnraum, nur 12 Prozent zufrieden. In den Großstädten des Landes mit mehr als 500.000 Einwohnern sind die Zahlenverhältnisse fast identisch 75:16). Am größten fällt die Zufriedenheit in den ländlichen Regionen des Sieger- und Sauerlands (36 Prozent) sowie der Eifel (32 Prozent) aus.

Der Verkehrspolitik des Landes stellen die Menschen in NRW ein schlechtes Zeugnis aus: Nur 19 Prozent gaben an, sie seien zufrieden oder sehr zufrieden. Hingegen zeigten sich 72 Prozent weniger oder gar nicht zufrieden. Die Relation verstärkt sich mit zunehmender Ortsgröße: In Städten und Gemeinden unter 20.000 Bewohnern sind 21 Prozent zufrieden, 61 unzufrieden. In den Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern liegt das Verhältnis von Zufriedenen und Unzufriedenen bei 15:77.

Ruf nach verbessertem ÖPNV-Angebot

Etwas besser ist die Einschätzung der Menschen zur konkreten Verkehrssituation an ihrem Wohnort. Aber auch hier fällt das Mehrheitsvotum (58 Prozent) negativ aus: 58 Prozent halten die Lage für weniger gut oder schlecht, nur 37 Prozent für sehr gut oder gut. Fast zwei Drittel (60 Prozent) halten das Angebot öffentlicher Verkehrsmittel (ÖPNV) in ihrer Stadt oder Gemeinde für unzureichend, einem Drittel (33 Prozent) genügt ist.

Hier kehrt sich das Stimmungsbild mit zunehmender Ortsgröße um. Am schlechtesten schätzen die Bewohner von Kleinstädten die ÖPNV-Versorgung ein: Drei Viertel halten sie für unzureichend. Hingegen sind die Bewohner der Großstädte mehrheitlich (55 Prozent) zufrieden mit dem öffentlichen Verkehrsnetz.

Gefragt nach der Fähigkeit der Parteien, die Probleme in der Verkehrspolitik des Landes zu lösen, reagieren die Menschen ähnlich wie bei der Kompetenz-Zumessung insgesamt: Die weitaus größte Gruppe (40 Prozent) traut keiner Partei eine Lösung zu. 21 Prozent halten die CDU am ehesten für geeignet. Grüne (18 Prozent) und SPD (13 Prozent) tauschen in der verkehrspolitischen Kompetenzzuschreibung die Plätze. Unter den Partei-Anhängern ist das Zutrauen der Grünen-Klientel (74 Prozent) und der CDU-Unterstützer (69 Prozent) vergleichsweise am stärksten ausgeprägt.

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