Remigius-Krankenhaus in OpladenHier schreiben Pflegerinnen ihren Dienstplan selbst

Lesezeit 4 Minuten
remigius-Krankenschwestern_rar_rle_03222022ALF_3148

Vivienne Nitzsche und Tanja Biercher dürfen selbst bestimmen, wann sie arbeiten möchten.

Leverkusen – Tanja Biercher ist eine examinierte Pflegefachfrau die gerne im Krankenhaus arbeitet. Und Mutter von zwei Kindern im Kita-Alter. Beides schließt sich eigentlich aus. „Ich kann nicht Vollzeit im Schichtdienst arbeiten, das würde ich mit der Familie nicht unter einen Hut bringen“, sagt die junge Mutter.

Vivienne Nitzsche war unglücklich in ihrer Anstellung an einer Uniklinik, das Team und die lange Pendelei passten nicht. Das St.-Remigius-Krankenhaus in Opladen liegt viel näher an ihrer Wohnung. Doch hier gibt es keine Herz-Thorax-Chirurgie, für die sie sich eigentlich interessierte.

Passend zu den Lebensumständen

Beide junge Frauen würden heute wohl nicht in Opladen arbeiten, wäre hier nicht im vergangenen Sommer der „Flexpool“ eingeführt worden, wie es ihn auch am Klinikum Leverkusen bereits sein eineinhalb Jahren gibt. Hier haben sie eine Anstellung gefunden, die zu ihren Bedürfnissen passt. „Unsere Mitarbeiterinnen – bislang haben wir nur Frauen – dürfen sich ihren Dienstplan selbst schreiben“, erklärt Pflegedirektorin Julia Schwab das Konzept. Heißt: Bei der Anstellung wird eine bestimmte Wochenstundenzahl verabredet, die die Mitarbeiterin leisten kann. Und sie bestimmt selbst die Zeiten, jeden Monat aufs Neue, wie es gerade in die Lebensumstände passt. Tanja Biercher arbeitet so nur während der Kitaöffnungszeiten. Und nicht, wenn gerade ein Kindergeburtstag ansteht, dafür aber vielleicht auch mal am Wochenende, wenn der Papa oder die Oma die Kinder nehmen können. 

Das könnte Sie auch interessieren:

Der Haken an der Sache: Wo genau sie an dem jeweiligen Tag eingesetzt werden, bestimmt Sonja Wolf, die den Flexpool leitet. Ihre Mitarbeiterinnen werden in jene Abteilungen geschickt, wo Stammpersonal fehlt oder kurzfristig ausfällt. Das kann heute die Innere Medizin sein und morgen das Wirbelsäulenzentrum. Für Vivienne Nitzsche ist das gerade der Reiz an der Position. „Ich bin erst seit einem Jahr examiniert und wusste nicht genau, was mir liegt und gefällt. So kann ich in jede Abteilung reinschnuppern und Erfahrungen sammeln.“ „Und es wird nie langweilig“, fügt Biercher hinzu.

Der Flexpool hat Vorteile für alle Seiten. Das Krankenhaus profitiert davon, weil so flexibel fehlendes Personal ersetzt werden kann und weil auf dem umkämpften Arbeitsmarkt so Fachpersonal gewonnen werden kann, das sich auf eine weniger flexible Stelle möglicherweise nicht eingelassen hätte.

Nur 7,5 Jahre im Beruf

„Examinierte Pflegekräfte arbeiten im Schnitt 7,5 Jahre in ihrem Beruf und hören dann auf“, sagt K-Plus-Sprecherin Cerstin Tschirner. „In den allermeisten Fällen, weil die Arbeit im Krankenhaus mit dem Privatleben nicht vereinbar ist oder die Arbeitsbedingungen nicht passen.“ Ein herber Verlust in Zeiten des Pflegenotstands. Der Flexpool hilft so auch, das Stammpersonal zu entlasten und eventuell dadurch auch länger zu halten. „Wer sich für das Krankenhaus entscheidet, weiß, dass hier auch am Wochenende und in der Nacht gearbeitet werden muss, das ist zumeist nicht das Problem“, sagt Tschirner. Das Problem ist, dass ständig Anrufe kommen: „Es ist jemand krank, kannst Du heute Nacht?“ Das zermürbt auf die Dauer.

Dankbar empfangen

Das sie in kein festes Team gehören, stört Biercher und Nitzsche nicht. „Ich werde überall fröhlich empfangen, alle sind dankbar, wenn noch eine zusätzliche Hand da ist. Und die meisten sind auch interessiert und fragen nach, wie das bei uns funktioniert mit dem Dienstplan zum selbst schreiben“, sagt Biercher. Nitzsche arbeitet Vollzeit und hat schon häufig Avancen bekommen. „Klar werde ich von den Kollegen schon Mal gefragt, ob ich nicht fest in ein Team kommen möchte.“ Das kann sie sich auch irgendwann vorstellen. Ambulante Operationen sind gerade ihr Favorit.

Aber aktuell gefällt ihr die Position als Wandlerin zwischen den Welten. Zumal das Remigius ein kleines Krankenhaus ist, indem man sich schnell kennt. Für Julia Schwab wäre es absolut in Ordnung, wenn Nitzsche irgendwann den Wunsch äußert, in ein festes Team zu wechseln. „Das ist ja auch Sinn des Flexpools. Und dann kommen hoffentlich auch wieder Neue nach.“ Aktuell besteht der Pool aus fünf Mitarbeiterinnen, Schwab könnte sich bei geeigneten Bewerbungen aber gut die doppelte Anzahl vorstellen.

KStA abonnieren