HochwasserKöln ist bei einer Extremflut schutzlos

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Ein Boot mit einer Puppe „schwimmt“ auf dem angenommenen Extremhochwasser in der Kölner Innenstadt, dessen Pegel die blauen und gelben Luftballons symbolisieren. Die graue Hochwasserschutzwand zeigt, bis zu welcher Höhe die Altstadt bisher geschützt ist.

Ein Boot mit einer Puppe „schwimmt“ auf dem angenommenen Extremhochwasser in der Kölner Innenstadt, dessen Pegel die blauen und gelben Luftballons symbolisieren. Die graue Hochwasserschutzwand zeigt, bis zu welcher Höhe die Altstadt bisher geschützt ist.

Köln – Viele Kölner haben die Bilder der Rheinhochwasser von 1993 und 1995 vor Augen: Der Fluss überschwemmte Teile der Altstadt, von Rodenkirchen, Sürth und Weiß. Menschen fuhren mit Booten zu ihren Häusern, Heizungen fielen aus, in den Kellern der Häuser schwammen Weinflaschen auf dem Rheinwasser.

Nachdem sich die Flut zurückgezogen hatte, waren die Schäden von 85 Millionen Euro noch lange zu sehen. Schwemmgut musste aus der Altstadt geschaufelt und marode Straßen mussten geflickt werden.

Experten warnen

Hochwasserschutzexperten schlagen nun Alarm, dass künftig alles noch schlimmer kommen könnte. Reinhard Vogt von der Hochwassernotgemeinschaft – ein Zusammenschluss von 70 Gemeinden am Rhein, der sich 1996 gründete – warnt: „Ein extremes Hochwasser kann Köln jedes Jahr treffen.“

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Schuld sei unter anderem der Klimawandel: Denn Experten rechnen künftig mit bis zu 25 Prozent mehr Niederschlägen in den Wintermonaten. Die Konsequenzen hätten schon 2013 Köln treffen können: „Wäre das Wettertief, dass für Überflutungen an der Donau gesorgt hatte, 200 Kilometer weiter westlich gezogen, hätte es hier eine Katastrophe gegeben.“

Grund genug also für Experten von Bund und Ländern, sich zum 20. Geburtstag der HWNG zu einer Tagung im Kölner Ratssaal zu treffen. Zuvor demonstrierte der Verbund in der Altstadt mit Hilfe eines Bootes, wie hoch der Rhein bei einem extremen Hochwasser von 12,90 Meter steht.

Zoo unter Wasser

Schwappt der Rhein mit einem Pegel von 12,90 Meter über die Schutzmauern, dann stünde der Fluss bis an die Neusser Straße, so Vogt. Nippes, Riehl, Deutz, Teile von Kalk und Mülheim sowie der Rheinbogen im Kölner Süden ständen komplett unter Wasser.

Der Zoo müsste ebenso evakuiert werden, wie die Ford-Werke und das Kinderkrankenhaus. Vogt, bis 2014 Chef der Kölner Hochwasserschutzzentrale, rechnet mit Schäden in einer Höhe von zehn Milliarden Euro und 200.000 Menschen, die vom Hochwasser betroffen wären.

Allerdings: Statistisch gesehen kommen Pegel von 11,90 Meter alle 200 Jahre, von 12,90 Meter alle 1000 Jahre vor. „Aber es könnte eben auch 2020 schon soweit sein“, so Vogt.

430 Millionen Euro für Köln

Dabei sind sich die Experten darin einig, dass die Stadt in den vergangenen Jahren einen bundesweit vergleichsweise guten Hochwasserschutz aufgebaut habe.

1996 verabschiedete der Rat ein Hochwasserschutzkonzept, in den Folgejahren wurden 430 Millionen Euro in den Hochwasserschutz investiert. Mauern und mobile Wände bewahren seitdem den Kölner Süden und die Altstadt bis zu einem Pegel von 11,30 Meter vor dem Rheinwasser, den linksrheinische Kölner Norden sogar bis 11,90 Meter.

Einige Viertel wie Porz-Zündorf können aus städtebaulichen Gründen nur bis zu einem Wasserstand von 10,70 Meter geschützt werden. Zudem wurden Rückhaltebecken in Langel geschaffen, die bei Bedarf 4,5 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen. Die geplante Retentionsfläche im Worringer Bruch verfügt über ein Fassungsvermögen von 30 Millionen Kubikmetern, hilft aber vor allem den Gemeinden flussabwärts. Retentionsflächen sind Areale, die bei Hochwasser gefahrlos geflutet werden kann.

Kritik am Bund

Vogt sieht Bund und Länder in der Pflicht, den Hochwasserschutz am Rhein besser zu koordinieren. Rheinland-Pfalz kümmere sich vorbildlich um den Schutz seiner Gemeinden. In Baden-Württemberg dagegen trete der Hochwasserschutz auf der Stelle – der Polder Elisabethwörth am Oberrhein werde bereits seit 1992 geplant. Hessen wiederum plane überhaupt keine Retentionsflächen am Main. Vogt fordert daher, dass das Bundesumweltministerium die einzelnen Ländermaßnahmen besser aufeinander abstimmt.

Ähnliche Kritik trifft die Landesregierung: „Es ist Zeit, das wir endlich eine Bedarfsanalyse für den gesamten Rhein in NRW bekommen“, sagt Thomas Kahlix von der Bürgerinitiative Hochwasser Rodenkirchen. Nach der Analyse müssten mehr Rückhaltebecken gebaut werden, auch wenn dies nicht immer auf Zustimmung in den Gemeinden treffe. „Man muss auch den Mut haben, unbequeme Dinge durchzusetzen.“ Kahlix verlangte den Bau eines Rückhaltebeckens in der Siegaue bei Bonn, das 60 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen könne.

Bürger gefordert

Es gebe aber keinen absoluten Schutz vor Hochwasser, so Vogt: Noch höhere Mauern können man in Köln aus statischen Gründen nicht errichten. Die Bürger müssten sich daher fragen, was man tun könne, wenn ein Hochwasser die Stadt treffe. Dazu gehöre, möglichst keine Haustechnik in die Keller zu verlegen oder sich zu überlegen, wie man wichtige Dinge schnell aus dem Haus schaffen kann.

Denn verhindern kann die Stadt das Hochwasser nicht, aber immerhin 48 Stunden im voraus davor warnen.

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