15 Menschen aus NRW, die ihr Leben riskiert haben, um anderen zu helfen, werden mit der Rettungsmedaille des Landes ausgezeichnet. Alberto ist einer von ihnen.
Helden in NRWZehnjähriger stellt sich Messer-Attentäter entgegen – jetzt wird er ausgezeichnet

November 2022: Bei einem Brand im ersten Obergeschoss eines Hochhauses in Sankt Augustin hat Alexander Rubin einem zweijährigen Jungen das Leben gerettet.
Copyright: Ralf Rohrmoser-von Glasow
Als Daria und Alberto am 28. Februar vergangenen Jahres von der Grundschule nach Hause gehen, kommt plötzlich ein seltsam starr blickender Mann auf sie zugelaufen. Der 22-Jährige zieht ein Messer aus seiner Jacke und sticht auf die neunjährige Daria ein. Alberto, zehn Jahre alt, schreit: „Stopp, stopp!“
Der Junge stellt sich zwischen seine Cousine und dem Angreifer, auf den er mit seinem Schulranzen einschlägt. Der Mann sticht deshalb auch auf Alberto ein. Ein Anwohner versucht, den Kindern zu helfen, schleudert eine Taschenlampe nach dem Täter. Dann taucht plötzlich der in der Nähe wohnende Vater des Rasenden auf, entwaffnet ihn und geht mit ihm davon.
Zehnjähriger schlug mit seinem Ranzen auf den Messerstecher ein
Wenig später wird der Angreifer von der Polizei festgenommen. Den Kindern hat er Verletzungen am Kopf, Oberkörper und an den Händen zugefügt. Im Krankenhaus retten Mediziner in Notoperationen ihre Leben. Die Kleinen trauen sich seit dem Überfall nicht mehr allein aus dem Haus, berichten die Eltern ein Dreivierteljahr später beim Prozess am Landgericht Duisburg.
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Der unter einer Schizophrenie leidende Täter wird vom Gericht dauerhaft in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht. Bei der Urteilsverkündung weint Albertos Vater, berichten Prozessbeobachter. Sein Sohn habe regelmäßig Albträume, sagt er: „Das wird ihn ein Leben lang beschäftigen.“
Der mutige kleine Alberto wird am Freitag ausgezeichnet. Gemeinsam mit 14 weiteren Menschen aus NRW, die ihr Leben riskiert haben, um anderen zu helfen, erhält er von Ministerpräsident Hendrik Wüst die Rettungsmedaille des Landes. Einer der Helden rettete zwei Personen vor dem Ertrinken aus dem Rhein. Neun andere, überwiegend Polizisten und Feuerwehrleute, werden ausgezeichnet, weil sie sich bei einem Rettungseinsatz teilweise lebensgefährlich verletzten.
Polizistin wurde mit Benzin überschüttet und angezündet
Im Mai vergangenen Jahres waren sie nach Ratingen zu einem offenbar geistig verwirrten und hilflosem Mann gerufen. Als niemand öffnete und es aus der von außen chaotisch wirkenden Wohnung penetrant roch, wurde die Tür aufgebrochen. Als sie die Wohnung im zehnten Stock eines Hochhauses betrat, überschüttete der Mieter eine junge Polizistin ohne Vorwarnung mit mehreren Litern Benzin. Die Beamtin rannte geduckt zurück in den Hausflur. „Dann gab es einen Knall“, erinnerte sich einer der Rettungssanitäter vor Gericht. Aus der Tür sei Feuer geschossen, eine Hitzewelle erfasste die Einsatzkräfte, sie rannten schwer verletzt hinunter ins Freie, die Polizistin noch immer brennend.
Alexander Rubin aus Sankt Augustin wusste, worauf er sich einlässt. Er ist mit einem nassen Handtuch vor dem Gesicht in das lichterloh brennende Kinderzimmer der Nachbarwohnung gestürmt. „Rette den Kleinen!“, hatte seine Frau zuvor geschrien, nachdem andere Mitbewohner die Wohnungstür der Nachbarin bereits eingetreten hatten. Wegen der enormen Gas- und Hitzeentwicklung hatten es die Helfer aber, genauso wie die Mutter des Kindes, nicht bis zu dem zweijährigen Jungen geschafft.
Nachbar rettete Kleinkind aus brennender Wohnung
Rubin indes lief einfach weiter, ohne groß nachzudenken. „Das ging wie automatisch“, erinnert er sich. Im Kinderzimmer fand er kein Kind. Zurück auf dem Flur, rannte der 38-Jährige dann gebückt und „wie blind“ in das durch schwarzen Rauch nahezu komplett verdunkelte Schlafzimmer der Eltern.

