Neues NRW-PolizeigesetzPolizei geht härter gegen Strafverdächtige vor

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(Symbolbild)

Düsseldorf – Der Vorgang löste bei Sicherheitsbehörden im Sommer Terroralarm aus. Zwei islamische Gefährder, in Verbindung mit dem Berlin-Attentäter Anis Amri standen, trafen in Köln zusammen und arbeiteten gemeinsam in einer Baustelle in der Innenstadt. Eine Tarnung, um einen Anschlag vorzubereiten? Die Polizei zögerte nicht lange, nahm die beiden Männer in Unterbindungsgewahrsam. Rechtsgrundlage dafür war das neue Polizeigesetz von NRW, das vor einem Jahr in Kraft trat.

Im Fall des Terror-Verdachts von Köln bot das Gewahrsam den Fahndern die Möglichkeit, den Verdacht gegen die Islamisten abzuklären. Die Baustelle wurde von Sprengstoffspürhunden durchsucht, in Düren wurde eine Wohnung unter die Lupe genommenen.  Dabei wurden fünf Smartphones, eine Fotokamera, diverse USB-Sticks und ein Laptop auf Anhaltspunkte für eine Anschlagvorbereitung untersucht. Am Ende erhärtete sich der Verdacht nicht. Die Tatverdächtigen wurden wieder frei gelassen.

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Die „längerfristige Ingewahrsamnahme“, die das neue Polizeigesetz ermöglicht, wurde bis Oktober dieses Jahres insgesamt 29 Mal angeordnet. In sieben Fällen davon sollte die Maßnahme der Verhinderung eines unmittelbar bevorstehenden Verbrechens dienen. Bei drei Fällen stand der Verdacht eines Terror-Anschlags im Raum. „Das Land ist in den vergangenen zwölf Monaten durch das neue Gesetz sicherer geworden“, erklärte NRW-Innenminister Herbert Reul bei der Vorstellung der Jahresbilanz. Die neuen Instrumente seien „äußerst umsichtig“ eingesetzt worden, sagte der CDU-Politiker aus Leichlingen. NRW sei nicht zu einem Überwachungsstaat geworden. 

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62 Mal Telefonüberwachung angeordnet

Dass die Polizei jetzt robuster vorgehen kann, schlägt sich allerdings nieder.  So wurden in vier Fällen  Baggerbesetzer aus dem Hambacher Forst in Gewahrsam genommen, die sich geweigert hatten, ihre Identität anzugeben. In 62 Fällen wurde Überwachung der Telekommunikation angeordnet. Das neue Gesetz erlaubt es der Polizei auch, mit richterlicher Anordnung auf verschlüsselte WhatsApp- oder andere Messengerdienste zuzugreifen. 

44 Mal ordneten Richter die neue strategische Fahndung an – unter anderem für den Zugriff der Autobahnpolizei Dortmund auf eine Bande, die Lkw-Planen aufgeschlitzt hatte, sowie bei einer Fahndung gegen das Rockermilieu in Köln.

Neue Kameras in Dortmund und Bonn

Die erweiterten Möglichkeiten der Videoüberwachung öffentlicher Plätze seien noch nicht eingesetzt worden, erklärte Reul. Für 2020 sollen neue Kameras aber an drei Stellen aufgebaut werden: In der Dortmunder Nordstadt, in Dortmund-Dorstfeld sowie in der Bonner Innenstadt.  

Sven Wolf, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag NRW, erklärte,   die neuen Vorschriften trügen in „zentralen Punkten die Handschrift der SPD“. Der ursprünglich vorgelegte Gesetzentwurf sei  in wesentlichen Bereichen überzogen und „klar verfassungswidrig“ gewesen.

Verena Schäffer, innenpolitische Sprecherin der Grünen, erklärte, das Polizeigesetz sei mangelhaft.  Reul habe ein Bedrohungsszenario gezeichnet, um  tief gehende Einschnitte in die Freiheitsrechte zu begründen. Jetzt zeige sich aber, dass die  Mehrzahl der Maßnahmen nicht wegen Terrorismusgefahr, sondern wegen anderer Straftaten  angewandt würden.

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