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Funkel-Befürworter beim 1. FC KölnKessler als Sportdirektor – eine Entscheidung und viele offene Fragen

Lesezeit 7 Minuten
Thomas Kessler ist jetzt offiziell Kölns Sportdirektor.

Thomas Kessler ist jetzt offiziell Kölns Sportdirektor.

Thomas Kessler ist jetzt offiziell Kölns Sportdirektor – doch wer den FC trainiert und ihm bald vorsteht, bleibt ungeklärt.

Gut möglich, dass mancher Fan langsam den Überblick verliert, was sich beim 1. FC Köln in den vergangenen zweieinhalb Wochen so alles ereignet hat. Vor allem in personeller Hinsicht. Bis zum 5. Mai waren Christian Keller und Gerhard Struber noch Sport-Geschäftsführer und Cheftrainer des FC, dann aber ab besagtem Sonntag Geschichte. Es übernahm Trainer-Legende Friedhelm Funkel, der Köln mit zwei Siegen zum Bundesliga-Aufstieg führte, der aber trotz Ambitionen auf eine Fortführung des Jobs möglicherweise bald auch wieder sein Amt los ist, bis in Kürze ein neuer Coach übernimmt. Dann gab es zwischendurch noch einen Eklat um Tim Lemperle, große Aufregung um den erneuten Verlust eines Top-Talents (Justin van der Hitz), der mit der U19 nach einem Endspiel-Thriller in Leverkusen die Meisterschaft holte, und kleine um den Abgang eines einstmals wichtigen FC-Profis (Dejan Ljubicic).

Nahezu täglich gibt es zudem Trainer-, Kader- und Vorstands-Spekulationen, schließlich wird im Herbst ein neues Präsidium gewählt. Der Traditionsklub hält einen gewohnt in Atem. Wobei das Tempo selbst für die Diva vom Rhein schon atemberaubend ist. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ bringt etwas Licht in den FC-Dschungel.

Thomas Kessler übernimmt als Sportdirektor beim 1. FC Köln

Was wurde denn vier Tage nach dem Aufstieg fest entschieden? Genau das, mit dem in den Tagen zuvor schon zu rechnen gewesen war. Thomas Kessler wird dauerhaft die sportliche Verantwortung beim FC übernehmen und diese in der Rolle als Sportdirektor ausführen. Der 39-Jährige unterschreibt einen Vertrag bis 2027.

FC-Urgestein Kessler, zuvor Leiter der Lizenzspielerabteilung und nach der Demission von Sport-Geschäftsführer Christian Keller Interims-Sportchef, darf sich über eine Beförderung freuen, über die laut Satzung der Vorstand und die Geschäftsführung, nicht aber der Gemeinsame Ausschuss (beschließt über Geschäftsführer, Cheftrainer), zu entscheiden hatten. Die Position des Geschäftsführer Sport bleibt somit vakant. Es ist damit zu rechnen, dass ein neuer Vorstand im Herbst darüber entscheidet.

Auch Kessler hat die Chance, sich für dieses Amt zu empfehlen. Der frühere Torhüter erklärte: „Ich freue mich über das Vertrauen und gehe die Aufgabe mit voller Überzeugung an.“ Und Präsident Werner Wolf teilte mit: „Wir sind der festen Überzeugung, dass Thomas Kessler der richtige Mann ist, um die sportliche Verantwortung für den 1. FC Köln dauerhaft zu tragen. Er hat unser volles Vertrauen. Seine erste und dringlichste Aufgabe wird die Klärung der Trainerfrage sein, um parallel mit Hochdruck die Kaderplanung für eine wettbewerbsfähige Bundesliga-Saison voranzutreiben.“

