Politologen warnen Union„CDU und CSU demontieren sich gerade selbst“

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Söder Laschet

Rivalen um die Kanzlerkandidatur in der Union: Armin Laschet (l.) und Markus Söder

Köln – Politikwissenschaftler sehen die Siegchancen der Union bei der Bundestagswahl im September wegen des offenen Führungsstreits zwischen Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) schwinden. Der bayerische Ministerpräsident habe „die CDU in eine Zwickmühle manövriert, aus der sie schadlos nicht herauskommt“, sagte der Kölner Politik-Professor Thomas Jäger dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die „angeblich guten Chancen“ Söders auf einen Wahlerfolg der Union würden ohne die energische Unterstützung der NRW-CDU „in sich zusammenfallen“. „Ein Wahlerfolg für die Unionsparteien rückt in weite Ferne“ bilanziert Jäger.

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Der Machtkampf in der Union reduziere die Wahlkreisabgeordneten zu reinen „Kanzlerwahlmaschinen.“ Das werde nicht nur das Ansehen der Partei, sondern auch das vieler Kandidaten beschädigen: „Denn deren Botschaft aus der Fraktionssitzung war doch: wir wollen denjenigen, der uns die Pfründe erhält - egal, was am Ende für ein Programm verfolgt wird“. Es sei unklar, ob die Unterstützer der Söder-Kandidatur noch zu ihrem Jubel stehen würden, wenn dessen Äußerungen aus der „Merkel-muss-weg“-Phase der CSU während der Migrationskrise „in Dauerschleife wiederholt“ würden. „CDU und CSU demontieren sich gerade selbst“, sagt der Kölner Professor. Der Machtkampf wirke insgesamt abstoßend. Es werde für die Unionsparteien auch schwierig, den Anteil ihrer weiblichen Unterstützer zu halten, weil sie keine politisch sichtbare Frau mehr vorzuweisen haben.

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„Söder stellet Karriereziele vor das Wohl der Union"

Der Bonner Politologe Volker Kronenberg erklärte, SPD und Grüne dürften sich über das „groteske Spiel, das seit Montagnachmittag von München aus betrieben“ werde, freuen. „Mit jedem Tag, den Söder seine Karriereziele trotz aller staatsmännischen Rethorik vor das Wohl nicht nur von CDU und CSU, sondern auch der Republik stellt, schwinden die Aussichten darauf, dass die Union überhaupt in der Lage sein wird, nach der Bundestagswahl im September noch den Kanzler stellen zu können“, sagte Kronenberg unserer Zeitung.

Der Wortbruch von Söder werde nun mit Fassungslosigkeit beobachtet. „Man fragt sich zurecht: Hat der vermeintliche Corona-Held Söder angesichts steigender Infektionszahlen im eigenen Land, angesichts von Intensivstationen nahe der Schmerzgrenze und eines immer noch zu langsamen Impftempos wirklich nichts Besseres zu tun?“, so Kronenberg.

„Söder benötigt Unterstützung von NRW"

Thomas Pogunkte ist Parteienforscher an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität und weist darauf hin, es sei bis zur Bundestagswahl noch viel Zeit, die Reihen von CDU und CSU wieder zu schließen. Söder werde keine Chance haben, die Bundestagswahl zu gewinnen, wenn er nicht die Unterstützung des größten Landesverbands NRW habe. „Das gilt allerdings umgekehrt auch: Ein möglicher Kanzlerkandidat Armin Laschet braucht die volle Unterstützung der CSU.“ Wenn der Streit dazu führt, dass Teile der Union im Wahlkampf „nicht uneingeschränkt mitziehen“, dann würde das die Erfolgschancen eines CDU/CSU-Kanzlerkandidaten „erheblich gefährden“, sagte Pogunkte.  

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