Umsätze brechen einHändler planen Klage gegen Verkehrsversuch auf der Venloer Straße

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Blick auf die Venloer Straße mit Sperrbake Hinweis auf die Einbahnstraßenregel

Auch mit der zweiten Phase des Verkehrsversuchs ist längst nicht jeder zufrieden.

Kippt die Einbahnstraßen-Regelung auf der Venloer Straße vor Gericht? Der künftige Rechtsanwalt der Händler ist guter Dinge.

Zum laufenden Verkehrsversuch auf der Venloer Straße bahnt sich ein Rechtsstreit an. Mehrere Unternehmer mit Geschäften auf dem Teilabschnitt zwischen Piusstraße und Ehrenfeldgürtel haben den Rechtsanwalt Marcel Templin eingeschaltet, um rechtliche Schritte gegen die dort temporär eingerichtete Einbahnstraße zu prüfen. Das bestätigte Templin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Anfrage, zunächst hatte die „Kölnische Rundschau“ über die Pläne berichtet.

„Ich habe die rechtliche Vollmacht bekommen und werde, wenn es am Ende notwendig ist, den Rechtsweg gehen“, sagte Templin am Freitag. Es wäre nicht das erste Mal: Auf der Deutzer Freiheit ist Templin von einer Gruppe um einen dort ansässigen Friseur beauftragt worden, gegen die dort zwischenzeitlich eingerichtete Fußgängerzone zu klagen. Das Ergebnis war ein viel beachteter Erfolg. Templin bekam Recht, die Stadt handelte einem Urteil des Verwaltungsgerichts zufolge nicht rechtmäßig. Das Problem: Es fehlte eine Grundlage aus der Straßenverkehrsordnung(StVO). Argumente wie die Aufwertung der Aufenthaltsqualität existieren in der StVO bislang nicht, die Stadt hat sie dennoch herangezogen, um den umstrittenen Versuch zu begründen. Kurz nach dem Urteil folgte im April der Abbruch des Versuchs, seither fahren wieder Autos über die Deutzer Freiheit. Zur Zufriedenheit einiger Händler und zur Enttäuschung einiger Anwohner.

Venloer Straße: Streit trotz intensiver Vorbereitung des Versuchs

Im Fall der Venloer Staße, bei dem sich Verkehrsdezernent Ascan Egerer für den chaotischen ersten Teil des Verkehrsversuchs bereits entschuldigte, sollte nun alles anders werden. Die Stadt hatte das Rechtsamt sogar explizit prüfen lassen, ob juristische Einwände möglich sein könnten. Das Ergebnis: nein. Aber nicht nur rechtlich, auch atmosphärisch wollte sich Egerer absichern: Die 20.000 Anschreiben, die vorab in Briefkästen verteilt worden sind, seien eine Dimension, die es „überhaupt noch nicht gab“, sagte er zwei Wochen nach Beginn des Versuchs im November 2023. Auch mit den Unternehmen suchte die Verwaltung den Dialog. Bei dem Termin im November kündigte er an, breitere Radfahrstreifen einführen zu wollen. Und betonte die eigene Zufriedenheit mit dem Versuch.

All das hat aber offensichtlich nicht gereicht: Einzelhändler und Gastronomen, kleine Lädchen und große Ketten – zahlreiche Geschäftsleute haben Plakate aufgehangen, mit denen sie sich gegen den Versuch wehren. Der Hauptgrund sind Umsatzeinbußen. „Wir reden hier von 30, vielleicht sogar 40 Prozent weniger Umsatz“, sagt Templin über die Geschäfte, die er rechtlich vertreten wird. Existenzielle Bedrohungen also, die mit einer neuen Kommunikationsstrategie des Verkehrsdezernenten nicht wegzubügeln sind.

Und Templin hat sich bereits eine erste Argumentationslinie zurechtgelegt. So leicht wie bei der Deutzer Freiheit dürfte es zwar nicht werden, denn die Venloer Straße ist ein Unfallschwerpunkt und damit nach StVO geeignet für Verkehrsberuhigung. Aber gelingt die überhaupt im Sinne der Sicherheit? „Da, wo die Einbahnstraße beginnt, entstehen womöglich neue Unfallschwerpunkte“, so Templin. Außerdem habe der Verkehr in beide Richtungen eigentlich eine „tragende Funktion nach außen“.

Stadt Köln: „Die Situation ist mit der Deutzer Freiheit nicht vergleichbar“

Egerer selbst äußerte sich am Freitag auf Anfrage nicht zum Thema. Ein Stadtsprecher ließ mitteilen, der Versuch lasse sich nicht mit jenem auf der Deutzer Freiheit vergleichen. „Die Situation ist mit der Deutzer Freiheit nicht vergleichbar. Es handelt sich um unterschiedliche Maßnahmen, die an unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen geknüpft sind“, hieß es. Gerade wegen der ausgewerteten Gefahrenlage entspreche der Versuch dem StVO. Gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Handwerkskammer Köln sei im Vorfeld ein Verfahren zur Partizipation der betroffenen Gewerbetreibenden entwickelt worden. Geschäftstreibende seien eingeladen, sich zu beteiligen.

Die städtische Strategie, sich durch einen Schulterschluss mit Unternehmerverbänden vorab gegen mögliche Grundsatzkritik zu schützen, ist nicht aufgegangen. Die Chancen, das Verfahren zu gewinnen, dürften aus Sicht der Stadt jedoch höher sein als im Streit um die Deutzer Freiheit. Doch die bevorstehende Klage wird auch die Diskussion um die langfristige Zukunft der Venloer Straße befeuern: Im Verkehrsdezernat hätte man nichts gegen eine dauerhafte Einbahnstraße. Die Testphase läuft bis Herbst. Vorher muss der Stadtrat, mit dem die Händler längst in Kontakt stehen, eine Entscheidung darüber treffen, wie es weiter geht.

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