Langfristig die Naturhaarfarbe erhaltenWie wirksam sind neue Mittel gegen graue Haare?

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Er kann sicher damit leben: George Clooney ist berühmt für seinen grau melierten Schopf.

Er kann sicher damit leben: George Clooney ist berühmt für seinen grau melierten Schopf.

Frisur und Haarfarbe sind ein wesentlicher Teil von unserem äußeren Erscheinungsbild. Volles Haupthaar und Naturfarbe signalisieren Jugend. Im Alter teilen wir jedoch alle das gleiche Schicksal: Unsere Haare verfärben sich – bei dem einen früher, bei dem anderen später. Wann die Verfärbung einsetzt, lässt sich nicht voraussagen. Jedoch hat etwa die Hälfte aller Menschen mit 50 Jahren zu 50 Prozent graue oder weiße Haare auf dem Kopf.

Über unsere Haarfarbe bestimmt das Pigment Melanin (siehe Kasten). Melanin wird in den Melanozyten, den Pigmenteinheiten der Haarwurzel, produziert. Die Haare durchlaufen einen Zyklus mit Wachstums-, Ruhe- und Regressionsphasen. Bei jedem dieser Abläufe regenerieren sich die Melanozyten. Das gilt allerdings nur etwa zehnmal, danach verbraucht sich dieses Potenzial. Je älter der Mensch wird, desto weniger neue Pigmenteinheiten bildet er. Statt des Melanins lagern sich Luftbläschen in den Haaren ab.

Die Luftablagerungen führen dazu, dass die Haare weiß werden. Diese Mischung aus normal pigmentierten und weißen Haaren sorgt bei Menschen mit natürlich dunkler Haarfarbe für das Grau, das man zum Beispiel von George Clooney kennt. Wer blonde oder rötliche Haare hat, wird sehr wahrscheinlich von der Naturfarbe direkt in Weiß umschlagen.

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Ob weiß oder grau: Vielen Menschen passt das gar nicht. Wir möchten, dass die natürliche Haarfarbe möglichst erhalten bleibt – und das ist uns einiges wert. Den Friseur-Salons kommt das entgegen. Mit Färbungen gegen weiße und graue Haare erzielen viele Filialen rund die Hälfte ihres Monatsumsatzes, vereinzelt sogar bis zu 80 Prozent.

In der Regel wenig Erfolg

Auch die Kosmetikindustrie zieht ihren Nutzen daraus. Es gibt offenbar eine hohe Nachfrage nach Produkten, die nach eigenen Angaben das Ergrauen der Haare verhindern.

„Die meisten dieser Produkte kosten jedoch sehr viel und bringen in der Regel sehr wenig“, sagt Jana Knüver. Sie ist Assistenzärztin der Dermatologie in der Uniklinik Köln. Das Problem sei, dass alle bislang erhältlichen Produkte rein äußerlich wirkten.

„Sogenannte Re-Pigmentierungs-Shampoos sorgen nicht für die versprochene Re-Pigmentierung, sondern umhüllen das Haar bloß mit Farbe. Es ist also nur eine augenscheinliche Re-Pigmentierung“, erklärt Knüver. „Wenn erst mal ein Ergrauen eingesetzt hat, ist das auch nicht mehr so einfach umkehrbar.“ Auch von Nahrungsergänzungsmitteln hält sie wenig. Diese sollen die Aminosäuren wieder in ihrem Bestand aufbauen. „Die Kapseln wirken auch nur begrenzt. Schließlich hängt das Grauwerden von vielen Faktoren ab, nicht nur von Aminosäuren.“

Wundermittel in Sicht?

Alle gegenwärtigen Kosmetikprodukte haben also eins gemeinsam: Weil sie nur äußerlich wirken, verändern sie nur kurzfristig den Ist-Zustand. Die Produkte verhindern aber nicht die Ursache für die Verfärbung. Die Kosmetikindustrie steht also vor einer anderen Aufgabe.

Das weiß auch Birgit Huber, verantwortlich für Schönheitspflege beim Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW): „Die eigentliche Herausforderung ist es, ein biologisches Mittel zu finden, das nicht bereits graue Haare verändert, sondern dafür sorgt, dass sie gar nicht erst in Weiß wachsen.“ Die Kosmetikindustrie forsche bereits intensiv, die IKW werde aber nicht über die Forschungen der Firmen informiert. Auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hielten sich verschiedene Firmen bedeckt oder äußerten sich gar nicht. Färbemittel seien ein ganz wichtiger Geschäftsteil, mehr wolle man nicht sagen. Das finanzielle Potenzial eines Wundermittels gegen graue Haare ist jedenfalls groß. Ein Forscherteam der Universitäten Lübeck, Münster und Manchester hat bereits 2008 eine Substanz entdeckt, mit der ausgezehrte Melanozyten wieder Pigmente gebildet haben. Dabei handelte es sich um eine Verbindung, die einem Melanozyten stimulierenden Hormon ähnelte. Bei den Haaren einiger Probandinnen wurde damals tatsächlich die Melanin-Produktion angeregt, zumindest im Labor. Diese erste Studie wurde aber von den Pharma-Konzernen laut Jana Knüver „nicht weiter verfolgt“. Dass es irgendwann einmal ein solches Mittel gibt, hält Knüver jedoch für möglich. Sie zieht ein gleichermaßen kurzes wie aussagekräftiges Fazit: Aus rein medizinischer Sicht gäbe es „zurzeit einfach nichts Effektives auf dem Markt“, das den Haaren dauerhaft die natürliche Haarfarbe erhält.

Wirklich ein Zeichen von Alter?

Wessen Haarpracht sich also altersbedingt verfärbt, kann nicht viel tun. Außer sich selbst zu fragen: Sind graue Haare wirklich ein Zeichen von Alter? Und was bedeutet das überhaupt, „alt“?

Ist „alt“ gleichzusetzen mit debil und klapprig, oder nicht vielmehr mit weise? Wer zu letzterem tendiert, sollte zu seinen Haaren stehen und sie zeigen. Alle anderen müssen noch für unbestimmte Zeit warten – oder einen Friseur aufsuchen.

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