AntisemitismusLinke-Chef in NRW spricht von „dummen und haltlosen Vorwürfen“

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Jules El-Khatib, Vorsitzender der Linken in Nordrhein-Westfalen

Köln – Die Vorwürfe seien haltlos und dumm, sagt Jules El-Khatib, der Co-Vorsitzende und Spitzenkandidat der Partei Die Linke bei der anstehenden Landtagswahl in NRW: „Und es macht mich fassungslos, dass mich nach einem Pressebericht jetzt sogar die AfD-Politikerin Beatrix von Storch als Antisemit und Israel-Hasser beschimpft.“ Schon seit Tagen würde er rassistische Hassnachrichten erhalten. „Etwa solche, dass ich in den Gazastreifen abhauen und dann von einer Bombe getroffen werden soll.“ Aber er bekomme auch viele bestärkende Botschaften. „Auch von jüdischen Mitbürgern, dass ich mich nicht unterkriegen lassen soll.“

Der Hintergrund der Vorwürfe ist unter anderem eine Demonstration, die der in Köln geborene und aufgewachsene Soziologe im Juli 2014 als Mitglied im Linke-Landesvorstand mitorganisiert hatte. Die Veranstaltung wurde auch von Extremisten als Plattform genutzt. Auf einem Video seien Rufe wie „Kindermörder Israel“ oder „Scheiß Juden“ zu hören, heißt es in Presseberichten.

Landkarte gelikt, auf der es Israel nicht gab

Er habe die Kundgebung zwar mitorganisiert, so El-Khatib auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das kritisierte Video jedoch zeige Menschen, die sich nach der Demonstration etwa einen Kilometer entfernt vom Kundgebungsort aufgehalten hätten. „Ich kenne diese Leute nicht, habe das erst einen Tag später auf Youtube gesehen und verurteile derartige Sprechchöre und Ansichten aufs Schärfste“, betont der 32-Jährige, der auch wegen einiger Internet-Aktivitäten in der Kritik steht.

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So soll er 2017 auf Facebook eine Landkarte gelikt haben, auf der es Israel nicht mehr gibt. Und 2020 soll er auf Facebook den Tod eines Palästinensers betrauert haben, der mit seinem Auto gezielt einen israelischen Kontrollposten gerammt hatte und daraufhin erschossen wurde.

„Ich bin für eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung“

Ein Familienmitglied habe die Karte gepostet, so El-Khalid. Er habe sie geliked, „ohne genau hinzugucken“, das Like später aber nach genauerem Hingucken wieder zurückgenommen. „Ich setze mich ausdrücklich für eine Zwei-Staaten-Lösung ein. Dafür aber fordere ich auch ein freies und unabhängiges Palästina, ein Ende der Siedlungspolitik, und setze mich dafür ein, dass beide Staaten friedlich nebeneinander existieren können.“

Und die Sympathien für einen Attentäter? „Da gehen die Darstellungen weit auseinander“, so der Linke-Politiker. Zunächst habe es von palästinensischer Seite geheißen, der Fahrer sei grundlos erschossen worden. Er sei lediglich auf dem Weg zu seiner Schwester gewesen, die am nächsten Tag heiraten wollte. „Als später dann auf israelischer Seite von einem gezielten Attentat gesprochen und ein entsprechendes Video veröffentlich wurde, habe ich meinen Internetbeitrag entfernt. Ich war schließlich nicht dabei, kann das nicht beurteilen.“

Einschätzung des Verfassungsschutzes „ist aburd“

Und was ist mit seiner Unterstützung des trotzkistischen Netzwerks „Marx21“ sowie der israelfeindlichen Boykottbewegung „BDS“, die der Verfassungsschutz beide im Visier hat? Na ja, sagt El-Khalid. Er habe nur einen von Linken veröffentlichten Aufruf zum Ende der Blockade des Gazastreifens unterschrieben, den auch der BDS unterzeichnet habe.

„Diese Forderung wird von allen demokratischen Parteien im Bundestag geteilt.“ Und bezüglich seiner Mitgliedschaft bei der Gruppierung „Marx21“ teile er die Einschätzung des Verfassungsschutzes nicht. „Das ist eine der vielen Strömungen innerhalb der Linken, und die werden ja fast alle vom Verfassungsschutz beobachtet.“ Er könne nicht erkennen, wo beispielsweise der Einsatz für eine Verstaatlichung von Energie und Wohnungskonzernen verfassungsfeindlich sein soll. „Das ist doch absurd“, so El-Khatib.

„Offen extremistische Vereinigung“

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz stuft „Marx21“ indes als „offen extremistische Vereinigung innerhalb der Partei die Linke“ ein. Das Bundesamt für Verfassungsschutz verzeichnet das Netzwerk als linksextreme Vereinigung und „aktivste trotzkistische Organisation“.

Ziel von „Marx21“ sei es, auf die Überwindung des Kapitalismus hinzuwirken. Statt mitzuregieren, setze man auf Massenbewegungen, die bereit und in der Lage seien, „die herrschende Klasse zu enteignen und den bestehenden, undemokratischen Staatsapparat durch Organe der direkten Demokratie zu ersetzen“.

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