Eine Woche mit Sharing-Apps durch KölnAuf Schlingerkurs mit dem Elektro-Lastenrad

Lesezeit 5 Minuten
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Einkauf mit einem E-Lastenrad

  • Unser Autor Hendrik Geisler bewegt sich eine Woche lang nur mit Sharing-Angeboten durch Köln.
  • Er hat zwölf Sharing-Apps auf seinem Smartphone und testet Fahrräder, E-Scooter, Leihwagen und Lastenräder auf ihre Alltagstauglichkeit.
  • Zum Schluss des Versuchs wagt er einen Großeinkauf per Lastenrad.

Köln – Als ich auf dem Weg zum Supermarkt bin, gleitet lautlos ein Tesla an mir vorbei. Ich fühle mich gerade sehr mit dem Fahrer des Elektro-Sportwagens verbunden, denn wir zwei E-Piloten haben es verstanden. Ich denke an den Beginn meines Sharing-Experiments: Am vergangenen Montag begann alles mit dem Arbeitsweg per Elektro-Scooter. Jetzt sitze ich auf einem elektro-betriebenen Lastenfahrrad von Donkee und hoffe, dass man Plan aufgeht: Ich will einen Großeinkauf machen. Einen, für den man sonst ein Auto braucht. Kann das gelingen?

In Köln ist mir nur ein Anbieter von Sharing-Lastenrädern bekannt: Donkee. An 50 Stationen verleiht das Unternehmen 60 E-Lastenräder. Von den Preisen bin ich schon bei der Recherche vor meinem Einkaufsversuch positiv überrascht: Im Standard-Tarif kostet eine Minute bloß fünf Cent. Für 169 Euro im Monat kann man so viel fahren, wie man möchte. Eine Einzelausleihe kann bis zu fünf Tage andauern.

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Hendrik Geisler bewegt sich eine Woche lang mit Hilfe von Sharing-Fahrzeugen durch Köln.

Ich brauche das wuchtige Rad aber deutlich kürzer. Vor einem Fahrradgeschäft in der Kölner Südstadt hole ich es ab, auf der Bonner Straße mache ich den ersten Fahrversuch, der noch etwas wackelig gerät. Lenke ich nach rechts, bleibt die lange Schnauze noch lange links stehen, ich lenke dagegen und komme etwas ins Schlingern. Es ist ein so komisches Gefühl, das mir für einen kurzen Moment fast schwindlig wird. Dann aber beachte ich den Hinweis, der auf dem Lastenrad steht: Dahin schauen, wohin man fahren möchte, nicht auf das Vorderrad. Jetzt funktioniert's.

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Die Elektro-Unterstützung habe ich auch schnell begriffen. Auf eine niedrige Stufe gestellt, unterstützt mich der E-Motor, als schiebe er mich von hinten an, bis ich 25 Stundenkilometer schnell bin. Beim Supermarkt angekommen, muss ich erst mal einen Platz finden, an dem ich das Lastenrad anketten kann. Der Fahrradständer bietet dafür nicht ausreichend Platz. Ich muss also leider in den hinteren Bereich des Parkplatzes, auf dem keine Autos stehen.

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Im Supermarkt packe ich alles ein, was ich brauche: Ein Sixpack Wasser, Kartoffeln, Zwiebeln, Möhren, ein Sixpack Cola, Küchenpapier, Salz, Tomaten, Hackfleisch und und und – am Ende ist der Einkaufswagen voll. Ich bräuchte jetzt definitiv ein Auto für den Transport. Ein Fahrradkorb würde nicht ausreichen, die Idee, meine Einkäufe auf einem E-Scooter zu transportieren, geistert nur eine Millisekunde durch meinen Kopf.

Die Kindersitze sind die Rettung

Aber ich habe ja ein Lastenrad, dass mehr Platz bietet als ich brauche. Aber ob das jetzt so gut ist? Ich habe zwar ein paar Jutebeutel im Rucksack dabei, aber trotzdem die Sorge, dass meine Einkäufe im großen Gepäckbereich des Donkee-Rads ordentlich durchgeschüttelt werden. Die zwei winzigen Kindersitze sind aber meine Rettung, denn ich schnalle einfach Jutebeutel in ihnen fest. Die restlichen Einkäufe und meinen Rucksack bekomme ich ebenfalls problemlos verstaut. So sieht das dann aus:

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Getränke, Küchenpapier, ein Rucksack und weitere Taschen voller Einkäufe passen problemlos in das Elektro-Lastenfahrrad.