Trainerfrage nach dem Aufstieg des 1. FC Köln noch offen

Apropos Trainerfrage. Wie geht es nach dem Aufstieg denn nun konkret weiter? Was wird aus Funkel? Friedhelm Funkel hat in den vergangenen Tagen wiederholt erklärt, dass er weitermachen will und sich absolut fit für die Aufgabe in der Bundesliga fühlt. Die Bundesliga-Legende signalisierte auch am Mittwochabend beim FC-Talk des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und „Express“ sein Interesse an einer Fortführung des Trainerjobs, weite Teile der Mannschaft und der FC-Fans weiß er hinter sich. Doch FC-Vizepräsident Carsten Wettich, ebenfalls zu Gast, blieb zurückhaltend und wich der Frage aus. Aus Gründen. Denn die Klub-Gremien haben offenbar Zweifel, ob Funkel nach seiner perfekten Aufstiegsmission auch der richtige Mann für die Bundesliga und für die Zukunft des FC ist. Nach Informationen dieser Zeitung ist Kessler klarer Funkel-Befürworter. Doch es war zu erfahren, dass sich Präsident Wolf und Geschäftsführer Türoff, der nicht dem GA angehört, gegen eine Weiterbeschäftigung von Funkel ausgesprochen haben sollen.

FC Talk mit Friedhelm Funkel.

FC Talk mit Friedhelm Funkel.

Auch bei Vertretern aus dem Mitgliederrat (Fabian Schwab, Stacy Krott) soll es Bedenken geben. Aufsichtsratschef Lionel Souque und Beiratschef Klaus Behrenbeck können sich dagegen offenbar sehr gut vorstellen, dass der erfahrene Funkel im Amt bleibt und als eine Übergangslösung Verein und Mannschaft in ruhiges Fahrwasser bringt. Sollte sich Kessler nicht durchsetzen können, würde das bereits tief blicken lassen. Funkel und sein mächtiger Berater, der Kölner Volker Struth, haben aber bis Donnerstagabend noch keine offizielle Absage von FC-Seite erhalten. Aber wenn das Gremium in der Mehrheit gegen Funkel sein soll: Wer kommt dann für den Trainer-Job infrage?

Urs Fischer und Horst Steffen als mögliche Kandidaten im Gespräch

Gehandelt werden vor allem der vereinslose Urs Fischer und Horst Steffen (SV Elversberg). Fischer hat über fünf Jahre sehr erfolgreich bei Union Berlin gearbeitet. Der Schweizer, der im Juli 2018 seinen Job an der Alten Försterei antrat, stieg mit den „Eisernen“ nicht nur in die Bundesliga auf, sondern formte aus Union sogar einen Champions-League-Teilnehmer. In der Saison 2023/24 stürzten die Köpenicker dann allerdings in der Bundesliga ab, am 15. November 2023 folgte sein Aus. Seitdem wurde der 59-Jährige bei vielen Vereinen gehandelt, im Sommer 2024 auch kurzzeitig beim FC, doch Keller entschied sich für Struber. Ein Union-Insider sagt dieser Zeitung: „Der Vertrag von Urs Fischer bei Union endet am 30. Juni. Urs kann sich vorstellen, wieder einen Job in der Bundesliga zu übernehmen. Ob er auch zu dem 1. FC Köln passt, ist eine andere Frage.“

Denn: Kommt der ruhige Schweizer mit dem unruhigen Kölner Umfeld zurecht? Zudem steht Fischer nicht unbedingt für die aktive Spielidee und zum FC-Weg der Nachwuchsförderung, die am Geißbockheim zuletzt immer wieder propagiert wurden. Fischer wäre allerdings ab sofort verfügbar. Das trifft noch nicht auf Steffen zu, der mit kleinen Sensations-Klub Elversberg in der Relegation um den Aufstieg in die Bundesliga kämpft. Der 56-jährige frühere Bundesligaprofi (Gladbach, Uerdingen, Duisburg) müsste allerdings aus seinem Vertrag herausgekauft werden, der noch bis zum 30. Juni 2026 läuft. Steffen wird zudem als möglicher Kandidat bei seinem Ex-Klub Gladbach gehandelt, sollte die Vertragsverlängerung mit Borussias Coach Gerardo Seoane scheitern. Außenseiterchancen sollen auch Bo Svensson (zuletzt Union Berlin, davor Mainz 05) und Lukas Kwasniok haben, der beim SC Paderborn aufhört.

