Nach Tuffi-AusRheinische Milch geht bald nach Holland statt nach Köln

Lesezeit 3 Minuten
Früheres Werk von FrieslandCampina (früher Tuffi). Die Unternehmensgruppe Theo Müller, als neue Inhaberin wird das Werk zum Jahrsende schließen, 200 Mitarbeitende verlieren ihre Jobs.
Geldernstraße 46 in Nippes
Foto: Martina Goyert

Die Kölner Tuffi-Molkerei muss zum Jahresende schließen.

Nach der Schließung der Tuffi-Molkerei in Köln wird der größte Teil der Milch aus der Region künftig in den Niederlanden weiterverarbeitet. 

Mit dem beschlossenen Ende der letzten verbliebenen Molkerei der Region müssen sich die Bauern im Rheinland deutlich umstellen. Denn das frühere Tuffi-Werk steht nun nicht mehr für die Verarbeitung von Milch zur Verfügung. Nach der Schließung müssen rheinische Milchprodukte im Ausland verarbeitet werden.

„Die Milch der Bauern aus der Region wird künftig überwiegend im Milchwerk am Standort von Friesland Campina im niederländischen Veghel verarbeitet“, sagte Hans Stöcker, Aufsichtsratsvorsitzender von Friesland Campina Deutschland im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Stöcker ist selbst Landwirt und hat 180 Milchkühe auf seinem Hof im oberbergischen Engelskirchen.

Die Marke Tuffi musste weiterverkauft werden

Die traditionsreiche Marke Tuffi war von Friesland Campina mit der Kölner Molkerei und anderen Marken wie Landliebe an den Lebensmittelkonzern Theo Müller verkauft worden. Wegen großer Sorge vor wachsender Marktmacht hatte das Bundeskartellamt Müller verpflichtet, die Marke Tuffi abzugeben. Sie wurde an den Konkurrenten Hochwald im Hunsrück veräußert. Für Müller ist die Fabrik in Köln künftig wirtschaftlich nicht von Interesse, weshalb sie geschlossen wird.

Alles zum Thema Jochen Ott

Das Milchwerk Veghel liegt zwischen Venlo und 's-Hertogenbosch und ist von Köln gut 150 Kilometer entfernt. Die Milch wird wie bislang mit den bekannten silbernen Tanklasten täglich bei den Landwirten abgeholt und künftig zur Weiterverarbeitung in das niederländische Werk gebracht.

Hafermilch verdrängte echte Milch

Hintergrund der Schließung ist laut Hans Stöcker eine deutliche Überkapazität, was die Molkereien im Land angeht. Stöcker ist auch Vorsitzender der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW. „Bei Frischmilchprodukten sehen wir einen Rückgang im Markt von drei bis vier Prozent im Jahr“, sagte Stöcker. Ursache sei der „Hype auf Pflanzenprodukte“, wie Hafer-, Soja- oder Mandelmilch, der vor allem in den vergangenen zwei Jahren zu beobachten war. Diese stünden immer häufiger im Verkaufsregal neben echten Milchprodukten.

Der Zusammenschluss von Friesland Campina hat in Deutschland 500 Mitgliedsbetriebe, die sich im Wesentlichen über das alte Tuffi-Gebiet verteilen. Das entstand aus verschiedenen Molkereien in Wuppertal, Köln und auch in Lindlar. Die Höfe liegen im Rheinland, im Bergischen Land, am Niederrhein und im Sauerland. 

Medikamente statt Brot und Milch

In Veghel wird die rheinische Milch dann übrigens nicht zu klassischen Produkten wie Frischmilch, Butter oder Joghurt verarbeitet. Der Standort gehört zur Friesland-Campina-Sparte „Ingredients“. „Aus der angelieferten Rohmilch wird unter anderem Lactoferrin gewonnen“, sagt Aufsichtsrat Stöcker. Das Protein verringert Entzündungsfaktoren und fördert somit die Eisenaufnahme ins Blut und die Bereitstellung im Körper. Bestimmte Bestandteile der Milch werden zu Trägerstoffen in Tabletten verarbeitet. Erst im Jahr 2022 waren die Lactoferrin-Kapazitäten am Standort Vaghel 60 Tonnen erhöht worden. 

Am Tuffi-Standort in Nippes wird Ende Oktober dieses Jahres die Produktion beendet. 200 Jobs fallen damit weg. Den Mitarbeitern werden zwar Stellen an anderen Standorten des Müller-Milch-Konzerns angeboten, Branchenkenner gehen aber davon aus, dass nur wenige Kollegen dafür den Wohnort Köln verlassen werden.

Debatte um Zukunft der Tuffi-Mitarbeiter

Unterdessen ist eine Debatte um Mitarbeiter und die Nachverwendung des Standortes an der Kölner Geldernstraße entbrannt. „Für die Beschäftigten bei Tuffi muss es sichere und tarifgebundene Arbeitsplätze geben“, sagte Jochen Ott, Vorsitzender der SPD im NRW-Landtag, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er sieht bei der schwarz-grünen Landesregierung eine Mitschuld am Tuffi-Aus.

Die diskutierte Bebauung des heutigen Werksgeländes mit Wohngebäuden sieht Ott ebenfalls kritisch. „Das Risiko ist hoch, dass einmal mehr ein vielfältiges und lebendiges Viertel der Gentrifizierung zum Opfer fällt. Ein lebenswertes Veedel für Familien ist mehr als nur Luxuswohnungen. Dazu gehören eben auch Arbeitsplätze, kulturelle Angebote, Sportvereine, Bolzplätze, Erholungsräume für die ganze Familie und eine gute soziale Infrastruktur“, sagte Ott weiter.

KStA abonnieren