Ich bin schon der Meinung, dass ja jetzt überhaupt nichts mehr schiefgehen kann – aber dann fahre ich los. Gut, dass hier hinten auf dem Parkplatz kein Auto im Weg steht. Ich komme mit Mühe in Tritt, fahre im weiten Slalom, dann irgendwann gerade aus. Die schwere Ladung ist schwieriger zu handhaben, als ich erwartet habe. „Nicht gut“, denke ich und checke einen Moment später, dass ich einfach vergessen habe, den kleinen Bordcomputer anzuschmeißen. Ich drücke auf den Startknopf und schon setzt der Elektromotor ein.

Ich komme ohne Probleme nach Hause und bin wirklich begeistert. Ich habe auf den sieben Kilometern Hin- und Rückweg zahlreiche Fahrradfahrer überholt, bin mit dem großen Aufbau in kein Auto gerast und hatte auch sonst weniger Schwierigkeiten, das Lastenrad zu bändigen als erwartet. Und die Lebensmittel sind sogar noch alle brauchbar. Einen Einkauf, der mir so Spaß gemacht hat, gab es auch schon lange nicht mehr. 

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Hendrik Geisler auf einem Lastenrad von Donkee

Ich wohne in der Nähe des Chlodwigplatzes und bin schon so manche Stunde mit dem Auto durch das Veedel gekurvt auf der Suche nach einem Parkplatz. Bevor ich mir das antue, nehme ich demnächst lieber ein E-Lastenrad. Wenn es auf dem Markt noch mehr Wettbewerb durch weitere Anbieter gäbe, würde mich das freuen. In meinem Umfeld gibt es zwar fünf Donkee-Stationen, jedoch war nur eine besetzt. Ich hatte Glück, noch ein Lastenrad zu bekommen.

Mit dem Großeinkauf endet meine Sharing-Woche. Ab nun fahre ich wieder mit meinem eigenen Rad. Diese zwölf Sharing-Apps, die mir Freiheit versprechen, bleiben aber installiert:

Car2Go verleiht Mercedes- und Smart-Autos, in Köln bislang keine E-Modelle. Ab 19 Cent pro Minute im Smart, ab 28 Cent in der Mercedes A-Klasse.

Drivenow hat Autos von BMW und Mini im Angebot, auch E-Autos. Bald verschmilzen Drivenow und Car2Go zu Sharenow. Ab 33 Cent pro Minute. Miles ist der neueste Anbieter in Köln: VW Polo für 79 Cent, Golf Variant für 99 Cent und Transporter für 1,19 Cent – jeweils pro Kilometer, nicht Minute.

Cambio betreibt 102 feste Stationen mit Fahrzeugen in drei Größen- und Preisklassen. Verschiedene Preismodelle: Im Basistarif tagsüber ab 3 Euro pro Stunde.

Drivy ist für Privatleute, die Autos an Privatleute vermieten. Der Vermieter legt den Preis fest, durchschnittlich kostet eine Tagesmiete 30 Euro.

Nextbike ist der Service-Provider, über den die KVB Räder verleihen. Für Abo-Kunden sind die ersten 30 Minuten jeder Fahrt kostenlos. Jede weitere halbe Stunde kostet einen Euro.

Ford Pass bietet an festen Stationen die Räder des Autobauers und der Deutschen Bahn an. Drei Euro Grundgebühr jährlich, ein Euro pro 30 Minuten.

Mobike hat silber-orange Räder im Angebot. Die Fahrzeuge mit einem oder drei Gängen kosten einen Euro pro 20 Minuten Ausleihe. Tier ist mit seinem E-Scooter-Angebot seit wenigen Wochen in Köln. Pro Fahrt bezahlen Kunden einen Euro, hinzu kommen 15 Cent pro Minute.

Lime bietet die gleichen Preise wie Tier. Das Geschäftsgebiet unterscheidet sich jedoch und bietet sich besonders im Rechtsrheinischen an.

Circ hat das kleinste Geschäftsgebiet. Kosten pro Fahrt und Minute wie bei Lime und Circ.

Donkee vermietet Elektro-Lastenfahrräder an Stationen. Ab 5 Cent pro Minute. (hge)

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