Wettich und Adenauer treten mit Teams für den Vorstand an

Wie geht es bei der Suche nach einem neuen Vorstand weiter? Öffentlich geworden ist bisher, dass zwei Teams eine Vorstandskandidatur planen. Bereits Mitte April kündigte der bisherige Vizepräsident Carsten Wettich an, mit dem Kölner Unternehmer Wilke Stroman und Ex-FC-Spielerin und Sozialunternehmerin Tugba Tekkal anzutreten. Seit Dienstag ist bekannt, dass Sven-Georg Adenauer, Enkel des ersten deutschen Bundeskanzlers und früheren Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer, dem FC künftig vorstehen möchte. Das Team des CDU-Politikers komplettieren Thorsten Kiesewetter, Unternehmensberater mit Vergangenheit bei KPMG, und Martin Hollweck, Metzgermeister aus Müngersdorf. Zudem tauchten jetzt Gerüchte um ein angeblich favorisiertes Team des Mitgliederrats auf, der laut Satzung das Vorstandsvorschlagsrecht besitzt.

Das Trio sollen Alexander Wüerst, der noch bis Ende des Jahres Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Köln ist, Jörg Alvermann, Kölner Steuerfachanwalt und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sportrecht im Deutschen Anwaltverein, sowie Ulf Sobek bilden, der früher Fitness-Trainer in der Jugend des FC war und aktuell beim DFB als U20-Fitnesscoach angestellt ist. Doch aus dem Mitgliederrat war zu erfahren, dass mitnichten bereits entschieden wurde, welches Team das Gremium zur Wahl vorschlägt. Es gebe noch weitere Gespräche mit Bewerbern, die erst Anfang Juni abgeschlossen sein sollen, heißt es. Erst danach wolle der Mitgliederrat seinen Vorschlag auch öffentlich machen. Allerdings scheint Wüerst gesetzt zu sein, auch Alvermann werden gute Chancen eingeräumt. Doch gänzlich offen ist offenbar, wer das Team komplettiert. Gute Chancen dürfte ein Bewerber mit sportlicher Kompetenz oder Vergangenheit haben: FC-Ikone Stephan Engels hat ebenfalls sein Interesse signalisiert, Teil eines zukünftigen Vorstands zu sein.

Und sollte Funkel nicht Trainer bleiben, wäre auch er ein geeigneter Kandidat – sofern er dann überhaupt noch will. Für die Teams um Wettich und Adenauer gilt: Sollte der Mitgliederrat sie nicht vorschlagen, wofür vieles spricht, können sie nur mit einer Kampfkandidatur ins Amt gelangen. Dafür benötigen Sie bis zum Stichtag 31. Juli 4500 Unterschriften der FC-Mitglieder – und zwar handschriftlich. Eine hohe Hürde, die es überspringen gilt. Was macht der noch amtierende Vorstand? Das scheidende Präsidium verwies in einem neuerlichen Vorstandsnewsletter, der am Donnerstagabend verschickt wurde, auf seine (vermeintlichen) Errungenschaften und seine jüngst getroffenen personellen Handlungen, neben Kessler hatte der FC am Mittwoch auch offiziell die Nachfolge von Geschäftsführer Markus Rejek geregelt. Mit Philipp Liesenfeld wurde ein Marketing-Experte aus den eigenen Reihen befördert. Zudem lädt der Vorstand am 17. Juni erneut zu einem Stammtisch ein. Im „12. Mann“ im Rhein-Energie-Stadion wollen Wolf und Co. eine Saison-Bilanz ziehen und mit den Mitgliedern über die Zukunft diskutieren.