HochwasserschutzKreis Euskirchen, sechs Kommunen und der Wasserverband kooperieren

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Sechs Kommunen, der Kreis und der Wasserverband Eifel-Rur machen gemeinsame Sache beim Hochwasserschutz. 

Hellenthal – Ein gemeinsames Hochwasserschutzkonzept für Urft, Olef und die Nebengewässer haben am Donnerstag die sechs Südkreis-Kommunen Blankenheim, Dahlem, Hellenthal, Kall, Nettersheim und Schleiden, der Kreis Euskirchen und der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) beschlossen. Es soll bis 2025 erstellt und abgestimmt sein. Kernpunkt der überörtlichen Schutzmaßnahmen dürfte der Bau der Platißbach-Talsperre werden. Einzelne Direktmaßnahmen in den Anliegerkommunen sollen zudem nach Möglichkeit schon in diesem Jahr für eine Förderung durch Landesmittel beantragt werden.

Im Sitzungssaal des Wasserverbands Oleftal, wenige Meter von der wuchtigen Staumauer der Oleftalsperre entfernt, hatte Landrat Markus Ramers deutliche Worte gefunden: „Die Menschen haben zu Recht die Erwartungshaltung, dass sich was tut und dass sich direkt was tut. Es darf jetzt nicht bei Konzepten bleiben. Wir müssen sehr schnell Ergebnisse liefern. Da sind wir noch zu langsam, und wir stoßen bei den Fördermittelgebern leider oft an Grenzen. Da werden wir Druck machen müssen.“

Kurz vor dem Jahrestag der Flut unterzeichnet

Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung soll vor allen Dingen die Entwicklung von überörtliche Schutzmaßnahmen vorantreiben. Sie wurde bewusst kurz vor Jahrestag der Juli-Flut unterschrieben. Bis 2025 soll das Konzept stehen, das der schlichten Erkenntnis folgt, dass ein „einfacher Wiederaufbau an Ort und Stelle nicht ausreichen wird“, so Schleidens Bürgermeister Ingo Pfennings.

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Idylle pur – am 14. Juli 2021 aber war das kleine Gewässer schon am frühen Nachmittag über die Ufer getreten: das Tal des Gillesbachs oberhalb von Urft. 

Es sei daher richtig, Urft, Olef und vor allen Dingen die Zuflüsse „von der Quelle bis zur Mündung“ zu betrachten: Wo sind welche Schutzmaßnahmen wie Rückhaltebecken, Deiche, Dämme, wo Objektschutz oder auch Renaturierung und Retentionsflächen für Bachläufe nötig?

Verband hat schon Erfahrungen gesammelt

Um da einen Überblick zu gewinnen, brauche es koordiniertes Vorgehen, so Martin Kaleß vom WVER. Der Wasserverband hat schon Erfahrung mit einem „Masterplan“ für die Hochwassergebiete an Inde und Vicht nach dem Juli-Hochwasser vor einem Jahr gesammelt.

„Ein Jahrhundertbauwerk“

Mit einer Bauzeit von mindestens zehn Jahren rechnet der Wasserverband Eifel-Rur (WVER) für die Platißbach-Talsperre – ein „Jahrhundertbauwerk“, so Martin Kaleß vom WVER. Die Talsperre soll am Zusammenfluss von Platißbach und Prether Bach gebaut werden mit einem Speichervolumen von 1,5 bis 23 Millionen Kubikmeter Wasser, je nach Dimensionierung. Für das Bauwerk bestehe schon „lange Baurecht im Flächennutzungsplan wie im Regionalplan“, so Hellenthals Bürgermeister Rudolf Westerburg zu alten Plänen.

Wird die Talsperre gebaut, können aus dem Wassereinzugsbereich der Olef, der bis zur Mündung in die Urft in Gemünd 196,1 Quadratkilometer beträgt, neben den 48,3 Quadratkilometern, die von der Oleftalsperre zurückgehalten werden, weitere 38,5 erzielt werden. In Hellenthal würde so der Prozentsatz des „regulierten Wassers“ von derzeit 56 auf 96 Prozent steigen. Der Ort wäre aus dieser Richtung damit künftig praktisch vor Hochwasser geschützt. Weiter olefabwärts würden die Schutzwerte in Schleiden von 27 auf 47 Prozent steigen, in Gemünd von 25 auf 42 Prozent.

Die Platißbach-Talsperre hätte zudem Vorteile für die regionale Wasserwirtschaft. Sie würde die Trinkwasserversorgung und Brauchwasserversorgung unterstützen, könnte zur Bewässerung von Forstkulturen beitragen und möglicherweise als neue Energiequelle für Wasserkraft genutzt werden. (sli)  

Die Gesamtkosten für das Konzept sollen im „oberen sechsstelligen Euro-Bereich“ liegen. Personalkosten für das zu besetzende Leitungsteam sollen die Kooperationspartner tragen. Grundsätzlich strebt man eine „mindestens 80-prozentige Förderung“ der Kosten an. Noch bis Ende September soll ein Förderantrag gestellt werden, bis 2025 soll das Konzept fertig sein.

Daten sammeln 

Ein Kernpunkt wird die umfangreiche Datenerhebung sein: Wasserwirtschaftliche Grundlagen, das Finden von Vorzugsvarianten für technische Lösungen mittels hydrologisch-hydraulischer Untersuchungen und die Abstimmung von Maßnahmeempfehlungen gehören dazu. Durch das Lenkungsteam sollen Ausschreibungen und Vergabeverfahren zur Beauftragung externer Dienstleistungen möglich sein. Etwa für die terrestrische Neuvermessung der durch das Hochwasser massiv veränderten Gewässer.

Was so als Empfehlung für den künftigen überörtlichen Hochwasserschutz festgestellt wird – etwa der Bau großer Schutzwälle –, wird in Workshops mit Vertretern der Kommunen, des Kreises und beteiligter Fachbehörden in eine Priorisierung gebracht.

Überflutungsbereiche werden neu festgelegt

Gesichtspunkte, die es dabei abzuwägen gilt, sind etwa der technische Hochwasserschutz, die Siedlungswirtschaft, Land- und Forstwirtschaft und die Gewässerentwicklung. Grundsätzlich muss zudem berücksichtigt werden, dass die Überflutungsbereiche derzeit neu festgelegt werden.

Am Ende müssen die Kommunen die einzelnen Maßnahmen baulich umsetzen – und sie werden sich auch um eine entsprechende Förderung der Investitionen bemühen müssen.

Nicht hinter verschlossener Tür

Das alles soll keine Hexerei sein und nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden. Der WVER plant eine eigene Webseite zum Hochwasserschutzkonzept und eine Dokumentation der Arbeitsschritte.

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Das Konzept soll zudem als Broschüre gedruckt werden und der Öffentlichkeit in den beteiligten Kommunen vorgestellt werden.

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