StilkolumneWas genau muss man anziehen, wenn festliche Tageskleidung gefordert ist?

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Was ziehe ich nur an? 

Köln – Ich wurde vom Landrat eingeladen, im September an der Verleihung des „Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ unter anderem an einen Bekannten teilzunehmen. Der Festakt findet an einem Freitagvormittag um 11 Uhr statt. Nun meine bange Frage: Was trägt frau zu einem solchen Anlass? Und ist ein kleines Geschenk angebracht – oder eher nicht?

Der Protokoll-Hinweis zu Ihrer Frage lautet geschlechtsneutral: „Festliche Tageskleidung“. Zum Hintergrund: Die Verleihung der höchsten Auszeichnung, die unser Staat zu vergeben hat, ist für die Geehrten ein besonderer Anlass. Der Landrat nimmt sie im Auftrag des Bundespräsidenten vor. In gewisser Weise sind damit auch alle anderen Teilnehmenden an der Feierstunde Gäste des Staatsoberhauptes. Durch ihre Kleidung dokumentieren die Gäste, dass sie sich dessen bewusst sind.

Zur Person

Ingeborg Arians 2

Ingeborg Arians

Foto: Michael Bause

Alles zum Thema Henriette Reker

Ingeborg Arians, geboren 1954, hat Sprachen und Volkswirtschaftslehre studiert und ist Dipl.-Übersetzerin für Französisch, Spanisch und Englisch. Von 1986 bis 2019 war sie Leiterin der Abteilung Repräsentation und Protokoll im Amt der Oberbürgermeisterin der Stadt Köln. In dieser Zeit arbeitete sie für insgesamt vier Oberbürgermeister und die amtierende OB Henriette Reker.

Um Ihnen das Gegenbild zu zeigen: Ich habe bei einer Verleihung des Bundesverdienstkreuzes – das ist ja die geläufige Bezeichnung für den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland – im Kölner Rathaus einmal einen Fotografen des Hansasaales verwiesen, weil er im Micky-Maus-T-Shirt erschienen war, um seine Bilder zu machen. So etwas missachtet die Menschen und die Situation, um die es geht. Damit ist klar: T-Shirt und Jeans fallen nicht unter „festliche Tageskleidung“.

Gemeint ist damit zum einen, dass keine Abendgarderobe verlangt ist: kein langer Rock oder langes Kleid für Frauen. Kein Smoking oder dunkler Anzug für Männer. Fliege nur, wenn man sie auch sonst zu tragen pflegt. Angebracht sind für Frauen ein Kostüm, ein Hosenanzug oder ein Kleid. Wer als Frau selbst die Auszeichnung erhält, sollte ganz praktisch darauf achten, einen Stoff zu wählen, an dem sich die Nadel des Ordenszeichens – unfallfrei – anbringen lässt. Nichts wäre bedauerlicher, als dass der/die Verleihende sich nicht traut – oder eine teure Seidenbluse ruiniert.

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Für Männer sieht der Dresscode „festliche Tageskleidung“ Anzug oder mindestens Hemd und Jackett vor. Ich erwähne das deshalb, weil die Kleiderordnung inzwischen auch Jeans zulässt. Eine Krawatte ist üblich und gilt im traditionell konservativen Protokoll immer noch als angemessen. Ein offenes Hemd ist aber auch kein Fauxpas – in Zeiten, in denen auch Nachrichtensprecher oder Dax-Konzernvorstände so auftreten.

„Wie geht’s?“

In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)

Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an: Stilkolumne@dumont.de

Wird Ihr Bekannter für – sagen wir – die jahrelange ehrenamtliche Betreuung von Obdachlosen geehrt, kann es gut sein, dass er selbst aus Gründen der Stimmigkeit gerade nicht festlich herausgeputzt zur Ordensverleihung erscheint. Da Sie ihn ja kennen, haben Sie vielleicht ein Gefühl dafür. Sie sollten dann möglichst nicht schicker erscheinen als der Geehrte. Andererseits schreiben Sie, dass Ihr Bekannter gemeinsam mit anderen ausgezeichnet wird. Da gilt dann wieder die erwähnte Maxime des Respekts. In der Abwägung sollten Sie eher das Risiko eingehen, ein bisschen overdressed zu erscheinen als zu leger.

Ein Geschenk, wonach Sie auch gefragt haben, ist generell nicht erforderlich. Blumen kommen in der Regel vom Auszeichnenden, in Ihrem Fall vom Landrat. Eine nette Geste könnte es sein, dass Sie sich als (gute) Bekannte anbieten, Fotos von der Ordensverleihung zu machen – wenn Ihnen das entspricht. Aber die freudige Teilnahme ist im Grunde Geschenk genug. Im Anschluss können Sie Ihre Mitfreude und Wertschätzung dann zusätzlich mit einer Karte an Ihren Bekannten bekunden, in der Sie auf die Würdigung seiner Verdienste in der Feierstunde Bezug nehmen. 

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