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„Alle sind angeschlagen“Fordchef warnt vor Rabattschlachten in der Autobranche

Lesezeit 3 Minuten

Fordchef Gunnar Herrmann

  1. Am 19. März wurde die Produktion in ganz Europa nahezu vollständig heruntergefahren.
  2. Nun soll die Produktion am 4. Mai wieder aufgenommen werden.
  3. Fordchef Gunnar Hermann über die verheerenden Folgen von Corona, mögliche Preisspiralen in der Branche und warum auch Verbrenner staatlich gefördert werden sollten.

Köln – Der Autobauer Ford leidet wie die gesamte Branche schwer unter den Folgen der Corona-Krise. Am 19. März wurde die Produktion in ganz Europa nahezu vollständig heruntergefahren. Am kommenden Montag nun soll die Fertigung in Köln und den meisten anderen europäischen Standorten nun schrittweise wieder hochgefahren werden.

„Wir sind eigentlich sehr gut in dieses Jahr gestartet“, sagt Ford-Deutschland-Chef Gunnar Herrmann. Januar und Februar seien sehr gute Monate gewesen, das harte Sanierungsprogramm habe Erfolge gezeigt. Dann kam Corona und der Shutdown.

Hoffnung auf Rückkehr zur Normalität

„Das zweite Quartal dürfte für uns nicht wirklich gut verlaufen“, sagte Herrmann. Die drei Monate habe man für den Jahresverlauf bereits abgeschrieben. Dabei sei der April ansonsten traditionell einer der stärksten Verkaufsmonate. Im dritten Quartal hofft der Ford-Chef auf eine Rückkehr zur Normalität. Ende des Jahres soll es dann wieder erste Zeichen von Profitabilität geben.

Seit rund zwei Wochen dürften die Händler in weiten Teilen Deutschlands wieder öffnen, mittlerweile seien 95 Prozent der Autohäuser wieder offen. Man sehe bei den privaten Kunden ein „gewisses Interesse“, so Herrmann und verweist auf die vermehrte Nutzung des Online-Konfigurators, mit dem Kunden sich am Rechner ihr Wunschauto zusammenstellen können. Für verlässliche Aussagen, wie stark die Nachfrage aber wieder anziehe, sei es derzeit aber noch zu früh. Ford wird zudem erst einmal bereits von den Kunden bestellte Fahrzeuge montieren.

Mit Blick auf Preissenkungen aller Hersteller aufgrund des großen Überangbotes und einer gedämpften Nachfrage warnte Herrmann vor Rabattschlachten. Die Branche habe durch die Krise laut einer Schätzung der Unternehmensberatung McKinsey einen Umsatzverlust von 30 bis 35 Prozent erlitten. „Alle sind angeschlagen“. Beginne man jetzt mit einer Preisspirale nach unten, „dann kommt man da nicht mehr raus“, so Herrmann.

Auch klassische Verbrenner fördern

Vielmehr gilt es nach Einschätzung des Ford-Chefs jetzt Maßnahmen zu ergreifen, um den Markt zu stimulieren. Nachhaltige Staatshilfen müssten Fördergelder in Höhe zwischen einer und fünf Milliarden umfassen, um die Förderung von 1,5 bis zwei Millionen Fahrzeuge zu ermöglichen. Dabei müssten neben Elektroautos auch klassische Verbrenner gefördert werden. „Elektroautos werden ja bereits bezuschusst“, aber das bringe nicht genug Volumen, um die gesamten Einbrüche im Zuge der Krise abzufedern. Die Autoindustrie sei weiterhin eine der tragenden Säulen der deutschen Wirtschaft.

Dass es zu einem umfangreichen Jobabbau bei den Herstellern kommen werde, glaubt Herrmann indes nicht – wenn die Nachfrage wieder anzieht und die Produktion wieder schnell genug hochgefahren werden kann.

Einschnitte könnte es allerdings bei den Zuliefern geben. Deutschland sei aber nach wie vor in Europa ein starker Markt, vor allem im Vergleich zur derzeitigen Situation in Frankreich, Spanien, Italien oder Großbritannien, wo die „Geschäftslage bei Null liegt“.

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Am kommenden Montag nun kehren viele Mitarbeiter wieder zurück auf das Kölner Werksgelände. Es gelten strenge Hygieneregeln wie Mundschutzpflicht aber auch Temperaturmessungen für die Mitarbeiter beim Betreten des Geländes. Fertigungsstraßen, Büros und Kantinen wurden zur Wahrung der Abstandsregeln umgebaut.

Im Ein-Schichtbetrieb wird die Produktion des Fiesta wieder anlaufen. „Wir hoffen, nach einigen Tagen 70 Prozent einer Schicht zu erreichen“, sagt Herrmann. Waren bislang 78 Prozent der Mitarbeiter in Kurzarbeit, werden es in Kürze nur noch rund 30 Prozent sein. Für einen Teil der Verwaltung gilt bis Sommer Homeoffice.