Flammen schlagen aus dem Fenster des Zimmers, aus dem das Kind gerettet wurde.
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„Da habe ich mich irgendwie vorgetastet und dann auch das Kinderbett gefunden, in dem der zweijährige Junge lag“, erzählt der Retter. Bei seiner Aktion blieb er völlig unverletzt. Der Junge wurde mit einer Rauchvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert.
Ob er das noch einmal machen würde, obwohl er bei seiner Hilfe auch das eigene Leben hätte verlieren können? „Weiß nicht, vermutlich schon“, sagt Rubin und lacht. „Wenn ich mal da oben bin, im Himmel, wer weiß, vielleicht geben die mir deshalb ein paar Pluspunkte.“

Alexander Rubin bekommt die Rettungsmedaille des Landes NRW, weil er einen zweijährigen Jungen aus einer brennenden Wohnung gerettet hat.
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Die Rettungsmedaille des Landes NRW wird seit 1951 verliehen. Seither wurden 1420 Bürgerinnen und Bürger geehrt. Robert Scheib aus Langenfeld ist diesmal dabei, weil er eingeschritten ist, als zwei Vermummte einen jungen Mann überfallen und zusammengeschlagen haben, um ihm Geld und sein Handy zu rauben.
Langenfelder schlug zwei Räuber in die Flucht, die auf hilflosen Mann eintraten
Es ist ein sonniger Frühlingstag im März vergangenen Jahres. Robert Scheib und seine Frau sind mittags zu einem Ausflug nach Maastricht gefahren. Wie häufig schon, haben sie etwas außerhalb des niederländischen Städtchens geparkt und fahren mit dem Fahrrad die Maas entlang in die Innenstadt.
Auf dem Weg, etwa 30 Meter entfernt, tauchen plötzlich drei junge Männer auf. Scheib sieht, „dass da was nicht stimmt“. Zwei Vermummte streiten mit einem etwa Zwanzigjährigen. Schubsen ihn zu Boden, schlagen auf ihn ein, treten gegen dessen Kopf, Oberkörper und Rücken.
Wütend auf die Angreifer zugestürmt
Scheib hat als Jugendlicher Kampfsport und Selbstverteidigung trainiert - Jiu-Jitsu, Taekwondo und Kickboxen. „Von daher, sage ich mal, da weiß man natürlich, was Gefährdungssituationen sind und wie man sich da verhält“, sagt er. Nachdem die Angreifer nicht reagieren, nachdem er sie lautstark auffordert, von ihrem Opfer abzulassen, stürmt der 60-Jährige los.
„Halt den Hund fest“, ruft er seiner Frau noch zu, die später sagen wird: „Du hast ausgesehen wie ein Tier, als du so losgerannt bist.“ Der erste Täter, den Scheib blitzschnell umhaut, rappelt sich auf und läuft weg. Als der zweite das sieht, flieht auch der zunächst. Versucht dann aber, etwa 50 Meter entfernt den Stützpfeiler eines kleinen Bäumchens aus dem Boden zu ziehen.

Robert Scheib aus Langenfeld bekommt die Rettungsmedaille NRW. Er hat einem jungen Mann geholfen, der von zwei Angreifern zusammengeschlagen wurde.
Copyright: Scheib
„Was macht der denn? Der will sich doch wohl nicht einen Schlagstock besorgen?“, fragt sich Scheib und läuft wütend erneut in Richtung des Mannes. „Jetzt ist endgültig Feierabend, Freundchen, nicht mit mir“, schießt es ihm durch den Kopf. Als der Deutsche angerannt kommt, wobei er sich einen Muskelfaserriss in der Wade zuzieht, flieht der Niederländer ein zweites Mal.
Dankeschön-Gebet in der Kirche, dass alles geklappt hat
„Als ich später mit meiner Frau dann in Maastricht angekommen bin, sind wir erstmal in eine Kirche gegangen“, erinnert sich Scheib, der früher im Management und Marketing weltweit agierender Energieunternehmen tätig war: „Für ein Dankeschön-Gebet, dafür, dass alles gutgegangen ist.“ Denn er wisse schließlich auch, dass es hätte sein können, dass die Täter beispielsweise Messer dabei haben.
„Dann weiß man nicht, wie das ausgegangen wäre“, sagt Scheib, der zu schwitzen anfängt, als er darüber nachdenkt. „Aber wenn ich gewartet hätte, bis die Polizei kommt, dann wäre es für das Opfer vielleicht schon zu spät gewesen, dann hatte er etwa durch einen Tritt gegen den Kopf schwer verletzt werden können oder noch Schlimmeres.“

