OlympiaPeking fordert rigorose Corona-Maßnahmen – Angst vor Auswertungs-Willkür

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PEking Flughafen

Beijing Capital International Airport: Flughafenbeamte, die aufgrund der Corona-Pandemie Schutzkleidung tragen gehen.

Köln – Schon im Oktober des vergangenen Jahres machte Thomas Bach eine Eingebung publik, die auf den Februar verwies. Damals sagte der deutsche Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC): „Peking bereitet sich darauf vor, Geschichte zu schreiben.“ Das IOC sowieso, lässt sich im Subtext mitdenken. Doch wie die Geschichte dieser Olympischen Winterspiele, deren Gastgeber Chinas Hauptstadt ist, aussehen und vor allem, wer darin vorkommen wird, ist wegen der Corona-Pandemie sehr offen. Überraschende positive Testungen können Karrierehoffnungen zerstören, dessen ist sich jeder teilnehmende Athlet bewusst. Doch wer wann und aus welchen Gründen als infiziert klassifiziert wird, ist auch eine Woche vor der Eröffnungsfeier am 4. Februar immer noch ein sportliches Politikum.

Rigorose Null-Covid-Strategie

Die chinesische Regierung verfolgt eine rigorose Null-Covid-Strategie. Sie fürchtet, dass die Olympischen Spiele mit ihren 4000 Teilnehmern und einem Heer an Betreuern aus aller Welt dieses Planziel durchkreuzen könnten. Zumal bereits die Omikron-Variante das abgeschottete Land erreicht hat – angeblich mit der Post aus Kanada.

Wie es für einen vor der Anreise nach Peking negativ getesteten Athleten und Betreuer vor Ort weitergeht, ist etwa Wolfgang Maier nicht ganz klar. Zuletzt hatte der Sportvorstand der Alpinen große Bedenken bezüglich der Testreihen in China geäußert. Für die PCR-Tests bei den Spielen seien die Vorgaben diffus, Fragen seien ungeklärt, er sorge sich sogar, dass die Tester einem unliebsamen oder störenden Athleten einen positiven Test unterschieben könnten. Maier sagt: „Unter den gegebenen Bedingungen ist kaum zu verantworten, wenn man uns da einfach rüberschickt.“

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Maiers Sorge bezieht sich vor allem auf den sogenannten CT-Wert (Cycle Threshold), der anzeigt, wie ansteckend ein Patient ist. Je niedriger dieser Wert ist, desto infektiöser ist ein Mensch. In Deutschland gilt nach den Regeln des Robert-Koch-Instituts ein positiver Befund bei einem CR-Wert unter 30 vor. Die Behörden in Peking legten diesen Wert aber zunächst auf 40 fest. Inzwischen haben ihn die Chinesen nach Intervention des IOC auf 35 gesenkt, was etwa Thomas Schwab als Schritt in die richtige Richtung bewertet. Der Vorstand des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (DSB) sagt: „Da hat man sich ein Stück weit angenähert. Das ist gut so.“ Dennoch kann es immer noch passieren, dass ein vor dem Abflug nach Peking negativ getesteter Athlet vor Ort plötzlich positiv ist.

Trainieren nur „unter totaler Abschottung möglich“

Schwabs Abteilung Rodeln hat einen derart gelagerten Fall bereits bei den Testwettkämpfen auf der neuen Bahn in Yanqing erlebt. Bei der Anreise wurde eine mitfliegende Person in Peking positiv getestet, woraufhin sich die Rodler-Delegation in die Isolation zu begeben hatte. Trainieren war nur „unter totaler Abschottung möglich“, sagt die dreimalige Weltmeisterin Julia Taubitz. Corona-Tests erfolgten um 23 und um 5 Uhr, das Essen sei in Plastiktüten vor die Zimmertür gestellt worden. Nach Stürzen auf der Bahn habe es zudem an erster Hilfe gefehlt – das chinesische Bahnpersonal habe aus Angst vor Ansteckung niemanden anfassen wollen.

Anders als Maier glaubt Thomas Schwab jedoch „an das Gute im Sport und an einen fairen Wettkampf. Sonst brauche ich gar nicht nach Peking zu fahren.“ Maiers Einwände seien durchaus berechtigt, sagte Schwab dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, „wir gehen aber von fairen Bedingungen aus“. Allerdings räumt auch Schwab ein, dass etwa im Skeleton-Bereich, in dem Chinesen zur Weltspitze gehören, ein fälschlicherweise positiver PCR-Test Einfluss auf die Konkurrenz nehmen könne.

In Peking dürfen sich die Athleten und ihr Tross nur in geschlossenen Kreisläufen bewegen, sie werden täglich getestet und bei positivem Ergebnis oder bei auftretenden Symptomen sofort isoliert. Um überhaupt negativ getestet nach China reisen zu können, betreiben die Athleten schon jetzt einen großen Aufwand. Der Skispringer Karl Geiger sagt: „Ich isoliere mich daheim von meinen Freunden und meiner Familie. Das ist schon hart. Aber leider notwendig.“ Wer vor den Spielen corona-positiv ist, darf in Peking nur dann einreisen, wenn fünf Tage vor dem Abflug vier PCR-Tests negativ ausfallen.

Der BSD zum Beispiel hat deshalb seine 38 Olympia-Teilnehmer in einer vorolympischen Blase in Kienbaum versammelt. In Brandenburg wird nach strengen Isolations-Vorschriften trainiert, gegessen und geschlafen. Zweimal am Tag, morgens und abends, werden die Athleten getestet, in regelmäßigen Abständen komme auch noch ein PCR-Verfahren hinzu, sagt Bob-Bundestrainer René Spies. Er hat seine Athleten in drei Gruppen unterteilt, die sich alle in einer eigenen Blase befinden.

Richtige Einstellung gefragt

Letztlich helfe nur die richtige Einstellung, um wenigstens gedanklich einen Corona-Betrug vor Ort auszuschließen, sagt Rodel-Weltcupsieger Johannes Ludwig dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Ich muss drauf vertrauen, dass die Tests korrekt ausgewertet werden. Alles, was im Raum steht, ist Spekulation, das beunruhigt nur.“ Darauf wolle er sich nicht einlassen.

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