Anne Spiegel bei „Markus Lanz“Gegenwind in Debatte über Impfpflicht und Paragraf 219a

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Anne Spiegel bei Markus Lanz

Anne Spiegel, hier im Bundestag zu sehen, stellte sich den Fragen von Moderator Markus Lanz. (Archivbild)

Hannover – Die Ampelkoalition ist mit dem Vorhaben angetreten, das Verbot der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche zu kippen. In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ erklärte Familienministerin Anne Spiegel am Donnerstagabend, warum der entsprechende Paragraf 219a gestrichen werden sollte. Gegenwind erhielt sie von der CDU-Politikerin Elisabeth Winkelmeier-Becker, die die Unabhängigkeit der Beratung in Gefahr sieht.

Seit Anfang Dezember bestimmt die Ampelregierung die deutschen Regierungsgeschäfte. Angetreten ist sie mit einer Reihe ambitionierter und teils kontroverser Vorhaben. Eines der wohl am breitesten diskutierte Anliegen besteht in der Abschaffung des umstrittenen Paragrafen 219a des Strafgesetzbuchs.

Darin geregelt: das Verbot der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche aus wirtschaftlichen Interessen und in „grob anstößiger Weise“. Bislang müssen Mediziner mit Ermittlungen und Verurteilungen rechnen, wenn sie etwa über Methoden einer Abtreibung aufklären.

Anne Spiegel spricht bei Markus Lanz über Paragraph 219a

Neu ins Amt kam auch Anne Spiegel (Grüne), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. In der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ erklärte sie, warum der Paragraf 219a ihrer Meinung nach gestrichen werden müsse. „Kommerzielle Intentionen“ von Gynäkologinnen und Gynäkologen, ein häufiges Argument für das Werbeverbot, gebe es nicht. „Sie wollen informieren und es ist an der Zeit, dass sie das auch tun können.“

Neben Ministerin Anne Spiegel waren auch CDU-Politikerin Elisabeth Winkelmeier-Becker, Wissenschaftsjournalist Kai Kupferschmidt sowie Kristina Dunz, stellvertretende Leiterin des Hauptstadtbüros des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), zu Gast bei Moderator Markus Lanz.

Hitzige Debatte bei Markus Lanz

Eine Streichung des Paragrafen 219a würde Abtreibungen „banalisieren“, sagte Winkelmeier-Becker. Die Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen gebe es bereits im Netz, „ein Informationsdefizit kann ich nicht erkennen“, so die ehemalige Familienrichterin.

Zudem könnte eine Aufhebung des Werbeverbots dazu führen, dass entsprechende Annoncen etwa auf Google oder in sozialen Netzwerken erscheinen. „Es muss ein Gespür dafür erhalten bleiben, dass es sich um schutzwürdiges Leben handelt.“ Sie wolle nicht, dass Schwangerschaftsabbrüche behandelt würden wie etwa Schönheitsoperationen.

„Der Begriff Werbung ist unangebracht“

Dem widersprach Journalistin Dunz vehement. „Der Begriff Werbung ist unangebracht.“ Es gehe vielmehr um eine Information. Sie könne sich nicht vorstellen, dass eine Abtreibung banalisiert werde: „Frauen haben immer noch Angst davor.“ Ein Schwangerschaftsabbruch gelte in vielen Familien noch immer als Makel. Zudem sei die Maßnahme für die betroffenen Frauen eine Extremsituation.

„Schönheitsoperationen und Abtreibungen kann man nicht in einem Atemzug nennen“, pflichtete ihr Familienministerin Anne Spiegel bei. Es sei eine persönlich schwierige, extreme Situation, in der sich betroffene Frauen befänden. „Keine Frau macht sich so eine Entscheidung leicht.“ Sie finde, dass man im Jahr 2022 eine Debatte darüber brauche, „auch um das sexuelle Selbstbestimmungsrecht von Frauen“. Spiegel verurteilte die Diffamierung von Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen wollen.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) präsentierte am vergangenen Montag in Berlin einen Entwurf zur Abschaffung des umstrittenen Paragrafen 219a. Dies solle ermöglichen, dass Ärztinnen und Ärzte auch auf ihren Internetseiten sachlich über Schwangerschaftsabbrüche aufklären können, sagte Buschmann. Mit der Streichung des Paragrafen werde ein „unhaltbarer Rechtszustand“ beendet, sagte er.

Lanz attackiert Anne Spiegel

Auch die Corona-Pandemie war ein Thema der Sendung, insbesondere die geplante Impfpflicht und Lockerungen der Maßnahmen, die einige europäische Länder derzeit bereits vollziehen oder planen. Anne Spiegel äußerte sich dazu eher vage, was Moderator Lanz ganz offensichtlich missfiel. 

„Es tut mir leid, Sie sind gewählt, damit Sie Führung übernehmen. Für was brauchen wir eigentlich eine Bundesregierung, wenn Sie alles an den Bundestag abgeben?“, so Lanz, der anschließend über und nicht mit Spiegel sprach: „Da sitzt eine Bundesministerin und sagt, sie sei für die Impfpflicht. Und wenn man sie fragt, wie die funktionieren soll, dann sagt sie, man werde das diskutieren.“

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Kupferschmidt mahnte indes, dass man „nach wie vor mit viel Vorsicht agieren“ müsse. „Der Weg raus aus der Pandemie könnte schwieriger sein als der Weg rein.“ Denn diese Krankheit zu behandeln wie die Grippe, bedeute nicht, dass sie nicht mehr gefährlich sei. (pst/rnd)

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