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ElementarversicherungSo ermitteln Versicherungen, wie hoch das Risiko ist

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Von der Flut zerstörtes Haus in Mayschoß, Rheinland-Pfalz

Köln – Durch die jüngste Hochwasserkatastrophe ist das Interesse an Elementarversicherungen – also solchen, die auch Unwetterschäden abdecken, sprunghaft gestiegen. Über die möglichen Kosten ranken sich viele Gerüchte, auch solche, Versicherer würden gefährdete Lagen gar nicht versichern wollen. De facto haben die deutschen Versicherungen ein ausgeklügeltes System zur Risikoeinschätzung.

Naturgefahren einschätzen

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat ein wenig in der Öffentlichkeit bekanntes Zonierungssystem für Überschwemmungen, Rückstau und Starkregen namens „Zürs Geo“ entwickelt. Versicherer können so einsehen, welches Gebäude in welchem Ausmaß hochwassergefährdet ist – Voraussetzung zur Kalkulation der Prämien.

Die Daten, die bei „Zürs Geo“ einfließen, basieren auf den Hochwassergefahrenkarten der Länder. Mehr als 22 Millionen Adressen wurden eingespeist. Das sei fast jede Adresse in Deutschland, so ein Sprecher des GDV. Die Aktualität der Daten werde jährlich überprüft. Abhängig von dem statistischen Überschwemmungsrisiko werden die Adressen einer von vier Gefährdungsklassen zugeordnet. Je höher die Klasse, desto teurer die Police.

Adressen, die in der Gefährdungsklasse 1 liegen, haben das geringste Risiko von Hochwasser getroffen zu werden. In Gefährdungsklasse 2 geht „Zürs Geo“ seltener als einmal in 100 Jahren von einem Hochwasser aus, in Klasse 3 wird das eigene Heim statistisch einmal in zehn bis 100 Jahren überflutet. Das größte Risiko haben Menschen, deren Adressen das Zonierungssystem in Klasse 4 einordnet. Dort sei mindestens einmal in zehn Jahren mit Hochwasser zu rechnen. Privatpersonen könnten die Zonierungen aus Datenschutzgründen allerdings nicht einsehen, heißt es vom Verband. Wer sein Risiko kennen will, muss also zu einer Versicherungen gehen.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt Überraschendes: Der Anteil der Regionen mit hohem Risiko sinkt. „Genauere Daten führen stets zu einer besseren Versicherbarkeit“, erklärt Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des GDV. Anders gesagt: Früher fielen auch Standorte in die Hochrisiko-Zone, die eigentlich weniger riskant liegen. Galten 2002 noch rund zehn Prozent der Flächen als Hochrisikogebiete lag der Wert im Jahr 2008 nur noch bei 1,7 Prozent. Im laufenden Jahr sei die Zürs-Zone 4 auf etwa 0,4 Prozent geschrumpft. Das entspricht 98.000 der Adressen bundesweit. Die Mehrheit, 98,5 Prozent, wird von den Versicherern den niedrigeren Gefährdungsklassen eins und zwei zugeordnet.

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Auch Starkregen inbegriffen

Jüngst gab der GDV bekannt, das System zu erweitern. Neben der Hochwassergefährdung wird seit Juli 2021 auch Starkregen berücksichtigt. So entstehe die Möglichkeit, extreme Niederschläge in die Risikobewertung einzubeziehen. „Starkregenereignisse könnten aufgrund der Erderwärmung in Anzahl und Intensität zunehmen“, so Asmussen. Dies werde nun mit den neu entwickelten drei Starkregengefährdungsklassen berücksichtigt. Für die Zuordnung sei neben der regionalen Intensität der Niederschläge auch die Lage eines Gebäudes entscheidend. Auf einem Berg etwa ist die Gefährdung geringer als in einer engen Tallage, wo sich Wassermassen nach einem Starkregen sammeln.