Auf einen sogenannten offenen Brief von Kardinal Woelkis Amtsleiter Frank Hüppelshäuser antwortet der Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“, Gerald Selch.
Offener BriefGrenzüberschreitung des Erzbistums Köln

Gerald Selch, Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger“
Copyright: Thorsten Fleischhauer
Sehr geehrter Herr Hüppelshäuser,
auf Ihren „offenen Brief“, den Sie auch direkt an mich als Chefredakteur des „Kölner Stadt-Anzeiger'“ adressierten, antworte ich lhnen mit diesem Schreiben.
Grundsätzlich muss unsere Berichterstattung einen empfindlichen Punkt getroffen haben, wenn Sie unseren Chefkorrespondenten Joachim Frank und seine journalistische Arbeit, an der auch andere Kolleginnen und Kollegen beteiligt waren, mit persönlichen Angriffen und haltlosen Unterstellungen derart verunglimpfen – ohne auch nur einen einzigen Fakt unserer Berichterstattung zu bestreiten. Weil Sie das nicht können. Weil wir nachweislich korrekt berichten. So auch diesmal.
In unseren Beiträgen über die versuchte Unterdrückung des Regenbogen-Symbols am Bildungscampus Köln-Kalk legten wir offen, wie die Bistumsleitung, der Sie selbst angehören, zur Durchsetzung ihrer Vorstellungen agiert: mit Verboten, Drohungen und allerlei anderen Formen psychischen Drucks.
Das mag lhnen nicht gefallen. Aber es ist Fakt. Das zweifeln Sie auch nicht an, weniger noch: Sie teilen in lhrem sogenannten offenen Brief nicht einmal mit, worauf Sie sich in der Sache beziehen. Das ist bezeichnend und reiht sich nahtlos ein in Vorhaltungen und vergebliche juristische Schritte des Erzbistums unter Kardinal Woelki gegen den „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Den akzeptablen Diskursraum verlassen
lhre Diffamierungen, gipfelnd in dem Begriff „menschenverachtend“, verlassen den akzeptablen Diskursraum und sind auch noch auf der Homepage des Erzbistums Köln veröffentlicht. Dies ist eine Grenzüberschreitung der Institution katholische Kirche gegenüber der freien Presse und deren Vertretern.
Die Behauptungen, unsere Berichterstattung ziele darauf, das Erzbistum oder den Erzbischof zu diskreditieren, zu verunglimpfen und sein Bild in der Öffentlichkeit zu verzerren, sind absurd. Wir kommen vielmehr der ureigenen und grundgesetzlich geschützten Aufgabe der Presse nach: Wir informieren und machen öffentlich, was für die Menschen relevant ist und was sie bewegt. lch kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie mit lhren persönlichen Angriffen auf unseren Kollegen den Boten für die Botschaft ins Visier nehmen und das Ursache-Wirkung-Prinzip verkehren wollen.
Über unwidersprochene Tatsachen berichtet
Wie wir im Übrigen aus einer Fülle von Hinweisen und Meldungen von Haupt- und Ehrenamtlichen wissen, gibt es im Erzbistum Köln eine große Dankbarkeit über diese Berichterstattung, insbesondere von denen, die vom Agieren der Bistumsleitung direkt betroffen sind. Die freie Presse ist hier nicht selten eine (letzte) Möglichkeit, kritikwürdigem Verhalten der Bistumsleitung etwas entgegenzusetzen. Das tun wir - mit den Mitteln des Journalismus. Das ist die „Triebfeder“ unserer publizistischen Arbeit und nicht etwa stereotyp unterstellte „ökonomische Beweggründe“ oder gar persönliche Motive.
Die jüngsten Berichte haben nicht „einzelne Mitarbeiter herausgegriffen und beschuldigt“, wie Sie weiter behaupten. Wir haben einzig und allein über die von lhnen mit keinem Wort erwähnten Tatsachen berichtet: Es war der Leiter lhres Fachbereichs Katholische Schulen in freier Trägerschaft, der bei der öffentlichen Einweihung des Bildungscampus Köln-Kalk als Repräsentant des Erzbistums eine missliebige Person des Geländes verwiesen und das Regenbogen-Symbol als kirchenfeindlich, gegen das Erzbistum oder den Erzbischof gerichtet und deswegen für nicht hinnehmbar erklärt hat.
Gar keine oder ausweichende Antworten
Joachim Frank bat dazu mehrfach um Stellungnahmen und Erklärungen des Erzbistums. Sie haben es - auch persönlich - vorgezogen, darauf nicht näher einzugehen, sondern durch lhre Pressestelle gar keine oder nur ausweichende Antworten geben zu lassen.
Ein abschließendes Wort: Sie haben, wie Sie schreiben, lhr Abonnement des „Kölner Stadt-Anzeiger“ gekündigt. Das ist lhr gutes Recht. Herr Frank hat seine Mitgliedschaft in der katholischen Kirche nicht gekündigt. Er bezahlt also mit seiner Kirchensteuer – wie viele andere Gläubige – für solche der Kirche unwürdigen persönlichen Attacken auf Journalisten.
lm Sinne der Fairness und der von lhnen beanspruchten „offen, agilen Kultur“ erwarte ich, dass Sie dieses Schreiben an gleicher SteIle auf der Homepage des Erzbistums veröffentlichen.
Gerald Selch,
Chefredakteur