„Schlimmste Woche meines Lebens“Kölner Studierende resümieren Online-Semester

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Der Campus der Universität zu Köln.

Köln – Zwei Semester lang lernen die Kölner Studierenden jetzt fast ausschließlich von zuhause aus. Keine Präsenzveranstaltungen, keine Pausen in der Mensa, keine Gruppenarbeiten in der Universitätsbibliothek, keine Studierendenpartys. Einige von ihnen konnten vorher wenigstens noch das „echte“ Studierendenleben kennenlernen, andere sind direkt ins Online-Studium eingestiegen und haben ihren Campus noch nie betreten.

„Ich wohne fünf Minuten entfernt und weiß gar nichts über die Uni. Ich weiß nicht mal, wo meine Gebäude sind, wo meine Fakultät ist.“ Lina Roderwieser hat gerade ihr erstes Semester beendet – ausschließlich online. Die 20-Jährige studiert Englisch und Deutsch auf Lehramt, möchte später einmal an einem Gymnasium oder einer Gesamtschule unterrichten. Anfangs hat das Studium sie überfordert: „Die erste Woche war die schlimmste meines Lebens.“ 

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Lina Roderwieser studiert an der Universität Köln.

Mittlerweile sieht sie das Online-Semester sogar als positive Erfahrung. Sie sei dadurch selbstständiger, organisierter geworden und an den Problemen gewachsen. Außerdem habe sie durch die fehlenden Freizeitaktivitäten oft schon während der Vorlesungszeit abends gelernt – und dadurch in der Prüfungsphase keinen Stress gehabt. Trotzdem fehlt der Ausgleich: „Irgendwann sah jeder Tag gleich aus.“ Deshalb freut sie sich auch schon darauf, irgendwann endlich mal ihre Freunde in der Uni zu sehen und das richtige Studierendenleben kennenzulernen.

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Für Niklas Tschäschke waren die letzten beiden Online-Semester auch eher entspannt. Insbesondere über die Zeitersparnis durch wegfallende Fahrtwege zur Technischen Hochschule in Köln hat sich der 23-Jährige gefreut. Tschäschke studiert Rettungsingenieurwesen. Das erste Semester konnte er noch regulär studieren, seit März letzten Jahres hat er die TH nicht mehr betreten. Das lange Sitzen vor dem Laptop, der fehlende Ausgleich und persönlicher Kontakt zu seinen Kommilitonen schlauchen ihn zwar, aber die Konzentration auf sein Ziel hilft ihm. „Wenn man diszipliniert und organisiert ist, ist das Online-Studium sogar besser“, meint Tschäschke. Insbesondere die großen Vorlesungen seien über Zoom angenehmer als im Audimax mit mehreren hundert Studierenden.

Hemmschwelle ist im Online-Seminar höher

Dem stimmt Anna Steiniger zu. Bei Seminaren sei es aber anders: „Da gibt es manchmal wirklich Trauerspiele.“ Die 19-Jährige studiert Medienkulturwissenschaften und English Studies an der Kölner Uni und startet jetzt wie Niklas Tschäschke in ihr viertes Semester. Recht häufig herrsche in Seminaren nach einer Frage der Professorinnen und Professoren Schweigen. Die Hemmschwelle, sich zu melden und mitzuarbeiten, sei online bei vielen Studierenden höher. Auch die fehlende Verbindung zu den Lehrenden findet Steininger problematisch. „Ich habe das Gesicht einer Professorin in der mündlichen Prüfung quasi zum zweiten Mal gesehen, das war sehr unangenehm“, erzählt sie.

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Anna Steininger studiert an der Universität Köln.

Größere Sorgen macht sich die Studentin aber wegen der Praktika, die sie machen wollte. Steininger möchte Journalistin werden und hätte im Dezember eigentlich ein Praktikum im Social Media Team des ARD Hauptstadtstudios gemacht. Das wurde erst in den März verschoben, sie weiß noch nicht, wann und ob es noch stattfinden kann. Ihr Pflichtpraktikum möchte sie im August bei RTL absolvieren, auch hier kann sie nur hoffen, dass es nach Plan stattfinden kann.

Für die Studierendenausschüsse war es kein einfaches Jahr. „Wir konnten uns nicht auf das konzentrieren, auf was wir uns eigentlich konzentrieren wollten“, so der Vorsitzende des AStA der Uni Köln, Eugen Esman. Auch der AStA der TH Köln musste in kurzer Zeit sein komplettes Programm umstellen, wie Vorstandsmitglied Malte Knodt berichtet. Beide Studierendenausschüsse legen jetzt einen klaren Fokus auf die neuen Probleme, mit denen Studierende durch die Pandemie konfrontiert werden. Der AStA der Uni Köln arbeitet aktuell an einigen Mental-Health-Kooperationen und hat ein Notebook-Ausleihprojekt ins Leben gerufen. Die psychische Gesundheit ist für Studierende derzeit ein großes Thema, deshalb organisiert der AStA der TH Köln eine Veranstaltungsreihe zum Thema „Achtsames Lernen“.

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Auch das nächste Semester wird voraussichtlich nur online stattfinden. Lina Roderwieser, Niklas Tschäschke und Anna Steininger haben Verständnis dafür. Trotzdem fehlt ihnen der Austausch im Studium, die lebendigen Diskussionen in den Seminaren. 

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