„Persönlicher geht’s nicht“Opladener Fotograf veröffentlicht Bildband „Dark Views“

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Der Headbanker in Aktion: Uwe Pöschke ist seit zehn Jahren mit der Kamera unterwegs.

Der Headbanker in Aktion: Uwe Pöschke ist seit zehn Jahren mit der Kamera unterwegs.

Leverkusen – Fotografie kann vieles sein: Ein Hobby, ein Beruf, eine Leidenschaft, improvisiert, Schnappschüsse, Nostalgie, Dokumentation, Berichterstattung. Aber egal, auf welche Art sie angewendet wird: Kunst ist sie in jenem Moment, in dem es ihr gelingt, die Menschen zu packen. Und zwar derart, dass sich deren instagram- und facebookerprobten Blicke nicht schon wieder nach wenigen Sekunden reizüberflutet abwenden. Und wer Uwe Pöschkes Bildband „Dark Views“ aufschlägt, sollte genau das zwingend wissen, denn: ein Zuschlagen ist von diesem Moment an erst einmal nicht mehr möglich.

Auch Motive der Isolation und der Einsamkeit sind in Uwe Pöschkes „Dark Views“ enthalten.

Auch Motive der Isolation und der Einsamkeit sind in Uwe Pöschkes „Dark Views“ enthalten.

Melancholische Perspektive in Schwarz-Weiß

Der Fotograf aus Opladen ist ein Einfänger: Seine in Schwarz-Weiß gehaltenen Bilder zwingen geradezu zur konzentrierten Betrachtung, weil sie die Welt eben nicht im herkömmlichen Farbspiel zeigen, sondern auf eine dunkle, mitunter düstere Weise. „Melancholisch“ nennt Uwe Pöschke das gerne. Und Melancholie ist ja seit jeher die Perspektive, aus der die nachdenklichen Menschen auf die Welt schauen.

Urbane Tristesse und Regen: Ein Fahrradreifen spiegelt sich in einer Pfütze auf dem Asphalt.

Urbane Tristesse und Regen: Ein Fahrradreifen spiegelt sich in einer Pfütze auf dem Asphalt.

Sprich: Jene Menschen, die nicht nur das vermeintlich Schöne und Gute sehen. Sondern auch dessen Gegensatz, der auch dazugehört und das Leben dadurch erst ausmacht. Weiß kann nur funktionieren, wenn es Schwarz gibt – sonst wüsste man ja nicht, dass Weiß das Helle und Gute ist. Klingt arg philosophisch. Klingt aber eben genau so, wie Uwe Pöschkes Bilder wirken.

Zur Person

Uwe Pöschke ist seit einigen Jahren Mitglied im Verein zur Förderung künstlerischer Bildmedien Leverkusen (VFkB) und war im Wahlkampf zur Kommunalwahl 2020 auch Fotograf des Leverkusener OB Uwe Richrath (SPD).

„Dark Views“ ist erhältlich ist er zum Preis von 42 Euro über seine Internetseite, auf der er einen persönlichen Fotografie-Blog betreibt. (frw)

www.headbanker.de

Mit seinen durchs Objektiv eingefangenen „Dark Views“ hat der Opladener eigenen Angaben einen eigenen Fotografen-Stil gefunden.

Mit seinen durchs Objektiv eingefangenen „Dark Views“ hat der Opladener eigenen Angaben einen eigenen Fotografen-Stil gefunden.

Punkrock-Fotografie aus Opladen

Vor zehn Jahren begann er mit der Fotografie. Zu einer Zeit, als er gerade eine harte private Phase im Leben hinter sich gebracht hatte und es an deren psychische Verarbeitung ging. Damals schnappte er sich erstmals eine Kamera und zog mit ihr los. Anfangs erstellte er Bildbände über das Metal-Festival in Wacken, wobei auch sein Fotografenname „Headbanker“ entstand – angelehnt an Uwe Pöschkes Beruf des Bankers sowie an das Headbangen, das Kopfschütteln, der Rockfans zur Musik.

Und heute hat er es geschafft: „Ich habe meinen eigenen Stil.“ Dark Views. Dunkle Ansichten.„Ich will in den Menschen, etwas auslösen. Sie emotional packen“, sagt er. Das könne auch mal negativ sein: „Ja: Ich bin auch zufrieden, wenn jemand sagt, dass er sich bei manchem Bild schlecht fühlt.“ Schwarz und Weiß eben. Hauptsache, die Fotografien führten zu einer Reaktion. Sprich: Werden zu Kunst. „Und ich sehe mich absolut als Künstler“, betont Uwe Pöschke, der als Personalrat der Sparkasse Leverkusen tätig ist – eine Konstellation, die ja gerne mal dazu führt, dass jemand wie er eher als Hobby-Kreativer denn als Künstler gesehen wird.

„Persönlicher“, sagt er, „geht’s nicht.“

„Dark Views“ erstickt derlei Gedanken jedoch im Keim. Der Bildband enthält schließlich auch Fotoserien von KZ-Gedenkstätten. Zeigt erschlagende urbane Tristesse. Steckt voller politischer Anspielungen. Es begegnen einem Isolation und Einsamkeit. Dezentes Grauen und – eben – Melancholie lauern überall. Über diese Intensität hinaus geriet das Buch mit rund 1000 Fotografien auf 433 Seiten zudem opulent. Und nicht zuletzt gibt Uwe Pöschke durch die Bilder viel von sich preis. „Persönlicher“, sagt er, „geht’s nicht.“

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Im Hinblick auf seine zweite große Leidenschaft, die Musik, sei diese Art der Fotografie so etwas wie „Punkrock-Fotografie“: Nicht unbedingt das, was viele als schön im klassischen Sinne bezeichnen würden. Aber stets kompromisslos und ehrlich und Geschichten erzählend wie die von den zig Besuchen auf Soldatenfriedhöfen etwa: „Wochenlang bin ich die abgefahren – weil mich die Schicksale dieser Getöteten bewegen.“

Weil Uwe Pöschke sehen wollte, was Krieg und Hass mit Menschen machen. Und nicht nur an dieser Stelle lässt sich dann der Bogen schlagen zum Status Quo der Welt heute – womit „Dark Views“ auch noch dies wäre: zeitlos.

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